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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Wiener Künstlerhaus
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0134

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tragisch, dann wieder bizarr, gewürzt mit tollem
Humor, weniger das Sinnlich-Schöne als vielmehr
das Markige, auch oft Ungeschlachte mit Absicht-
lichkeit hervorkehrend, aber durchweg fesselnd durch
ihren geistigen Gehalt. Stuck geht allem Hergebrach-
ten aus dem Wege und sucht nicht durch Äußerlich-
keiten zu bestechen, sondern erfasst zu allererst
den seelischen Kernpunkt des Gegenstandes; der
Pinsel folgt darin, so weit er's eben vermag.
Zudem besitzt der Künstler eine seltene Vielseitig-
keit, sowohl in Bezug
auf das Darzustellende
als auch in der Tech-
nik. Er malt, modellirt,
zeichnet mit allen
Mitteln und radirt mit

gleicher Meister-
schaft. Im Unheim-
lich - Gruseligen und
in der derbrealisti-
schen Satire bewegt
sich seine Phantasie
wohl am liebsten. Da-
bei begegnen wir aber
auch wieder Bildern
der Lust und Freude
und reizvollen land-
schaftlichen Stim-
mungsbildern. „Käm-
pfende Faune", „Das
verlorene Paradies",

„ Glühwürmchen",
Liebesfrühling, Pietä
u. s. w. — wer sollte
glauben, dass Bilder
so heterogener Art
alle von einer Hand
herrühren! Jn der
Mitte der interessan-
ten Gemälde-Kollek-
tion begegnete uns auch Meister Lenbach noch
einmal in dem vorzüglichen Porträt unseres Künst-
lers. In noch ungleich höherem Grade als in den
ausgestellten Ölbildern imponirte Stuck durch seine
Schwarzweißausstellung in Tusch- und Federzeich-
nungen und Radirungen. Die Allegorie als launig-
heitere Folie, sowie die satirische Karikatur besitzen
in ihm einen Meister ersten Ranges. Zudem beherrscht
der Künstler das Ornament und die heraldischen
Formen mit einer Verve, um die ihn Facharchitek-
ten beneiden mögen. Es leuchtet aus allen Kom-

Stralie Birket el-Kkerun in Kairo. Naturstudie von Leopold Müller.

Positionen, ob heiter oder ernst, echt deutsche Kraft
hervor, gepaart mit tiefem Empfinden und geisti-
gem Sichvertiefen in den Gegenstand. Denjenigen
Wiener Kunstfreunden, denen der Inhalt eines Kunst-
werkes mehr als der äußerliche Glanz wiegt, hat das
Künstlerhaus mit der Stuckausstellimg ohne Frage
einen seltenen Genuss bereitet. ,/. /,.

NEKROLOGE.

O Der Berliner Hoßunsthändlkr Fritz Gitrlitt, dessen
Tod wir in der vorigen Nummer gemeldet haben, hat im

Berliner Kunstleben des
letzten Jahrzehnts eine
hervorragende Rolle ge-
spielt, die etwa mit der
des Hechts im Karpfen-
teich vergleichbar ist.
Seiner Unternehmungs-
lust entsprachen nur nicht
die Mittel, die ihm zu
Gebote standen, und an
dem Zwiespalt, der zwi-
schen demErreiehtenund
Gewollten immer größer
wurde.rieben sich schließ-
lich seinegeistigen Kräfte
auf. Was er mit Be-
geisterung und wahrer
herzlicher Teilnahme be-
gonnen hat, werden an-
dere, denen eine kühlere
Geschäftsroutine zur Seite
steht, vielleicht glück-
licher durchführen. Er
war vom Beginn seines
Geschäfts an ein Anwalt
derVervehmten, Verkann-
ten und Obdachlosen. Ob-
wohl er immer etwas von

Lenbach, Defregger,
Knaus, Paul Meyerheim,
F. A. Kaulbach zu zeigen
hatte, gehörte seine volle
Neigung doch den Natura-
listen oder, in seinem
Sinne, den Naturmen-
schen an. Am meisten
lag ihm Böcklin am Her-
zen, den er durch Aus-
stellungen alter und neuer Werke so lange den Berlinern
zu Gemüte geführt hat, bis sich nach dem Vorgange der
Nationalgalerie auch mehrere Trivatsammlungen zur Auf-
nahme seiner Schöpfungen entschlossen. Fast sämtliche
Werke des Bildhauers Adolf Hildebrand hat er in einer
Sonderausstellung in der Berliner Kunstakademie vereinigt,
die das Material zu einer eingehenden Charakteristik des
Meisters in der „Zeitschrift für bildende Kunst" (XX. S. 221 ff.)
geliefert hat. Nicht geringeren Eifer hat er für Max Lieber-
mann, F. v. Uhde, Max Klinger, Thoina, Leibi, den Norweger
Sinding und andere seiner Landsgenossen, den Italiener
Brancaccio und viele andere entfaltet, und wenn es ihm auch
nicht gelungen itt, so viele Kunstfreunde zu dem Maße seiner
eigenen Wertschätzung der von ihm beschützten Künstler zu
 
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