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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Robert Dohme
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0051

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Robert Dohme f.

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er, nach Berlin zurückgekehrt, mit der Verwaltung
der kgl. Hausbibliothek im Schlosse betraut wurde,
so gefördert worden, dass ihm die Schäden und
Schwächen der damals üblichen Kunstpflege in Wis-
senschaft und Praxis nicht verborgen bleiben konn-
ten. Sein Posten war aber ein verlorener. Die kgl.
Hausbibliothek ist leider nur ein totes Kapital, aus
dem keine neuen Schätze gewonnen werden, und
Dohme litt, trotz des zierlichen, fast koketten Heims,
das er sich in seiner Dienstwohnung, im Flügel an
der Spree, geschaffen hatte, unter dem Druck eines
Amtes, das kein Amt war, weil es keinen Raum zur
Bethätigung einer Manneskraft bot. Er hätte viel-
leicht darin längere Ruhe gefunden, wenn er nicht
seine Gattin nach kurzer Ehe verloren hätte. Er
wollte schon damals unwohnliche Turmgemächer
und ähnliche Räume durch die intime Kunst der
Rokokodekoration zu Schmuckkästchen umwandeln;
aber die Leistungsfähigkeit des modernen Kunst-
gewerbes bot ihm viel Anlass zum Verdruss und
zur Kritik, die freilich immer in humane Formen
gekleidet war. Nur im intimen Kreise brauchte er
Ausdrücke, die den Nagel auf den Kopf trafen, aber
nicht druckfähig sind.

In den Jahren 1874 und 1875 war die stille
Schlosswohnung am Ufer der Spree das Ziel zahl-
reicher Besucher und der Schauplatz emsiger Thä-
tigkeit. Der Verleger der „ Zeitschrift für bildende
Kunst", E. A. Seemann, hatte Dohme zum Heraus-
geber jenes großangelegten Sammelwerkes erkoren,
das unter der Flagge „Kunst und Künstler des Mittel-
alters und der Neuzeit" und „Kunst und Künstler der
ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts" alle ver-
einigt hat, die in dem Zeitraum von 1875—1885
etwas Neues oder Gutes über alte und neue Meister
zu sagen hatten. Das Werk ist, nach vielen Mühen,
die zuletzt auf die Schultern des Verlegers fielen,
glücklich zu Ende gebracht worden. Wenn es nicht
völlig den Erwartungen entsprochen hat, so hat es
doch dazu geführt, dass Dohme eine Anzahl von
Kunstschriftstellern herangezogen und ermuntert hat,
die später der Wissenschaft treu geblieben sind und
ihr manche Dienste geleistet haben. Dohme war selbst
ein thätiger Mitarbeiter, als Redakteur wie als Ver-
fasser selbständiger Studien.

Die Baugeschichte des Berliner Königsschlosses
und die Kunstschätze der königlichen Schlösser
waren in den siebziger Jahren das vornehmste Ziel
seiner kunstwissenschaftlichen Arbeiten. Seine Bau-
geschichte des Berliner Schlosses (1876), die als
Text zu einer großen Sammlung von Lichtdrucken

nach den hervorragendsten Außenteilen und Innen-
räumen des Schlosses im Seemann'schen Verlage er-
schienen ist, bildet noch immer die Grundlage für
die späteren Forschungen, und ebenso hat Dohme
eine sichere Basis für die Kritik der im königlichen
Privatbesitz befindlichen Gemälde Watteau's und
seiner Schule geschaffen, zuerst in einem Aufsatze
der „Zeitschrift für bildende Kunst" (1876), dann in
seiner Biographie Watteau's in „Kunst und Künstler"
und zuletzt in seinen Berichten über die von ihm
und einigen Fachgenossen 1883 veranstaltete Aus-
stellung zu Ehren der silbernen Hochzeit des Kron-
prinzenpaares im ,,Jahrbuch der königlichen Kunst-
sammlungen", dessen Redaktion er von seiner Be-
gründung (1880) bis zu seinem Tode geführt hat.

Zu den königlichen Kunstsammlungen war er
schon 1875 in ein näheres Verhältnis getreten, indem
er zum Direktorialassistenten an der kgl. National-
galerie bestellt wurde. Aber seine Liebe gehörte
doch mehr der alten als der modernen Kunst, über
die er sich nur selten, nur in gelegentlichen Aus-
stellungsberichten, geäußert hat. Was er im Grunde
seines Herzens über sie dachte, war zumeist derartig,
dass er seinen Gedanken nur in engen Kreisen dar-
über Ausdruck gab. Und doch führten ihn die
Wechselfälle des Schicksals gegen Ende seines Le-
bens wieder in enge Berührung mit der modernen
Kunst. — Unter den litterarischen Plänen, die ihn
in den siebziger Jahren beschäftigten, stand auch eine
Geschichte der Baukunst der Barock- und Rokoko-
zeit im Vordergrund, die den Abschluss des großen
Kugler-Burckhardt-Lübke'schen Werkes bilden sollte.
Auf häufigen Studienreisen hatte er ein reiches Ma-
terial gesammelt, und einige Ergebnisse seiner For-
schungen hat er auch in mehreren, in der „Zeitschrift
für bildende Kunst" veröffentlichten Aufsätzen nie-
dergelegt, die Zeugnisse seiner feinsinnigen Stilkritik
und seines durchaus selbständigen Urteils sind.
Aber die Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit, mit
denen er alles betrieb, was er in Angriff nahm,
ließen ihn zu keinem Abschluss kommen. Er war
einsichtig genug, zu erkennen, dass seine und andrer
Forschungen noch nicht so weit gediehen waren,
dass der ungeheure Stoff in einer seine Ansprüche
befriedigenden Art gestaltet werden könnte, und er
überließ die Ausführung der Arbeit darum einer
anderen Hand.

Nachdem Dohme 1883 in seiner Stellung an der
Nationalgalerie den Titel Direktor erhalten hatte,
wurde 1884 für ihn ein neues Amt geschaffen, das
eines Kustos der Kunstsammlungen des königlichen
 
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