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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Münchener Eindrücke
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Die dritte internationale Aquarellausstellung in Dresden, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0009

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der Kunst, dass sie mächtig dazu beitragen half,
Nord und Süd aneinander zu ketten zu unlöslichem
Bunde?

Wir sind dadurch mit unseren Eindrücken aus
dem Banne der Ausstellungen in die Öffentlichkeit
hinausgetreten und gestatten uns schließlich auch
noch ein Wort über die öffentliche Kunst, die Mün-
chener Architektur. Sie hat eine Fülle kleiner Auf-
gaben zu lösen in der Herstellung der zahllosen
Villen und Wohnhäuser, welche das weite Netz der
Gartenstraßen einsäumen, von denen die Stadt in
ihrem ganzen Umkreise begrenzt wird. Man sieht
da viel Hübsches, Wohnliches, aber auch manches
Plumpe und Bizarre, in missverstandener deutscher
Renaissance und modernem Rokoko. Der einzige
Bau von grandioser Anlage, den die Gegenwart her-
vorzubringen verspricht, scheint der neue Justizpalast
von Thierach zu werden, dessen Rusticaquadermassen
sich eben an Stelle des alten Kadettenhauses längs
des botanischen Gartens zu erheben beginnen. Möge
der schlichte, große Sinn Leo v. Klenzes, des ein-
zigen älteren Münchener Architekten von wahrhaft
monumentalem Zuschnitt, über der Vollendung des
Baues walten, damit nicht das beliebte kleinliche
Detail auch hier die Wirkung beeinträchtige, wie
das leider in der Architektur der Gegenwart so häufig
der Fall ist! C. v. L.

DIE DRITTE INTERNATIONALE
AQUARELLAUSSTELLUNG IN DRESDEN.

Es ist das Verdienst der Dresdener Kunstgenos-
senschaft, durch die von ihr ins Leben gerufenen
internationalen Ausstellungen von Aquarellen, Pa-
stellen, Handzeichnungen und Radirungen, deren
dritte am 10. August eröffnet wurde, den Beweis
erbracht zu haben, dass auch diese Zweige der Kunst-
übung, die bis jetzt meist nur als Anhängsel zu den
großen Ausstellungen von Ölgemälden erschienen,
künstlerischen Wert genug besitzen, um Kenner
wie Laien für sich allein anzuziehen. Selbstver-
ständlich drängte sich dem Besucher diese Über-
zeugung am stärksten auf, als im Jahre 1887 zum
erstenmal dieser Versuch mit glänzendem Erfolg ge-
macht wurde. Die Teilnahme des Publikums war
überaus lebendig und schien zu den besten Erwar-
tungen für die Möglichkeit einer regelmäßigen
Wiederholung des Unternehmens zu berechtigen.
Leider zeigte jedoch das allgemeine Interesse schon
bei der zweiten Ausstellung vor zwei Jahren eine
Verminderung, und gegenwärtig ist der Anteil und

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die Kauflust des Publikums so gering, dass mau sich
vergeblich nach genügenden Erklärungsgriinden um-
sieht, um diese Teilnahmslosigkeit zu verstehen. An
der Ausstellung selbst kann es nicht liegen, wenn
sie mangelhaft besucht bleibt, denn sie enthält eine
lange Reihe vorzüglicher Werke und kann den Ver-
gleich mit ihren Vorgängerinnen in dieser Hinsicht
wohl vertragen. Allerdings sind diese vorzüglichen
Werke meist Landschaften oder Porträts; erfahrungs-
gemäß aber sind es ja die Genrebilder mit leicht
verständlichen Stoffen, welche die Menge anziehen,
und diese fehlen in der That auf der diesjährigen
Ausstellung in auffallender Weise. Unter den wenigen
Ausnahmen verdient das große Bild von Robert
Sterl: „In der Dorfapotheke" hervorgehoben zu
werden, weil es nicht nur in technischer Hinsicht
sehr gelungen erscheint, sondern auch in den Ge-
sichtszügen der einzigen beiden Personen, die es ent-
hält, einem Apotheker mit weißem Haar und einer
alten, von ihm Medizin erhaltenden Frau aus den nie-
deren Ständen, einen ganz eigenartigen, an das spezi-
fisch sächsische, kleinbürgerliche Wesen erinnernden
Lokale! larakter besitzt und gerade dadurch ähnlich
anmutend wie Ludwig Richters Zeichnungen wirkt.
An Ludwig Richters Vorbild gemahnen auch die
beiden kleinen Aquarellblätter von Wilhelm Claudius.
Das eine eröffnet uns den Blick in einen Pfarrgarten,
wo dessen Besitzer, ein Pastor im Käppchen, an
einem heiteren Frühlingstag sich in die Zeitung ver-
tieft hat, das andere, Maimorgen betitelt, zeigt uns
zwei Kinder, die auf einer im frischesten Grün pran-
genden Wiese Blumen pflücken. An beiden Bildern
ist namentlich der landschaftliche Teil gut gelungen,
während das sonst von Claudius bevorzugte figürliche
Element zurücktritt. Auch sonst fehlt es nicht an
Beispielen dafür, dass unter den jüngeren Dresdener
Malern das Studium der Landschaft im erfreulichen
Fortschritt begriffen ist. Wir denken vor allen an
Georg Gustav Estler, der mehrere kleine, aber stim-
mungsvoll angelegte Proben seiner Landschaftstudien
ausgestellt hat, und an die von einer großartigen
Naturauffassung zeugenden Kohlekartons Hermann
Gattilxrs und Hans Taegcrs. Als Porträtmaler ent-
wickelt sich Fratix Siebert mit jeder neuen Leistung
immer verheißungsvoller. Sein in Pastell ausgeführ-
tes Selbstporträt ist nicht nur sehr ähnlich, sondern
überhaupt in jeder Beziehung trefflich durchgeführt.
In noch höherem Maße gebührt Carl N. Bantxers
„Witwe" dieses Lob, ja man kann behaupten, dass
sich dieser Studienkopf des Dresdener Künstlers neben
dem Damenporträt Dagnan-Bouvercts unbedenklich

Die dritte internationale Aquarellausstellung in Dresden.
 
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