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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Petzold, Bruno: Die Ausstellung von Werken Leipziger Künstler im Leipziger Kunstverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0011

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Die Ausstellung von Werken Leipziger Künstler im Leipziger Kunstverein.

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Begabung dieser Baumeister in der Ausstellung ver-
treten sind. An hervorragendem Platze nennen wir
hier Arwed Rossbach, den Schöpfer der Universitäts-
bibliothek zu Leipzig und des Amtsgerichtes zu
Dresden, welcher unter anderem eine Zeichnung des
im Verein mit Gh. Kösser entworfenen und mit dem
ersten Preise bedachten Rathauses für Elberfeld
ausgestellt hat; ferner 0. Weidenbach, den Erbauer
der Lukaskirche zu Dresden, vorzüglich vertreten
durch vier Projekte für die Umgestaltung der alten
Paulinerkirche am Leipziger Augustusplatze. A. Käp-
pler's mit dem ersten Preise ausgezeichneter Kon-
kurrenz-Entwurf zur evangelischen Kirche in Düssel-
dorf, nugo LicMs im Rundbogen-Stil gehaltenes
Konkurrenz-Projekt für die evangelischen Kirche zu
Pforzheim und Julius Zeissig's Kirchenbauten

ver-

en eine sorgsame Beachtung, ebenso wie die

dien

Zeichnungen schöner Landhäuser von FHtX Drechsler,
Max Pommer, Reinhard Lange und vorzüglich von
Bruno Eelbo, dessen poetische Auffassungsart, plas-
tische Darstellungsfähigkeit und vollendete Beherr-
schung der Perspektive auch in seinen Aquarellen
antiker Bauwerke zur künstlerischen Geltung
kommen.

Im Portrait und Genre entfaltet A. Klamroth einen
kraftvollen und freien Stil, wenn er auch in Wahl
und Zusammenstellung der Farben von einer ge-
wissen Effekthascherei zuweilen nicht ganz frei zu
sprechen ist. Mit feinem Gefühl und zarter Sinnig-
keit verbindet eine von ausgezeichneter Technik
unterstützte markante Pinselführung Julie Schily-
Koppers, deren Parkidyll und die Verherrlichung der
Mutterliebe, ebenso wie das Bild des hallischen
Univ. Prof. Dr. Theodor Lindner zu den besten
Stücken der Ausstellung gehören. Auch IL Hcubner,
Philippine Wolff-Arndt, Anna Langerhans, Martin
Lämmel, Gertrud Meißner, Bertha Meißner und Isidore
Langnick haben im Portrait manches Anerkennens-
werte geleistet. Raffaele Carloforli erinnert in seinen
farbenprächtigen, typischen, mit aller Lust und Freu-
digkeit des Südens gemalten Aquarellschilderungen
des venezianischen Volkslebens an Leopold Robert,
wenn ihm auch dessen bedeutsame üarstellungs-
fähigkeit und klassische Zeichnung abgeht. Brynolf
Wenneberg'e „Träumerei* wurde ihrer violetten Far-
bentöne wegen von der Kritik für „höchst originell"
erklärt; wir können sie in ihren hoffentlich bald für
erschöpft betrachteten Kontrasten von intensivem
Grün und Blau nur als höchst manierirt bezeichnen.
Ein zweites Bild desselben Malers .Ertappt" macht
wohl kaum auf ernsthafte Beurteilung Anspruch;

dasselbe zeigt, ganz abgesehen von dem einem Tin-
geltangelmotiv vielleicht angemessenen schreienden
Farben, wie von der charakterlosen Zeichnung und
dem verschwommenen Kolorit, eine so schwächliche,
eines Künstlers nicht würdige Darstellungsart, dass
man fast eine Apotheose des Niedrigen in dem
Bilde zu erblicken glaubt. Sittenschilderer müssen
ein so geniales Werkzeug führen, wie es die Feder
eines Zola ist, oder ihre Hände ganz von einem
Stoffe lassen, den zu meistern und zu formen sie
nicht im stände sind. Aug. Kümicke's Genrebild
scheint in eine Dunst- und Nebelatuiosphäre ge-
taucht zu sein; auch hier wieder das leidige Streben,
durch Unbestimmtheit und Zweifelhaftigkeit auf
billige Art originell zu sein, anstatt sich durch das
mühevollere Studium der Natur und der Klassiker
zur Klarheit und Idealität der Auffassung heranbil-
den zu wollen. Als die Perlen der bildlichen Dar-
stellungen bezeichnen wir Max Klingcr's Radirungen.
Die Tiefe der Auffassung und Bedeutsamkeit der
Darstellung sind darin ebenso zu bewundern, wie
die architektonische Schönheit der Gruppirnngen
und die großartige Plastik der Formen. In dem
Reigentanze nackter Jünglinge und Jungfrauen ist
mit den wenigsten und einfachsten Symbolen das
Meiste und Bedeutendste ausgesprochen; welche Be-
wegung in jedem einzelnen, welche Würde trotz
überschäumender Lust! Hier sind nicht nur Schön-
heiten des Auges, hier sind Schönheiten der Ver-
nunft. Wenn der Künstler aber nur nicht so oft
seiner Phantasie die Zügel schießen ließe, wenn nur
nicht noch so viele wilde Ranken dem lebenskräftigen
Stamm seiner Genialität so viel Kraft entzögen! Die
wahrhaft meisterlichen Radirungen des jüngst ver-
storbenen L. A. Krausse, vorzüglich sein Kupferstich
von Calames' „Eichen im Sturm" leiten uns zur
Landschaftsmalerei hinüber.

Die deutsche Tiefebene hat in Erwin Spindler,
Hugo Müller-Mohr und Otto Leu anerkennenswerte
Darsteller gefunden, wenn auch des letzteren Abend-
stimmung am Weiher etwas von moderner Gelb-
süchtelei angekränkelt ist; denselben Vorwurf müssen
wir im verstärkten Maße gegen Ernst Kiesling's Früh-
lingslandschaft erheben, während seine Tuschzeich-
nungen und Aquarelle gar nicht übel sind. Die
Mittelmeerlandschaften sind durch Otto Förstcrüng
vertreten, dessen maß- und verständnisvoller Be-
handlung der übrigen Motive wir es gern glauben,
dass sein „Waldsee" nur eine augenblickliche Ge-
schmacksverirrung ist; prononcirtestes Grün, Blau,
Weiß und am Ende noch Rot, im heftigen Streit
 
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