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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0023

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Sammlungen und Anastellungen.

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SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

%* Die selbständige Verwaltung der herzoglichen Kupfer-
stichsammlung auf der Veste Koburg ist, wie der „Vossischen
Zeitung" geschrieben wird, mit dem 1. Oktober aufgehoben
worden. Die Sammlungen im Fürstenbau werden fortan
wie früher gemeinsam verwaltet. Der seitherige Direktor
der Kupferstichsammlung, Professor Oüler von Ravensburg,
ist zur Disposition gestellt worden.

A. R. Aus Berliner Kunstausstellungen. In den ersten
Oktobertagen, also noch vor Schluss der beiden Münchener
Ausstellungen, von denen die privaten Kunstsalons in Berlin
während der nächsten Monate den größten Zufiuss zu er-
warten haben, sind die Räume von Eduard Schulte, Amsler
<$> Ruthardt und Fritz Ourlitt mit fast vollständig neuem
Inhalte wieder eröffnet worden. Bei Schulte stehen wie ge-
wöhnlich die Brüder Achenbach an der Spitze, Oswald mit
vier italienischen Landschaften von 1892 und 1893 in seiner
bekannten, immer wirksamen Art mit starken Beleuchtungs-
kunststücken, leider aber mit einer immer flüchtiger werden-
den Behandlung der Staffage, Andreas aber mit einem ganz
eigenartigen Werke, das man nicht für die Arbeit eines
Siebzigers halten würde, wenn nicht die Jahreszahl 1893
darauf stände. Es ist ein Interieur, durchgeführt mit der
Feinheit eines Dou und auch in der Beleuchtung mit diesem
verwandt: ein Raum in einem Kloster, anscheinend die
Stube, wo der Glöckner den Strang zieht. An der Schwelle
einer geöffneten Thür steht ein Mönch und fegt allerlei Keh-
richt hinein, und aus einem Kehrichthaufen hat ein zweiter
Bruder ein frommes Buch hervorgezogen, in dem er, unbe-
kümmert um den aufgewirbelten Staub, begierig liest. Es
ist ein koloristisches Meisterwerk, das ein Dutzend Seestücke
aus der letzten Zeit Andreas Achenbachs aufwiegt. Da her-
vorragende Bilder französischer Künstler immer seltener nach
Berlin kommen, ist das neueste Werk von Georges liochc-
grosse, „die Plünderung einer gallisch-römischen Villa durch
die Hunnen" (aus dem diesjährigen Salon in den Champs
Elysees) von besonderem Interesse. Der immer mit Blut
und Schrecken arbeitende Maler hat diesmal einen unge-
wöhnlich kleinen Maßstab gewählt, und dem entspricht
auch die delikate Durchführung, die fast an miniatur-
artige Peinlichkeit streift. Alles ist äußerst korrekt und
glatt. Man bewundert die Erfindung und die Technik;
wenn man aber die Figuren einzeln betrachtet, die dahin-
gestreckten Leichen der Ermordeten und die Gefesselten, die
den Todesstreich oder die Fortführung in die Sklaverei er-
warten, so fühlt man aus jeder die Absichtlichkeit der Mo-
dellstellung, die Kälte der Überlegung heraus. Sehr reich
sind wieder die Italiener und Spanier vertreten; aber wir
sind mit den „Farbenbouquets" ihrer Kostüm- und Land-
schaftsmaler in der letzten Zeit so stark bedacht worden,
dass uns das Ungewohnte bereits zur Gewohnheit geworden
ist. Sie haben mit einem Fortissimo begonnen, und nichts
sättigt das Auge und Ohr schneller als ein Fortissimo. Das
Hochzeitsfest mit Figuren in der Tracht vom Ende des vori-
gen Jahrhunderts von P. Salmas und das humorvolle Ku-
gelspiel von Geistlichen und Laien auf dem Vorplatz einer
Kirche von P. C. Oilardi sind wohl die besten dieser bei
Schulte ausgestellten Bilder. — Mehr in das Kunstgewerbe
gehören die auf Gold, Silber und Kupfer nach eigenen und
fremden Kompositionen ausgeführten Emailmalereien von
Ernst Bastanier, der die Farbenzahl der Emailmaler so be-
reichert hat, dass er mit der Wirkung von Ölmalereien zu
wetteifern sucht. Eine seiner großen Kompositionen, die
Rheintöchter mit dem Nibelungenschatze, ist gegen zwanzig-

