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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Rosenberg, Adolf: Die grosse Berliner Kunstausstellung, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0269

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519

Bücherschaii. — Nekrologe.

520

Gemeinde auch als ebenso seltsameu Radirer be-
wundern können. ADOLF IWSENBERG.

BÜCHERSCHAU.

Untersuchungen über das gleichseitige Dreieck
als Norm gotischer Bauproportionen. Von Prof.
Dr. G. Dchio. Mit 24 Figuren. Stuttgart, Cotta, 1894.
24 S. 4".

Der Verfasser, einer der gründlichsten Kenner der alt-
christlichen und mittelalterlichen Baukunst, nimmt in dieser
kleinen gehaltvollen Schrift einen Gegenstand wieder auf,
der lange vernachlässigt und „recht eigentlich in Verruf
gekommen ist": die Frage nach gewissen Grundzahlen und
(! rundmaßen in der gotischen Baukunst. Aufmerksam ge-
macht durch die schon von Boisseree beigebrachte Figur des
Mailänder Doms in der italienischen Vitruvühersetzung des
Cesare Cesariano (v. J. 1521), welche den Querschnitt und
Aufriss des Doms in ein aus gleichseitigen Dreiecken gebil-
detes Gradnetz eingezeichnet darstellt, und durch ein ähn-
liches Verfahren hei Viollet-le-Duc (Entretiens, IX), welches
für S. Sernin in Toulouse und die Ste. Chapelle in Paris zu
übereinstimmenden Ergebnissen führte, kam Dehio auf den
Gedanken, in der Figur des gleichseitigen Dreiecks die Norm
der gotischen Bauproportionen zu suchen. Um die gestellte
Frage in wissenschaftlich befriedigender Weise beantworten
zu können, waren vor allem diejenigen Schöpfungen der
Gotik, welche allgemein als mustergültig betrachtet werden,
auf ihr Verhalten der Norm gegenüber genau zu prüfen.
Der Verfasser führt uns demnach die Kathedralen von
Chartres, Rheims, Amiens, Beauvais und Köln im Quer-
schnitt, Längenschnitt und Grundriss vor Augen und erläutert
durch rot eingezeichnete Linien sowie durch kurze Text-
worte die an ihnen beobachteten Thatsachen. Das Ergeb-
nis ist, dass es für die klassischen Meister der Gotik in der
That eine feste Proportionsregel gegeben hat, deren Grund-
element das aus der Breite gebildete gleichseitige Dreieck
war. Die lichte Weite des Mittelschiffs, von Pfeiler zu
Pfeiler, als Grundmaß angenommen, ergiebt z. B. bei der
Kathedrale von Rheims ein haarscharf bestimmtes Verhält-
nis zwischen der Höhe des Innern und der lichten Weite
des Mittelschiffs. Konstruirt man über der letzteren ein
gleichschenkliges Dreieck, so reicht die dreieinhalbfache Per-
pendikelhöhe desselben genau bis zum Scheitel des Gurt-
bogens des Mittelschiffes, und ganz das nämliche Verhältnis
zeigen die Seitenschiffe. In den Kathedralen von Beauvais
und Köln ist das Verhältnis =1:4. „Ist (also) auch die
Höhenproportion mit der Breite verglichen (natürlich) nicht
immer dieselbe, so ist sie doch immer das Multiplikations-
produkt aus einer ständigen Verhältniseinheit." Und zu
demselben Ergebnis führen die Betrachtungen des Längen-
schnitts und des Grundrisses der nämlichen Kathedralen.
In Rheims entspricht die Höhe genau zwei übereinander-
gestellten gleichseitigen Dreiecken, die auf der Basis von
drei Jochweiten konstruirt sind. In Amiens und in Beau-
vais wird die Arkadenöffnung ausgefüllt von vier über der
lichten Weite der Arkaden konstruirten gleichseitigen Drei-
ecken. In Köln ist die Methode von Rheims mit der von
Amiens kombinirt. Die Grundrisse zeigen eine analoge An-
wendung des Triangulationsschemas. — Zur Untersuchung
nun des Ursprunges dieser Proportionsregel betritt der Ver-
fasser den historischen Weg und findet, dass die Triangu-
latur eine nach und nach entwickelte Schulüberlieferung
war, deren Bestand sich schon in französischen Bauten aus

