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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Loewy, Emanuel: Zu Heinrich von Brunn's fünfzigjährigem Doktorjubiläum
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0147

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IV. Jahrgang. 1892/93. Nr. 18. 16. März.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und 'Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshand-
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

ZU HEINRICH VON BRÜNNS FÜNFZIG-
JÄHRIGEM DOKTORJUBILÄUM.

Am 20. März werden es fünfzig Jahre, dass
Heinrich Brunn von der Universität Bonn zum
Doktor promovirt wurde. Freunde und Schüler
haben beschlossen, an diesem Tage seine Büste, in
Marmor ausgeführt, im archäologischen Institute
auf dem Kapitol, der Stätte seines langjährigen
Wirkens, aufzustellen. Der Tag, an dem ein halbes
Jahrhundert einer Laufbahn, die wie wenige für die
wissenschaftliche Erkenntnis der alten Kunst segens-
reich gewesen ist, sich erfüllt, ist ein Festtag für
die gesamte Kunstwissenschaft, und diesen der
Kunst und ihrer Erforschung im weitesten Sinne
gewidmeten Blättern geziemt es, seiner an hervor-
ragender Stelle zu gedenken.

Unter ihren Lesern ist keiner, dem erst gesagt
zu werden brauchte, was Heinrich Brunn's Name
für die Kenntnis der antiken Kunst bedeutet. Giebt
es doch kaum einen Teil der archäologischen
Wissenschaft, der nicht von ihm in weitestreichender
Weise beeinflusst worden wäre, von ihm nicht die
fruchtbarsten Anregungen empfangen hätte. Wie
er in seiner ersten großen Arbeit, der aus den litte-
rarischen und inschriftlichen Quellen erschlossenen
äußeren Geschichte der Kunst in allen ihren Zwei-
gen, einer neuen Disziplin, der Künstlergeschichte,
die Wege wies, so hat er in zahlreichen, zumeist in
den Publikationen des archäologischen Instituts und
der bayerischen Akademie niedergelegten Einzel-
schriften die Gesetze der inneren Entwicklung der
griechischen Kunst zu ergründen gesucht. Auch

vor den verwickelten Problemen der etruskischen
Kunst machte er nicht Halt; ein gut Teil von dem,
was heute an Aufhellung dieses dunklen Gebietes
vorhanden ist, ist Brunn's Verdienst. Und nicht
minder reich ist der Ertrag, den seine Tliätigkeit
für die gegenständliche Erklärung der alten Kunst-
werke geliefert hat, von den Darstellungen der be-
malten Vasen bis hinauf zu den hochentwickelten
Kunstgebilden in Fries und Giebeln eines Par-
thenon.

Aber mit der litterarischen Produktion, so
reich und umfassend dieselbe auch ist, und so be-
fruchtend sie sich auch dort erwiesen hat, wo sie
Widerspruch gefunden, erschöpft sich nicht, was
Brunn's einzige Stellung in der Archäologie der
Gegenwart begründet. Erst als Sekretär des archäo-
logischen Instituts in Rom, dann seit nahezu einem
Menschenalter als Lehrer an der Universität München
war es ihm vergönnt, mit lebendigem Wort und
Beispiel auf Generationen von Forschern einzu-
wirken, ihnen seine Art, die Kunstwerke zu sehen
und aufzufassen, persönlich mitzuteilen. Ein großer
Teil derer, in deren Händen heute die Pflege
archäologischer Wissenschaft liegt, hat so in nähe-
rem oder fernerem Schülerverhältnis zu Brunn ge-
standen, und über die Grenzen der antiken Kunst
hinaus erstreckt sich diese seine Wirksamkeit.

Was den kunstgeschichtlichen Untersuchungen
Brunn's ihren eigensten Stempel aufdrückt, ist die
Methode, die er selbst als Analyse der Formen be-
zeichnet: er zerlegt die künstlerischen Ausdrucks-
und Vortragsmittel, aus denen der Stil sich zu-
sammensetzt, in ihre Elemente, um so die künst-
 
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