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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Die erste Ausstellung der Sezession in München
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0022

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•25

Kunstlitteratur. — Nekrologe. — Personalnachrichten.

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mischer Reiz, den es ausübt, tiefe innerliche Erschüt-
terung bringt es nicht zuwege. Das erreicht Szyma-
nowski mit seinem großen Bilde .Das Gebet". Das
Innere einer Kirche; ein Sonnenstrahl dringt in den
dämmerigen Raum und gleitet grell und goldig über
die unabsehbaren Scharen der Beter. Auf Knieen
liegen sie, Männer und Frauen, jung und alt mit
verklärten Augen, mit gewundenen Händen, heiß
und inbrünstig, weltvergessen steigt ihr Flehen empor
zur Quelle des Lichts. Eine wilde Leidenschaft, ein
Hauch von Fanatismus steckt darin, nur dass noch
nicht Können und Wollen gleichen Schritt hält,
dass noch jene souveräne Herrschaft über die Mittel
fehlt, die bei Villegas nie versagt.

Ein kräftiges Temperament zeigt der Amster-
damer Breitner in einer abendlichen Straßenscene.
Es ist das reifste aller Bilder, die wir bisher von
ihm zu sehen bekamen. Etwas von den Jugend-
werken Manet's liegt darin, die satte, spanische Farbe
und der große, kräftige Strich, die flüchtige Art zu
sehen. Nicht dass er ein Nachahmer wäre, aber
sein Talent ist dem des großen Franzosen kongenial,
vielleicht dass er noch sicherer und bewusster ist.
Unter den Fremden ragen noch besonders hervor
Harrison mit zwei tief empfundenen Meerbildern und
einem Weiher, in dessen spiegelglattem Wasser sich
ein Knabenakt spiegelt, Eddfelt, der zwei Weiber
in einer Waschküche vom hellsten Tageslicht um-
flutet inmitten blendender Wäsche mit feinstem kolo-
ristischen Gefühl malte, und Zorn, der vorzüglich
in einem Damenporträt und in der Toilette der
Mägde aufs neue seinen Geschmack und seine aparte
Farbenanschauung beweist. Dagnan-Bouveret, der
immer bewundernswert war, auch in seinen schwä-
cheren Arbeiten, kommt in letzter Zeit in eine
Weichheit und Verschwommenheit, die sentimental
und unmännlich wirken. Uberhaupt ist diese Nei-
gung zu übertriebener Zartheit ein Zug, der viel-
fach zu spüren ist. Das große Vorbild von Whistler
und Cazin richtet da einige Verwirrung an. Aman-
Jean und Gardara zum Beispiel, so feine Talente
beide, so echt künstlerisch ihre Intention immer,
gefallen sich in einer duftigen, fast nur andeuten-
den Färbung, die den Wunsch nach etwas mehr
Rückgrat, etwas mehr Kraft aufkommen lässt. Auch
Thaulow, dessen gesunder, nordischer Ton so wohl-
thuend anmutete, ist in dieser allgemeinen Strömung
untergegangen. Kroyer hat ebenfalls eine Schwenkung
in diesem Sinne gemacht. Da wirkt der energische,
barocke Ttaffa'elli doppelt angenehm mit seiner Be-
stimmtheit, die doch niemals in Härte ausartet.

Von den älteren Deutschen ist noch Albert Keller
hervorzuheben. Eine Variation des Preisurteils und
das Begräbnis der Nonne sind ausgezeichnete Schö-
pfungen seiner nervösen künstlerischen Individualität.
Kalkreuth bringt eine Landschaft von seltener Größe
und herbem Ernst, Kuehl ein paar seiner appetit-
lichen meisterlich gemalten Interieurs. Von den
jüngeren, aufstrebenden Kräften sei Ohle genannt,
derb, fast ein wenig roh, aber dem es immer ein
heiliger Ernst ist um seine Kunst. Auch Beiniger
gehört zu denen, die mit unermüdlichem Fleiße vor-
wärtsstreben. Exter's Sturm und Drang beginnt
sich allmählich zu klären. Hummel, Landenbergcr
und Slevogt treten vielversprechend auf den Plan.
Und so ergiebt sich aus der Freude an dem Alten
und den Hoffnungen auf die Jungen ein erfreuliches
Bild deutscher Kunst. B. B.

KUNSTLITTERATUR und KUNSTBLÄTTER.

— Die Erben des Malers und Radirers Karl Stanffcr
von Bern haben der Kunsthandlung von Amsler & Kuthardt
in Berlin die alleinige Auslieferung der Originalradirungen
des verstorbenen Künstlers übertragen. Von der genannten
Kunsthandlung ist neuerdings ein vollständiges Verzeichnis
dieser Kunstblätter mit Größe und Preisangabe veröffent-
licht worden, welches sie an Interessenten gratis und franko
versendet.

*»* Zur Inventarisation der Kunstdenkmäler in Deutsch-
land. Wie man der „Vossischen Zeitung" schreibt, ist .jetzt
in Braunschucig und Mecklenburg-Schwerin eine Veröffent-
lichung des Verzeichnisses der Kunstwerke in Angriff ge-
nommen worden. In Braunschweig, über dessen einzelne
Bauten und Kunstgegenstände übrigens tüchtige ältere Werke
vorhanden sind, arbeitet man seit 1878 bereits an einer zu-
sammenhängenden Herausgabe, die teils an sachlichen, teils
an persönlichen Schwierigkeiten scheiterte. Seit einiger Zeit
ist dort Dr. Meyer mit der Bearbeitung des Inventars be-
traut worden. In Schwerin hat man eine Landeskommission
eingesetzt, welche die Inventarisation zu überwachen hat. In
ihrem Auftrage wird zunächst der Museumsdirektor Dr. Schlie
die Denkmäler von Rostock veröffentlichen. Dem Ausschuss
gehören u. a. Archivrat Dr. Grotefend und Oberbaurat Daniel
an, außerdem Baurat v. Möckel und Dr. Schild.

NEKROLOGE.

%* Der englische Geschichtsmalcr F. Madox Brown,
der um die Mitte der vierziger Jahre durch Studium und
Nachahmung der italienischen Meister des 15. Jahrhunderts
den Anstoß zur Begründung der Schule der l'räraffaeliten
gab, ist am 0. Oktober in London, 72 Jahre alt, gestorben.

PERSONALNACHRICHTEN.

%* Professor Dr. Richard Haupt, Gymnasialoberlehrer
in Schleswig, der Verfasser des Inventares der „Bau- und
Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein", ist zum
Provinzialkonservator der Provinz bestellt worden.
 
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