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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Stiassny, Robert: Baldung-Studien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0080

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141

Baidung- Studien. — Bücherschau.

142

ein Lieblingstypus Baldung's, kehrt in dem groß-
artigen Johannesholzschnitte B. 31 und der Stand-
figur des Heiligen auf der Rückseite des rechten
Außenflügels des Freiburger Altars wieder.

Zu unvergleichlich größerer Leichtigkeit und
Freiheit in der Handhabung der Technik ist Bai-
dung in zwei weiteren Helldunkelblättern der Stutt-
garter Sammlung durchgedrungen, gleichsinnigen
Visirungen zum „Tode Mariae" und der „Trennung
der Apostel", dem Vorder- und Rückseitenbilde des
Altarblattes in S. Maria auf dem Kapitol zu Köln
(rötlichbraun grundirtes Papier; 40 x 31 cm). Wie-
derum ist die Übereinstimmung mit dem ausgeführ-
ten Gemälde nahezu vollständig — eine um so auf-
fälligere Erscheinung, als die „Trennung der Apostel"
im Entwürfe 1516, auf dem Bilde 1521 datirt ist.
Im „Tode Mariae" (Lichtdruck nach dem Gemälde
in der „Zeitschr. f. christl. Kunst" V, 135) begegnet
uns unter den physiognomisch einander zum Teil
stark verwandten Apostelköpfen ein feistes Gesicht
mit Hakennase und Doppelkinn, das wir auch auf einer
in der Baseler Kunstsammlung ausgestellten Kreide-
zeichnung gleichen Gegenstandes (Nr. 37), sowie in
einem freilich kaum eigenhändigen Studienkopfe in Bd.
U 6,46 antreffen. In der Divisio apostolorum wirkt be-
sonders anziehend die poesievolle Mittelgebirgsland-
schaft mit dem von einer mächtigen Eiche über-
schatteten Brunnenbecken im Vordergrunde, um das
sich vier der Jünger zum Abschiedstrunk niederge-
lassen haben, während die übrigen im Begriffe sind,
die Wanderschaft anzutreten. Beide Blätter stehen
technisch auf der Höhe der Meisterschaft, welche
die Freiburger Zeit Baldung's kennzeichnet. Die Ab-
hebung und Rundung der Formen, die Vertiefung
des Raumes ist bei sparsamster Binnenzeichnung
mit Pinsel und Tusche fast ausschließlich durch die
in Deckweiß aufgesetzten Lichter besorgt: der
Künstler arbeitet mit Tönen, nicht mehr mit Strichen.

Nicht die gleiche Vollendung lässt sich einer,
allerdings noch den ersten Jahren des Freiburger
Aufenthaltes entstammenden Zeichnung in der Baseler
Kunstsammlung nachrühmen, die aber hervorragende
Wichtigkeit durch den Umstand gewinnt, dass sie den
Baldung'schen Ursprung zweier in jüngster Zeit viel-
umstrittener Bilder unzweifelhaft darthut. Es ist
die in Bd. U 8, 8 eingeklebte Federstudie einer Be-
weinung Christi (32,5 x 22,5 cm), welche neben dem
Datum 1513 das vierpassförmige Zeichen trägt, dessen
sich Baidung auf Baseler und Karlsruher Blättern
wiederholt als Signatur bedient. Das Blatt ist die
gleichsinnige Vorzeichnung zu einem Bilde der

Sammlung Vintler in Bruneck (Pusterthal, Tirol),
welches mit seinem Gegenstücke, einer 1513 datir-
ten, mit einem gefälschten Dürer-Monogramme ver-
sehenen hl. Familie (Lithographie von Mich. Kochler)
im verwichenen Sommer auf der Innsbrucker Landes-
ausstellung zu sehen war (Katalog d. Histor. Abtei-
lung Nr. 527 und 528). Beide, von G. Dahlke in
den Mitteilungen der k. k. Centrai-Kommission N. F. VI,
S. LXVI zuerst als Altdorfer besprochenen Gemälde
(Phot. von Kofier in Bruneck) weisen mit beglaubigten
Werken Baldung's aus der nämlichen Zeit —■ die
Beweinung speziell mit der Berliner Kreuzigung von
1512 und einem Schmerzensmann von 1513 bei Prof.
M. Rosenberg in Karlsruhe — so viele Vergleichungs-
punkte auf, dass ich bereits vor Jahren trotz weit-
gehender Ubermalung einzelner Partieen in beiden
Stücken echte Baidungs erkannte. Unabhängig von
mir hat M. Friedländer in seiner Altdorferbiographie
(S. 143) die nämliche Ansicht geäußert, der Janit-
schek im Repertorium für Kunstwiss. XVI, 123 ff.
grundlos entgegentrat. Die Typen des Baseler Blattes
— nur der Johanniskopf ist ein anderer als auf
dem Bilde — sind nun so entschieden Grienisch,
dass es ungeachtet seiner harten, ja plumpen Be-
handlung — die Umrisse mögen übrigens von frem-
der Hand nachgezogen worden sein — als Original-
entwurf angesprochen werden muss. Nur als Kopie
hingegen kann eine weiß gehöhte Federzeichnung
auf grün grundirtem Papier — schon dieser Grund-
ton spricht gegen Baidung — mit der Komposition
der hl. Familie bei Vintler gelten, welche im Ber-
liner Kupferstichkabinett unter Burgkmair liegt
(Nr. 2652).

Anfang November 1893.

BÜCHERSCHAU.

Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen. Heft 10.
Der Kreis Calbe. Unter Mitwirkung von Gustav Hertel
bearbeitet von Gustav Sommer. Halle a. S., Otto Hendel,
1885. 94 S. Mk. 2.50. - Heft 11. Die Stadt Nord-
hausen. Bearbeitet von Dr. Julius Schmidt. Ebd. 1888.
240 S. Mk. 7.—. — Heft 12. Kreis Grafschaft Hohen-
stein. Bearbeitet von Dr. Julius Schmidt. Ebd. 1889.
191 S. Mk. 7.—.

Es ist ersichtlich der Geist Otte's, des unvergesslichen
' Erforschers und Kenners christlicher Kunstarchäologie, der
auch nach seinem Tode noch in dem Grabdenkmäler-Inven-
tar der Provinz Sachsen waltet. Hatte er einst als Mitglied
der Historischen Kommission dieses reichgesegneten deutschen
Landesteiles angehört und bestimmend auf die Art und
auf das Programm ihrer kunstwissenschaftlichen Veröffent-
lichungen eingewirkt, so finden wir noch jetzt die ßlocken-
, künde, eine Lieblingsbeschäftigung des Dahingeschiedenen,
 
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