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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Rosenberg, Adolf: Georg Bleibtreu
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0031

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN
Heugasse 58.

BEELIN SW.
Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IV. Jahrgang.

1892/93.

Nr. 4. 3. November.

Die Kunstchronik erscheint- als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Marl: und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshand-
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

georg bleibtreu f.

Der volkstümliche, aber allezeit bescheidene
Meister, der um die Mittagsstunde des 16. Oktobers von
uns geschieden ist, nach einem Leben voll rastloser,
fruchtbarer und erfreulicher Thätigkeit, die erst drei
Tage vor seinem Tode ermattete, nimmt unter den
zahlreichen Schlachten- und Kriegsmalern des 19. Jahr-
bunderts eine gesonderte Stellung ein. An ursprüng-
licher Genialität und an dramatischer Kraft haben
ihn A. de Neuville und Franz Adam übertroffen,
denen er dann aber gleich als dritter in der Reihe
folgt; in der eleganten, dem Mikroskope Stich hal-
tenden Genauigkeit der Details bleibt er hinter Meis-
sonier und seinem Schüler Detaille zurück, und in
der raffinirten Durchbildung des Kolorits sind ihm
einige andere Franzosen, auch Russen und Spanier
überlegen, die freilich alle der jüngsten Generation
angehören, also die Bequemlichkeit haben, sich auf
die Schultern ihrer Vorgänger stellen zu können.
Aber an Vielseitigkeit, an Universalität steht der
Mann, dessen kleiner Körper von einem gar gewal-
tigen Geiste durchglüht war, obenan. Wie keiner
seiner Vorgänger, Nebenbuhler und Nachfolger, hat
er die jedem Darsteller zeitgenössischer Ereignisse
drohende Gefahr, bei Gemälden großen Stils auf das
flache Niveau der Illustration zu geraten, fast immer
siegreich zu überwinden gewusst, und er ist denn
auch bis jetzt der einzige, dem es gelungen ist, für
die Schilderung einer modernen Schlacht oder einer
Episode daraus einen den Gesetzen des monumen-
talen Stils entsprechenden Ausdruck zu finden. Das
war nicht etwa die zufällige Folge einer glücklichen

Eingebung, sondern das Erzeugnis ernsthaften, be-
wussten Strebens, dessen Wurzeln vielleicht auf die
Lehrjahre an der Düsseldorfer Akademie zurück-
reichen.

Am 27. März 1828 in Xanten am Rhein ge-
boren , kam Bleibtreu schon 1843 auf die Düssel-
dorfer Akademie. Aber er war keiner von den
Faprestos, die früher Reife schnelles Schaffen folgen
lassen. Er fand sich in das System und in seine
Vertreter nicht hinein, und nach fünf Jahren warf
er — zum ersten- und letztenmal in seinem Leben
— die Flinte ins Korn. Er suchte sich anderswo
zu sammeln, kehrte aber noch einmal nach Düssel-
dorf zurück, und jetzt traf er in Th. Hildebrandt
auf einen Lehrer, der ihn in dem, was not that, in
der Malerei förderte. Freilich malte der junge Bleib-
treu keine Geschichtsbilder aus romantischer Ver-
gangenheit; er lebte und webte in und mit seiner
Zeit, und es war damals, um die Wende der vier-
ziger Jahre, ein höchst verwegenes Unternehmen
für einen jungen Maler aus der Düsseldorfer Schule,
dass er in dem ersten Probestück seiner nunmehr
etwas sicherer gewordenen Kunst eine Episode aus
der verunglückten Erhebung der Schleswig-Holsteiner
gegen das dänische Joch, das Gefecht bei Bau und
den Untergang des Kieler Studenten- und Turner-
korps, mit flammender Begeisterung schilderte. Dieses
Bild, das bei seiner Ausstellung an verschiedenen
Orten einen tiefen Eindruck machte, ist gewisser-
maßen für Bleibtreu's fernere Entwicklung, für den
Künstler wie für den Menschen, das Prototyp, der
Leitstern seiner Thaten in Kunst und Leben geblieben.
Er hat immer auf der Seite der Unterdrückten ge-
 
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