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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Stiassny, Robert: Baldung-Studien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0055
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. VI. Jahrgang.

1894/95.

Nr. 7. 29. November.

Die Kunstclironik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
•Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Knnstcbronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, ßud. Mosse u. s. w. an.

BALDUNG-STUDIEN.

von HO BEUT STIASSNY.
11. >)
Gemälde.

In der ersten Hälfte des Jahres 1511 hatte
Baidung seinen Wohnsitz in Freiburg genommen,
von wo er erst im Frühjahr 1517 nach Straßburg
zurückkehrte. Der Ausbau des Münsterchores, dessen
Weihe 1513 erfolgte, brachte damals in die alte
Hauptstadt des Breisgaues eine lebhafte künstlerische
Bewegung, deren Mittelpunkt Baidung alsbald ge-
worden zu sein scheint. Das kraftvolle, durch die
aufblühende Universität und ihren Humanistenkreis
auch geistig angeregte Leben, das ihn umgab, weckte
und steigerte hinwieder das schöpferische Vermögen
des Meisters, dessen reichste Ernten auf allen Ge-
bieten seiner malerischen Thätigkeit in jenes Lustrum
fallen. Um den Hochaltar, an dessen Ausführung
Gehilfenhände allerdings einen namhaften, erst noch
näher zu erweisenden Anteil haben, gruppirt sich
eine erstaunliche Fülle anderer Werke: Kirchen-
bilder, Porträts, Holzschnitte, Zeichnungen, Ent-
würfe für Gegenstände des Kirchenschmucks. In
den ersten anderthalb Jahren seines Aufenthaltes
dürfte freilich der Stand des Chorbaues den Arbeiten
für den Hochaltar selbst einen langsamen Schritt
geboten haben, wenn sie überhaupt bereits in An-
griff genommen werden konnten. Denn nach der
Einsetzung des Gewölbes im Jahre 1510 verstrichen

1) Raummangels halber verspätet. — Siehe Kunstchronik,
N. h'. V, Nr. 0, 8p. 137 ft'.

noch drei Jahre bis zur Consekration und ein
weiteres viertes bis zur Eröffnung des Gottesdienstes
im neuen Bau. Thatsächlich datirt die früheste
vorbereitende Studie für den Altar, die Gottvater-
Zeichnung in Basel, von 1513 und in eben dem-
selben Jahre „Fritag nach Hilarii" (14. Januar)
kommt Baldung's Name zum erstennmale in den
Hüttenrechnungen vor.

Auf die persönlichen Beziehungen, die Baidung
schon in Straßburg zu Freiburg unterhalten hatte
und denen er vermutlich die Berufung mit ver-
dankt, wirft ein interessantes Streiflicht ein Bild-
chen, das in der Baseler Kunstsammlung als Schäu-
felein hängt und die Dreifaltiglceit zwischen

der Schmerzensmutter und St. Aegydius darstellt
(Nr. 31). Schon U. Thieme (H. L. Schäufeleins
malerische Thätigkeit, Leipzig 1892, S. 147) hat die
gegenwärtige Bestimmung des Gemäldes angefochten
und auf die Reste der echten Bezeichnung Baldung's
verwiesen, die zwischen zwei gefälschten Mono-
grammen Schäufelein's zu Tage stehen. Die Tafel
bedarf indes nicht erst dieser äußerlichen Beglau-
bigung. Die Typen Maria's und Christi — dieser
kehrt völlig übereinstimmend auf dem Holzschnitt,
Eisenmann 15 von 1511 wieder —, die Zeichnung
der Hände, das Ohr St. Aegyds, die Haar- und
Faltenbehandlung genügen, um die Urheberschaft
Baldung's außer allem Zweifel zu setzen. Das in
pastosen Deckfarben etwas skizzenhaft hingestrichene
Bild zählt zu den schwächeren Gelegenheitsarbeiten
des Künstlers, verdient aber der bisher unerkannt
gebliebenen Person des Bestellers wegen Beachtung.
Das „redende" Wappen im Vordergrunde links
 
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