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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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421

Bücherschau. — Kunst!itteratur. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

422

BÜCHERSCHAU.

Der Fassadenschmuck. Eine Studie von Julius Leisehing.

Mit 76 Abb.. Wien, Pest, Leipzig, A. Hartleben's Verlag.

1S93, Gr. 8, 230 S.

Diese „Studie", wie der Autor seine Arbeit nennt, ist
bei aller Erweiterungsfälligkeit des beweglichen Thema's in
der vorliegenden Form ein fertiges und in sich abge-
rundetes Ganzes, das nur nach einer Seite hin der Vervoll-
kommnung würdig wäre, ja derselben zu leichterern und
vollem Genüsse unbedingt bedarf: wir meinen nach Seite
einer umfassenderen Detaillirung. Ein so gewaltiger Block
verlangt mehr Gliederung, wenn er nicht unbezwinglich er-
scheinen soll. Die Studie erscheint uns wie eine litterarische
Verkörperung der wohlgefügten antiken Stadtmauern, die
aus einem Stück oder aus einem Guss zu sein schienen.
Die oft geradezu lapidare Ausdrucksweise Leisching's erinnert
wiederholt an Semper, dessen litterarische Monumente in
ihrer äußeren Erscheinung wie seine massiven architek-
tonischen denselben Vater verraten: das schönste sind die
von außen unsichtbaren, im Innern verkörperten Gedanken.

Die Arbeit ist in drei Abschnitte und ein kurzes Schluss-
wort geteilt: I. Die Wandbereitung in ihrer geschichtlichen
Entwicklung (57 S.), II. Die architektonische Gliederung der
Fassade (108 S.), III. Die Plastik und Malerei im Dienste
der Architektur (69 S.). All dieses ist von einer energischen
zielbewussten Natur konzipirt mit viel Geist und Fleiß, der
auf ein gründliches Quellenstudium verwendet wurde, das
wieder von einer durch ein bestimmtes persönliches Urteil
vorgenommenen kritischen Sichtung Zeugnis ablegt. Eine
Fülle von eigenen guten Gedanken und neuen Anschauungen
kunst- und kulturgeschichtlichen wie ethnographischen In-
halts bedingt mit einer Reihe dem Zwecke gut dienender
Abbildungen den originellen Charakter des Buches, das
überall den klaren, aufs Praktische gerichteten Sinn des
Architekten — denn das ist Leisching — widerspiegelt.
Vielleicht ließe sich die zu geringe Detaillirung schon durch
Marginaltitcl erreichen. Als notwendige Ergänzung dazu
ist dann ein Verzeichnis dieser Marginalien im Index
nicht zu umgehen; wir glauben, dass damit die Brauchbar-
keit des trefflichen Buches sehr gewinnen würde, während
gegenwärtig ein rasches Orientiren außerordentlich schwer,
ja z. T. unmöglich ist. Was die Abbildungen betrifft, so
sind nur einige wenige bei ihrer Feinheit der Zeichnung doch
zu klein, um ein deutliches Bild zu gewähren; doch wäre
auch dem bei einer neuen Auflage leicht abzuhelfen. Un-
gern vermissen wir die Illustrationen zu den orientalischen
und klassischen Stilen, deren Wandbereitung und Fassaden-
schmuck der Autor einer so eingehenden Würdigung unter-
zieht, dass uns die zeichnerische Wiedergabe unerlässlich
scheint; dies gilt ganz besonders vom ersten Abschnitt des
Buches. Wir zweifeln nicht, dass Leisching seine Gründe
hatte, diese instruktiven Zeichnungen nicht zu bringen, allein
darüber ist er uns eigentlich in einem Vorwort Rechenschaft
schuldig: ungenügende Ausstattung z. B. aus Ersparnisrück-
sichten wäre bei einem solchen Unternehmen Sünde ; auch der
vielleicht vorzubringende Grund, dass alle die erwähnten
Stile in den betreffenden citirten Spezialwerken in Biblio-
theken einzusehen sind, ist wohl nicht stichhaltig; für einige
Illustrationen sähen wir gerne besser konstruirte, klarere
Bilder — in der instruktiven Art von Lambert und Stahl,
— wir zählen hier die betreffenden der Seite nach auf:
120, 122,142, 150, 152, 160 und 162. Geradezu reizend und
unübertrefflich genau bei aller Zartheit finden wir die
Zeichnung nach Luca della Robbia auf Seite 211, und die

