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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

DOI Artikel:
Hirth, Herbert: Die Frühjahrsausstellung der Münchener Sezessionisten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0190

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL VON LUTZOW und DR A. ROSENBERG

WIEN
Heugasse 58.

BERLIN SW.
Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. V. Jahrgang.

1893/94.

Nr. 23. 26. April.

Die Kuustchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet H Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung, keine Gewahr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasensteiii & Vogler, Kud. Mosse u. s.w. an.

DIE FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG
DER MÜNCHENER SEZESSIONISTEN.

von HERBERT HIRTII.
Man konnte auf diese Ausstellung gespannt sein.
Den Erfolg der ersten, vorjährigen Sezessionisten-
ausstellung hätte man folgendermaßen erklären
können: sie war in der ersten, frischen Begeisterimg
geschaffen, das Unternehmen war noch neu, und
wenn auch gleichzeitig die Berliner Ausstellung be-
schickt wurde, so behielt man doch die besten Sachen
für den Münchener Triumph zurück. Der Reiz der
Neuheit ist seitdem geschwunden, und ein Teil der
prinzipiellen, oppositionellen Bedeutung des Vereins
dadurch hinfällig geworden, dass viele ihn anerkennen,
die es vordem zu überzeugen galt; selbst der Gegen-
vereiu, die Künstlergenossenschaft, hat ihre Statuten
ganz im Sinne der von den Sezessionisten vertre-
tenen Prinzipien revidirt. Schadenfrohe glaubten in
dem Austritt einiger unzufriedener Mitglieder ein
Zeichen des beginnenden Zerfalls erblicken zu dürfen.
Die angekündigte Frühjahrsausstellung musste daher,
wenn sie gut ausfiel, die Lebensfähigkeit der Vereins
und seines Strebens beweisen. Sie ist gelungen. Es
ist eine kleine, aber feine Ausstellung geworden.
Gegen die vorige gehalten, zeigt sie dieselbe künst-
lerische Höhe, aber mehr Gleichmäßigkeit. Das
Durchschnittsniveau ist gewachsen. Auswüchse linden
sich weniger, die Härten haben sich gemildert; in
ruhigere, geschmackvollere Bahnen ist die Bewegung
gelangt, die auch in jugendlichen Übertreibungen die
ihr innewohnenden Kräfte bewies. Im Gegensatz da-
zu haben sich auch solche, die voriges Mal sich noch

schüchtern zurückhielten, mit ihrer Eigenart freier
und offener hervorgewagt. Dabei ist die Vielseitig-
keit der Bestrebungen und der ideale Standpunkt,
einfach Kunst geben zu wollen, ohne Beschränkung
auf ein bestimmtes Programm, der gleiche geblieben ;
bei einer parteimäßigen Vereinigung hätte die Mög-
lichkeit des Gegenteils ja nahe gelegen, wie man
auch hier und da zu hören bekam, diese oder jene
Richtung werde an maßgebender Stelle im Vereine
bevorzugt. Das war zum Glück nicht wahr. Dass
aber nach verhältnismäßig so kurzer Zeit die Sezessio-
nisten, lediglich aus eigenen Kräften, eine so reich-
haltige, vielseitige und künstlerisch so hochstehende
Ausstellung schaffen konnten, lässt nicht daran glau-
ben, dass sie ihre Rolle schon ausgespielt haben
sollten. Sie werden wohl, sei es in der jetzigen oder
in anderer Form, vorderhand die Führenden, Ton-
angebenden in der deutschen Kunst bleiben und
durch ihre Empfänglichkeit auch diejenigen, welche
neue und fremde Bestrebungen und Errungenschaften,
soweit sie auch unserer Kunst zu gute kommen
können, zuerst uns übermitteln.

Denn sie lassen nichts unversucht vorbeigehen,
das sich in der modernen Kunst irgendwo regt: alle
technischen Probleme greifen sie auf, alle Ausdrucks-
nuancen suchen sie sich zu eigen zu machen. Man
hat diesen Zug der jungen Münchener vielfach ihnen
zum Vorwurf gemacht, als ein Kokettiren mit dem
Neuesten. Ob mit Recht oder mit Unrecht: jeden-
falls zeugt er von offenen Sinnen und Unterneh-
mungsgeist und verleiht ihren Ausstellungen als Ge-
samtbildern der modernsten Kunst besonderes Inter-
esse. Aber sie haben doch ihre Lieblingsneigungen.
 
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