der zweiten Hälfte des 10. und der ersten Hälfte des 11. Jahr-
hunderts nachweisen lässt. Bei der Hallenkirche S. Martin
d'Ainay bei Lyon und bei der Vorkirche von S. Philibert
zu Tournus bildet das gleichseitige Dreieck das Schema des
Aufbaues und in S. Sernin zu Toulouse beherrscht die Tri-
angulatur auch das System des Längenschnittes. Dieselbe
war auch der französischen Frühgotik wohlbekannt. Zum
obligatorischen und konsequenten System wurde sie in der
Kathedrale von Chartres. — Auch außerfranzösische Gebiete
werden von dem Verfasser beiläufig in Betracht gezogen
und beispielsweise die Klosterkirche von Limburg a. d. H.
und der Dom von Siena als merkwürdige Belege für das
System vorgeführt. Die Spätgotik (vom 14. Jahrhundert an)
zeigt ein allmähliches Abkommen der Triangulatur, wahr-
scheinlich weil die Empfindung für die „feineren Werte der
Raumproportion" sich damals abstumpfte. Vielleicht aber
auch mit aus einem technischen Grunde, den uns die Be-
merkungen des Verfassers über das Planzeichnen der mittel-
alterlichen Architekten an die Hand geben. Von Bauplänen
aus der Blütezeit der Gotik ist uns bekanntlich „nicht der
kleinste übrig geblieben". Vielleicht — wir möchten sogar
sagen — höchst wahrscheinlich hat es gar keine gegeben
und „man begnügte sich mit bloßen Handskizzen". Unter
solchen Umständen „ist der Vorteil der Triangulatur ein-
leuchtend". Sie gewährte einen „im Gebäude selbst liegen-
den Maßstab", kraft dessen „man schon aus der Skizze die
richtigen Maße entnehmen konnte". Nachdem das Plan-
zeichnen aufgekommen war, was in der Spätgotik sich durch
die erhaltenen Risse beweisen lässt, kam das Triangulären
außer Gebrauch; an die Stelle der mathematischen Operation
trat das freie Komponiren, das dem gelockerten Sinn für
Proportionsschönheit besser entsprach als die strenge Norm.
Die Schrift Dehio's giebt mannigfachen Anstoß zur weiteren
Verfolgung des bedeutsamen Grundgedankens. Eine Kon-
sequenz desselben — nämlich die ■ für das Gebiet der an-
tiken Baukunst — wird der Verfasser selbst demnächst in
unserer Zeitschrift ziehen. . c. v. L.

NEKROLOGE.

*„* Der Straßburger Dombaumeister Franz Schnitt..
ein Zögling der Kölner Dombauhütte, ist am 9. August in
Baden-Baden im Alter von 02 Jahren gestorben.

*„* Der in Berlin ansässige Bildhauer Matthias Vorder-
mager ist am 8. August in seiner Heimat Holzkirchen in
Oberbayern in noch jugendlichem Alter gestorben. Er war
auf dem Gebiete der Porträt- und Idealplastik thätig und
pflegte daneben die Holzbildhauerei großen Stils, in der er
sich schon in seiner bayerischen Heimat geübt hatte. Eines
seiner Hauptwerke dieser Gattung ist die Figur einer Jung-,
frau in der Tracht der deutschen Renaissance mit Spindel
und Rocken, die Personifikation des häuslichen Fleißes.

*„,* Der Archäologe Professor Heinrich Brunn ist am
23. Juli bei Schliersee im 73. Lebensjahre gestorben.

-:- Zu Mannheim starb am 21. Juli 1894 der Direktor der
dortigen großherzoglichen Bildergalerie Carl Ttoux im Alter
von 08 Jahren an Typhus. Roux begann als Schüler Hübner's
mit dem Historienbilde, ging dann zum Genre über und
widmete sich schließlich mit Glück dem Tierstücke, dem er
seinen Ruf verdankt.

-:- In Paris starb der Maler Alfred Bramtot im Alter
von 42 Jahren. Er war Bouguereau's Schüler und erhielt
(außer 1879) noch im Jahre 1885 einen Salonpreis für das
Bild „Abschied des jungen Tobias". — Der Bildhauer
Jean Caries starb ebendaselbst im Alter von kaum 38 Jah-
 
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