ähnliche Nischenfigur aus Graz, die wir aber, wenigstens
nach dem Bildchen, nicht für einen hl. Christoph, sondern
für einen auf Wolken stehenden hl. Joseph halten. Bei
der Mehrzahl der Illustrationen ist der Ausdruck „Studie"
wohl am Platze; dort, wo er es mit dem Beigeschmacke des
Flüchtigen ist, möchten wir im Interesse des Werkes selbst
auch eine Verbesserung wünschen; es sind ja nicht viele solche
Stellen, oft ist es das Malerische der Fassade, das selbst in
den kleinen Federzeichnungen trefflich wiedergegeben ist,
wenn wir auch bei den obenerwähnten Nummern lieber das
Konstruktive in der Wiedergabe betont finden möchten.
Doch alle diese leicht zu verbessernden Mängel dürften dem
Autor wohl selbst am besten bekannt sein; sie sind den
großen Vorzügen des Werkes gegenüber verschwindend
klein, und wir empfehlen dasselbe nicht nur dem Architekten,
Kunstgelehrten und Kunsthistoriker, sondern auch jedem
Freunde architektonisch-dekorativer Ausstattung aufs wärmste
und sind überzeugt, dass keiner das anziehende Buch aus
der Hand legen wird, ohne gern wieder zu ihm zurück-
zukehren. RUDOLF BOCK.

KUNSTLITTERATUR.

— Münsterausbau in Bern. Unter Oberleitung des Ulmer
Münsterbaumeisters Beyer wird bekanntlich der Turm des
Berner Münsters seiner Arollendung entgegengeführt. Zur
Feier dieses bedeutsamen Ereignisses bereiten Dr. B. Haendcke,
Privatdozent der Kunstgeschichte, und Aug. Müller, leiten-
der Architekt des Münsterausbaus, beide in Bern, eine groß
angelegte Publikation vor, welche in Wort und reichem
Bilderschmuck eine Geschichte des Berner Münsters und eine
Schilderung des fertigen Baues geben soll. Das Prachtwerk
wird vor Ende dieses Jahres im Verlage von Schmid, Francice
& Co. in Bern erscheinen.

PERSONALNACHRICHTEN.

*„* Dem Tier- und Landschaftsmaler Christian Kröncr
in Düsseldorf ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

*** Der Cesckiehtsmaler Arthur Kampf in Düsseldorf
hat ein Lehramt an der dortigen Kunstakademie erhalten.
Zugleich ist ihm das Prädikat Professor beigelegt worden.

*** Dr. B. Vischer, Professor der Kunstgeschichte an
der technischen Hochschule zu Aachen, hat einen Ruf an
die Universität Göttingen als Nachfolger K. Lange's erhalten
und angenommen.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

*** Für die Königliche Gemäldegalerie in Dresden sind
auf der großen Berliner Kunstausstellung eine Pietä von
Max Klinger, der kürzlich von Rom nach Leipzig über-
gesiedelt ist, eine Nymphe am Ufer eines Teiches von
Alexander Harrisem in Paris, ein norwegischer Lootse von
Christian Kroh in Berlin und das Tierstück „Fuchs mit
Schneehase" von L. A. Liljefors in Upsala angekauft worden.

*„* Für das städtische Museum in Königsberg ist ein
von Lenbach gemaltes Bildnis des Fürsten Bismarck durch
den Vorstand des Kunstvereins erworben worden.

%* Die Münchener Scxessionisten haben den Plan, in
diesem Jahre auch in München eine eigene Ausstellung zu
veranstalten, noch nicht aufgegeben. Wie der „Frankf. Ztg."
geschrieben wird, sind die Verträge über den Bau des Aus-
stellungsgebäudes bei hohen Konventionalstrafen so bemessen,
dass die Ausstellung am 15. Juli eröffnet werden kann.
Das Gebäude wird nach dem neuen Verfahren der Ver-
 
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