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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Lyka, Karl von: Kunstausstellung in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0248

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Kunstausstellung in Rom.

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staltung einer Institution, welche die Kraft in sich birgt, die geistig Zusammengehörigen auch persönlich
einander näher zu bringen und in allen das Bewusstsein lebendig zu erhalten, dass vieles, was der einzelne
fruchtlos anstrebt, durch die Gemeinsamkeit leicht geklärt und verwirklicht werden kann!

Das vorbereitende Komitee:

Prof. Dr. //. Iloltzinger, Geh. Hofrat Fr. X. Kraus, Prof. Dr. C. v. Lützow,

Hannover. Freiburg i. Br. Wien.

Prof. Dr. v. Oechelhäuser,
Heidelberg.

Das Nürnberger Lokalkomitee:
Dir. Hans Bäsch, Vorsitzender des Lokalkomitees. Dr. Fuhse. Dr. Rampe. Dr. Be.c Dr. Stockbauer.

KUNSTAUSSTELLUNG IN ROM.

Rom, im Juni.

Nach dem lauten Jubel der römischen Festlich-
keiten wurde die große Kunstausstellung im neuen
Palazzo an der Via Nazionale in tiefster Stille er-
öffnet. Diese Vernachlässigung verdient sie keines-
wegs. Denn obwohl auch diesmal die gewerblich
produzirende Bildmalerei ein hübsches Stück der
Räumlichkeiten für sich in Anspruch genommen
hat, bietet diese neueste Ausstellung doch viele
namhafte Werke dar, welche berufen sind, über den
Charakter der neuesten italienischen Kunstbestre-
bungen einen Aufschluss zu geben.

Denn es soll- gleich hier bemerkt sein, dass
die zehn Gebote des neuitalienischen Großmeisters
Favretto heute schon sehr wenig Gläubige finden,
und dass die Kunstbestrebungen eine Bahn einge-
schlagen haben, die zwar für Italien neu ist, aber
sehr wenig mit dem italienischen Geiste zu schaffen
hat. Es fehlt in den besten Stücken der Ausstellung
der national-italienische Zug, wir finden da eine Ge-
fühls- und Denkungsart, welche jener des hohen
Nordens sehr nahe steht. Die dominirenden Werke
deuten auf eine sehr charakteristische Vernachlässi-
gung des Genrebildes, vom religiösen oder Historien-
bilde ganz abgesehen. Eine breite Bestrebung nach
einem dumpfen Mystizismus tritt in den Vorder-
grund, die sich natürlich fast ausschließlich im Land-
schaftsbild ihr heimisches Terrain geschaffen hat.

Nicht die helle, farbige Sonnenscheinpracht in-
spirirt die Künstler, sondern die matte, in dumpfem
Ton phantastisch daliegende Nachtlandschaft, der
Abend mit seiner Stille und dürftigen Farbenskala.
Nicht das laute, lachende Leben zieht die Poeten
der Palette an, nicht der bunte Schwärm zwischen
den schrill kolorirten Häusern der Flecken und
Küsten, sondern das friedlich daliegende Meer, die
ruhenden Barken mit schlaffen Segeln. Was an j

Farbe noch zu sehen ist, beschränkt sich auf den
glitzernden Punkt einer grünen Wachtlaterne. —
Dies ist die Stimmung, die sich die meisten Schwär-
mer zuzieht. Dies ist die erste Impression, welche
dem Besucher des römischen Salons entgegentritt.

Wenn die neue Richtung auch keine eigentlich
italienische ist, so hat sie doch manche schöne
Blüte hervorgebracht. Ich nenne hier zunächst
Zanetti's poesievolles Bild, wohl die beste Landschaft
der Ausstellung. Sehr bedeutende Abend- und Nacht-
stimmungen bieten die verwandten Werke Carcano's,
die des Bazzaro (ein herrliches Chioggia-Motiv),
dann das silberhell beleuchtete Marinebild Fragia-
eomo's, endlich die kühn-impressionistische Land-
schaft F. Filippini's.

Das Sittenbild kann in der Ausstellung nur in
zweiter Reihe genannt werden. Es ist zwar zahl-
reich vertreten, doch findet man verhältnismäßig
weniges, was ein höheres künstlerisches Interesse zu
erwecken vermöchte. Das dritte große Kontingent des
Genre's hat noch vieles mit dem traditionellen zucker-
süßen Mutterliebe- und Hirtenknabenbild gemein.
Speziell die römische und venetianische Malerei hat
außerdem ein zweites Übel, welches viele gute Kräfte
in schlimme Fahrwässer führt: ich meine die An-
sichten- und Kostümmalerei von Bildern, die ihr Ent-
stehen dem riesigen Fremdenverkehr verdanken und
von den „forestieri11 als „Andenken" mitgenommen
werden.

Für uns ist nur das von Interesse, was Talent,
Gefühl und Kraft zeigt. In erster Reihe wäre da
Lanzerotto's Bild zu nennen. Die einfache Kompo-
sition zeigt zwei Soldaten, ihrer Uniform nach den
afrikanischen Truppen angehörig, die mit einem
herzlich naiven Fleiße der harten Arbeit des Brief-
schreibens obliegen. Außer der guten Technik be-
kundet Lanzerotto in diesem Werke ein bedeutendes
psychologisches Talent. Mit demselben Talent zeigt
sich Laurenti begabt. Sein bestes Bild ist ein Ren-
 
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