mal im Feuer gewesen. Ruhiger und edler freilich ist die
Wirkung der Emailmalereien, die sich an die spätere Li-
mousiner Technik anschließen. — Bei Amsler & Ruthardt
ist der Nachlass des Schlachtenmalers Georg Bleibtreu zur
Ausstellung gelangt: Ölgemälde, Ölskizzen, Kartons, Zeich-
nungen und Studien in verschiedener Technik, 189 Num-
mern, womit aber die Mappen des fleißigen Künstlers nicht
erschöpft sind. Wirklich fertige Ölgemälde befinden sich
nicht darunter, da Bleibtreu meist auf Bestellung gearbeitet
und auch für seine freien Schöpfungen immer Käufer ge-
funden hat. Die Ölmalereien sind zum Teil Kopieen seiner
Wandmalereien oder Entwürfe dazu, zum Teil Skizzen, die
nicht zur Ausführung gelangt sind, zum Teil Studien, von
denen die nach Pferden in Ruhe und Bewegung von einer ganz
ungewöhnlichen Kenntnis des tierischen Körpers und seiner
Muskulatur zeugen. Aus seiner Düsseldorfer Lehrzeit hatte
Bleibtreu die Gewohnheit beibehalten, für jedes seiner Bil-
der neben der Farbenskizze einen Karton zu zeichnen, und
dieser Gewöhnung hat er es zu verdanken, dass seine
Schlachtenbilder trotz des bunten Gewimmels immer den
Eindruck von historischen Gemälden großen Stiles machen.
Diese Kartons bilden einen Hauptbestandteil der Ausstellung,
die überdies eine Fülle der Naturstudien enthält, die Bleib-
treu auf den Schlachtfeldern in Frankreich gemacht hat.
Ein geschichtliches Kuriosum ist die Ölskizze zu dem Wand-
gemälde in der Herrscherhalle des Berliner Zeughauses
„Aufruf an mein Volk in Breslau 1813", in der die Origi-
nalkomposition des Künstlers erhalten ist. Das ausgeführte
Gemälde zeigt an Stelle des Generals Blücher den Kaiser
Alexander I. von Russland, den Bleibtreu auf Befehl Kaiser
Wilhelm's I. in dieser Umgebung anbringen musste. Die
Studie zu dieser also veränderten Gruppe ist ebenfalls auf
der Ausstellung zu sehen. — Die Ausstellung von Fritz Gur-
litt, die nach dem Tode ihres Begründers von der Witwe
fortgeführt wird, hat als Hauptwerke ein im Sommer dieses
Jahres gemaltes Bildnis des Fürsten Bismarck von Lenbach,
ein Werk von prachtvoller Energie der Charakteristik, eine
sehr skizzenhaft behandelte holländische Landschaft des
Franzosen Ziem, kleinere Werke von Klinger, Thoma, Stuck,
Liebermann, F. v. Wide, Gabriel Max und Zeichnungen und
Studien von A. Menzel aufzuweisen, die jedoch kein neues
Material zur intimeren Kenntnis dieser Künstler bieten.

*„* Die diesjährige Berliner Kunstausstellung, welche
zum erstenmal von der Akademie und dem Künstlerverein
gemeinsam veranstaltet worden war, hat, wie die Berliner
Blätter melden, einen nicht unbeträchtlichen Überschuss er-
geben, dessen Höhe erst nach Abschluss der Rechnungen
genau bestimmt werden kann. Bei der Verteilung des Rein-
ertrages werden zum erstenmal die neuen Satzungen An-
wendung finden. Zunächst erhalten der Berliner und der
Düsseldorfer Künstlerunterstützungsverein Summen bis zum
Höchstbetrage von 5000 bezw. 2000 M. Die weiteren Über-
schüsse stehen dem Verein Berliner Künstler und der Ge-
nossenschaft der Akademie zu gleichen Teilen zu. Die Hälfte
aber, welche der Akademie gehört, muss auf der nächstfol-
genden Berliner Ausstellung zu Ankäufen von Kunstwerken
verwandt werden.

Wien. Während sich in München das künstlerische
Ringen und Streben nach einer neuen Ausdrucksweise in
Werken aus allen Gauen Deutschlands in lebendigstem
Treiben äußert, begnügen wir uns hier mit der Beschwörung
von Toten. Freilich ist uns diesmal durch den Eifer des
um die Erforschung der österreichischen Barockkunst hoch-
verdienten Reg.-R. Dr. Hg das Werk eines Großen unter
den Größten seiner Zeit fast vollständig zugänglich . ge-
 
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