Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

DOI Artikel:
Wilhelm Lübke
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0176

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
339

Wilhelm Lübke f. — Nekrologe.

340

eigenschaften der Kunstgeschichtschreibung bleibt
Lübke's „Architekturgeschichte" für alle Zeit ein
schwer zu übertreffendes Vorbild.

Zwei nicht minder gelungene, von dem in-
zwischen lebendig erwachten Sinn des großen
kunstfreundlichen Publikums getragene Werke
Lübke's sind die „Geschichte der deutschen Re-
naissance und der 1860 in erster Auflage er-
schienene „Grundriss der Kunstgeschichte". Die
erstere hat namentlich in künstlerischen und
kunstgewerblichen Kreisen eine weitgreifende
Wirkung ausgeübt, während der „Grundriss" den
Anforderungen gebildeter Leser aus allen Stän-
den und Berufsklassen Genüge leistet. — Die
„Geschichte der Plastik" (1863), die „Renaissance
in Frankreich" und zahlreiche kleinere Schriften
aus den verschiedensten Gebieten der Kunstge-
schichte und aus angrenzenden Sphären ver-
vollständigen dieses Bild einer unvergleichlich
fruchtbaren und segenbringenden litterarischen
Thätigkeit. Als einzelne Beispiele seien hier
nur die gedankenreiche Abhandlung über Michel-
angelo's Malereien in der Sixtinischen Kapelle,
der schöne Text zu Dürers Kupferstichen, die
in den Mitteilungen der Wiener Centraikommis-
sion enthaltenen Reiseberichte aus Italien hervor-
gehoben. Viele dieser stets aufs sorgfältigste
ausgefeilten Essays und Untersuchungen, welche
früher im „Deutschen Kunstblatt", in der „Zeit-
schrift für bildende Kunst", in „Nord und Süd"
und in anderen Revuen erschienen waren, hat
Lübke bekanntlich in mehreren Sammelbänden
vereinigt herausgegeben. In den letzten Jahren
war er auch ein fleißiger Mitarbeiter an der
Münchener (früher Augsburger) „Allgemeinen
Zeitung". Hier verfolgte er das Gesamtleben
der Kunst und Kunstlitteratur der Gegenwart mit
aufmerksamem Auge und war für alle wichtige-
ren Strömungen und Erscheinungen des Tages
ein wohlwollender, doch stets ernster Kritiker.

Bisweilen ließ er auch den Blick auf die ver-
wandten Geisteswerke der Litteratur und Musik
hinüberschweifen und fand auch wohl in poli-
tischen und religiösen Streit- und Zeitfragen das
befreiende oder zündende Wort.

Lübke gehört zu denjenigen hervorragenden
Lehrern seines Fachs, welche die Kunstgeschichte
nicht an Universitäten, sondern an künstlerischen
Fachschulen und technischen Hochschulen zu
lehren berufen wurden. Er hat daher nicht im
Sinne gelehrter Methodik Schule gemacht, aber
auf praktische Architekten und Künstler, auf
große Kreise kunstgebildeter Laien auch vom
Katheder herab einen mächtigen Einfluss aus-
geübt. Er begann seine Lehrthätigkeit 1857 an
der Berliner Bauakademie, wurde dann 1861 an
das Polytechnikum in Zürich, wo damals Vischer
und Semper neben ihm wirkten, darauf 1866
nach Stuttgart, endlich 1885 nach Karlsruhe be-
rufen, an welchem letzteren Orte neben der Pro-
fessur auch die Generaldirektion der großherzog-
lichen Kunstsammlungen seinen Händen anver-
traut war.

Eine schwere Verletzung am Auge und ein
inneres Leiden, welches den geistig Nimmer-
müden seit längerer Zeit nötigte, alljährlich die
Heilquellen der böhmischen Bäder aufzusuchen,
haben Lübke's elastische, durch einen starken
Willen beherrschte Natur vorzeitig aufgerieben.
Allzu früh sank er, am 5. dieses Monats, im
Alter von 67 Jahren dahin, eine weit klaffende
Lücke zurücklassend, zu deren Ausfüllung kein
ihm an Geist und Wissen Ebenbürtiger lebt.
Wir, die wir am lebhaftesten den unersetzlichen
Verlust zu fühlen im stände sind, den sein Tod
der deutschen Wissenschaft zugefügt hat, be-
trauern in ihm auch mit tiefer Wehmut den in
allen Lebenslagen als echt erprobten Freund, die
reine, von wahrer Humanität erfüllte Seele.

C. v. L.

NEKROLOGE.

0 Der Bildhauer Professor Martin Paul Otlo, der
Schöpfer des W. von Humboldt-Denkmals in Berlin und des
Kaiser Wilhelm-Denkmals in Eins, ist am ü. April in Berlin
im 47. Lebensjahre gestorben. Die Vorarbeiten für das
Luther-Denkmal in Berlin, das auf dem Neuen Markte er-
richtet werden soll, hat er so weit gefördert, dass es nach
seinen Entwürfen in seinem Geiste vollendet werden kann.

Q Der Bildhauer Professor Robert Vinter, der sich be-
sonders durch seine Gruppen und Einzelfiguren aus deutschen

Märchen und Dichtungen bekannt gemacht hat, ist am
2. April an einem Herzschlage in Kassel im 63. Lebens-
jahre gestorben.

*** Per holländische Kiinstforselicr Dr. Nicolas de
Rocver, Direktor des Stadtarchivs in Amsterdam, ist da-
selbst am 18. März gestorben. Er hat sich um die Auf-
klärung der holländischen Künstlergeschichte durch fleißige
Urkundenforschungen, deren Ergebnisse er zumeist in der
Zeitschrift „Oud Holland" niedergelegt hat, große Ver-
dienste erworben.
 
Annotationen