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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Wurzbach, Alfred von: Der Meister der Liebesgärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0042

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSEN BERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. V. Jahrgang. 1893/94. Nr. 5. 16. November.

Die Kunstchronik erseheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, a 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshand-
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

der meister der liebesgärten. >)

Max Lehrs, dem die Geschichte des Kupferstichs
so manche Aufklärung verdankt, bereichert unsere
mangelhaften Kenntnisse neuerdings durch die helio-
graphische Reproduktion der sämtlichen 17 Blätter
eines höchst seltenen Stechers, den wir nach Passa-
vant's Vorgang gewöhnt sind, als „Meister der Liebes-
gärten" zu bezeichnen. Man darf den Begriff „Meister"
hier nicht zu enge ziehen, aber wenn ein Fabrikant
so kläglicher Marktware, wie der sogenannte „Meister
des Erasmus", dessen dürftige Darstellungen tief
unter dem Niveau dessen stehen, was das beschei-
denste Andachtsbedürfnis gläubigen Volkes befrie-
digen könnte, — auch unter dem Begriffe eines
„Meisters" Platz findet, so kann es allerdings ebenfalls
dem Stecher der „Liebesgärten" erlaubt sein: „Meister"
zu heißen. Weit her ist es mit seiner Meisterschaft
nicht, aber zur Beantwortung irgend einer anderen
Frage kann es immerhin wichtig sein, zu wissen,
wann und wo dieser Stecher gearbeitet hat. Es ist
jedoch nicht so leicht, hier einen sicheren Schluss
zu ziehen; denn namenlose Kopisten haben weder
Vaterland noch Alter, sie nehmen ihre Güter wo
und wann sie dieselben finden, und es ist sehr ge-
wagt, aus dem Vaterlande des Originals auf die
Heimat der Kopie, oder aus dem Alter des Ori-
ginals auf den Zeitpunkt der Thätigkeit des Ko-
pisten schließen zu wollen; es können Jahrhunderte

1) Mar Lehrs, Der Meister der Liebesgärten. Ein Bei-
trag zur fleschichte des iiitesten Kupferstichs in den Nieder-
landen. Mit lu Tafeln in Lichtdruck. Dresden, 1893. I.

zwischen ihnen liegen. Auch dieser Meister der
Liebesgärten ist lediglich Kopist, nur trägt er mit
Vorliebe aus mehreren Originalen zusammen und
täuscht so im ersten Augenblick über seine wirk-
liche Armut.

Lehrs verschwendet die reiche Fülle seines Scharf-
sinns, um seinen „Meister" vor diesem Vorwurf im
vorhinein zu retten und zugleich die Zeit seiner
Thätigkeit bis unter das Jahr 1448 hinabzudrücken,
um mit Einem aus dem Entlelmer einen Meister
und aus dem viel späteren Handwerker einen der
ältesten Stecher der Niederlande zurecht zu machen.
Mit beiden Versuchen hat Lehrs aber diesmal weniger
Glück, als er mit seiner Monographie über den „Band-
rollenmeister" hatte, welche die Kopistenthätigkeit
dieses Stechers vorurteilsfreier würdigte.

Die Frage, ob eine Anzahl Miniaturen eines
„Speculum humanae Salvationis" von Jean Miellot,
welche den Passionsstichen des Meisters der Liebes-
gärten entsprechen, die Originale, und die Stiche die
Kopieen sind, oder ob die Stiche des Meisters der
Liebesgärten die Originale für die Miniaturen ab-
gegeben haben, hat nur insofern einen Wert ent-
scheidend beantwortet zu werden, als die Miniaturen
um 1448 entstanden sind, die Stiche sonach noeb
älter sein müssten, wenn sie in der That die Ori-
ginale der Miniaturen wären! Dies sind sie aber ge-
wiss nicht — und ein Vergleich beider macht hier
jeden Zweifel überflüssig. Wir wollen aber diese
Frage auf einem Uniwege endgültig beantworten.
Konstatiren wir zunächst, dass der St. Antonius (Lehrs
Nr. 12) eine dürftige Kopie ist nach einem- weit
größeren und vollendeteren Blatte der Albertina,
 
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