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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Böck, Rudolf: Die Jubiläumsausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0088

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Büohei'schau.

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nahmen nach Abgüssen etc. an. Leider ganz ver-
niissten wir die Zeichnungen anatomischer Präparate,
wie denn überhaupt bei uns in Wien dieser Disziplin
viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Segen-
bringend für unsere studirende Jugend könnte nur
der Unterricht eines tüchtigen Künstlers sein, der
in praktischer Weise selbst das Gebiet beherrscht
und die Bedürfnisse des künftigen Künstlers kenut;
— nicht der Gelehrte, der Künstler ist für den
Kunstjünger der richtige Lehrer. Der fertige Künstler
nur mag sich bei jenem Rat holen.

Noch müssen wir zum Schlüsse, um die Methode
der Schule ganz zu beleuchten, eines Lehrers ge-
denken, dessen Einfluss von der größten Bedeutung
für die Jugend einer Kunstschule ist: des Docenten
für Kunstgeschichte, und in dieser Beziehung steht
Wien an jedem Institute wohl sehr gut, ja glänzend
versorgt da. Recht vorteilhaft finden wir es, auch
im Interesse allgemeiner Bildung, dass an der hier
besprochenen Anstalt für die Besucher der Vor-
bereitungskurse der Zwang besteht, die kunsthisto-
rischen Vorträge des Professors Dr. Leisching zu
besuchen. Man muss einen der öffentlichen Vorträge
dieses Lehrers im Museum gehört haben, um sofort
von der bedeutenden geistigen Förderung überzeugt
zu sein, deren die Schüler hier sicher sind. Möge
er im Interesse seiner Hörer denselben noch recht
lange erhalten bleiben!

So haben wir denn Ausstellung und Methode
der Wiener Kunstgewerbeschule, eine durch die
andere kennen gelernt. — Wir begreifen nach den
erzielten Resultaten die Inscenirung eines größeren
Festes nach relativ geringer Zeit und finden in den
Auszeichnungen der leitenden Persönlichkeiten, be-
sonders der schon an der Gründung des Instituts
beteiligt gewesenen Hofräte J. von Falke und
J. Storck, zweier Männer von den größten Ver-
diensten , nur eine erfreuliche Ehrung der Schule
selbst und ihres rührigen und sorgsamen Kuratoriums.
Wir möchten — indem wir jedem das Beste wün-
schen — nur noch den ganz speziellen Wunsch hier
anschließen, dass, wenn nach wieder fünfundzwanzig
Jahren sich die Feier erneuert, alle Wunden, an
denen unser Kunstunterricht krankt, geheilt sein
mögen, so dass unsere Nachkommen nicht halb
schmerzlich, halb freudig, sondern nur gehobenen
Herzens auch an anderen Schulen durch die Aus-
stellungshallen gehen und jeder sagen kann: Wohl
mir, dass ich ein Epigone bin!

Wien. RUDOLF BOCK.

BÜCHERSGHAU.

Die schweizerische Malerei im 16. Jahrhundert
diesseits der Alpen und unter Berücksichtigung
der Glasmalerei, des Formschnittes und des Kupfer-
stiches von Dr. Berthold Haendeke, Privatdozent der
Kunstgeschichte an der Universität Bern. Mit
8 Textillustrationen und 30 Tafeln. 8°. Aarau,
Druck und Verlag von H. R.Sauerländer & Co., 1 S9li.
Der Ausbau der schweizerischen Kunstgeschichte
ist noch unvollendet. Zur Schilderung der späteren
Entwickelung sind nur Vorarbeiten vorhanden, aller-
dings in großer Zahl über alle Zweige der Kunst;
insbesondere haben Malerei und zeichnende Künste
eine vielseitige Behandlung gefunden. Das reich-
lich Vorhandene mit den Ergebnissen eigener For-
schung zum einheitlichen Bilde zu verarbeiten, war
somit lohnend genug.

Diese Aufgabe hat sich Dr. Berthold Hamdeke,
Privatdozent der Kunstgeschichte an der Universität
Bern, gestellt, nachdem schon mehrere Einzelstudien
als Belege seines Interesses für die schweizerische
Kunstgeschichte, insbesondere der Renaissancezeit, er-
schienen waren. Ihre Lösung ist keine leichte ge-
wesen. Sie setzte eine weite Umschau über zer-
streute Denkmäler und Schriftquellen voraus. Was
ferner die Schilderung des mittelalterlichen Nach-
lasses in der Schweiz so anziehend, aber auch mühe-
voll macht, die Sichtung der Einflüsse, die sich von
hüben und drüben auf einem kleinen Gebiete be-
gegnen und kreuzen, das gilt in demselben Maße
von dem Abschnitt über die Renaissance.

Schwer ist es schon darum, mit großen Zügen
zu zeichnen. Es kommt aber noch ein weiteres
dazu. Die Schweiz ist niemals eine Heimat der
Kunst in monumentalem Stile gewesen. Es fehlten
die großen Mittelpunkte des geistigen, kirchlichen
und politischen Lebens, wo die Künstler namhafte
Aufträge oder auch nur ein lohnendes Auskommen
gefunden haben würden. Ein allgemeiner Wohlstand
und die Handelsblüte einzelner Städte haben sich
erst später entwickelt. Diese letztere speziell zu
einer Zeit, wo die Höhe der Kunst überstiegen war.

So wird es erklärlich, dass nirgends die Ent-
wickelung fester Schulen sich verfolgen lässt; selbst
Holbein ist nicht im stände gewesen, eine solche zu
begründen. Man versteht ferner, dass unter solchen
Bedingungen auch keine Werke großen Stils ent-
standen. Nicht ein Bau ist seit dem Beginne des
neuen Zeitalters errichtet worden, welcher die Blicke
des ganzen Volkes auf sich gezogen hätte, kein
 
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