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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Lier, Hermann Arthur: Korrespondenz Dresden, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0083

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Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

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auch für alle übrigen schottischen Landschaftsmaler
ist das Glaubensbekenntnis maßgebend, das Paterson
in die folgenden Worte zusammengefasst hat:
„Kunst ist nicht Nachahmung, sondern Auslegung.
Sicherlich muss man malen, was man sieht, ob das
Ergebnis aber Kunst ist, hängt davon &h,was man sieht.
Das ehrfurchtsvolle Studium der Natur durch ein
ganzes Menschenleben wird noch keinen Künstler
machen. Kunst ist nicht Natur, sondern mehr als
Natur. Ein Bild kein Fetzen Natur, sondern Natur
widergespiegelt, kolorirt, ausgelegt von einer mensch-
lichen Seele und einem eindringenden, nicht nur
passiven Gefühl für die Natur. Das sogenannte de-
korative Element ist eine wesentliche Eigenschaft
jedes wirklichen Kunstwerkes. Formen, Töne und
Farben müssen wohlthuend auf das gebildete mensch-
liche Auge wirken, und nur, soweit die Natur dem
Künstler derartige Elemente in die Hand giebt, kann
er ihr folgen. Daher kommt es, dass fast in allen
großen Denkmalen der Landschaftsmalerei ein be-
deutendes Abweichen von den wirklichen Naturthat-
sachen zu beobachten ist, ein absichtliches und not-
wendiges Abweichen, kein zufälliges und fehler-
mäßiges." H. A. LIEB.

PERSONALNACHRICHTEN.

* Dr. R. Sehmid in Aachen wurde zum ordentlichen
Professor der Kunstgeschichte an der dortigen Technischen
Hochschule ernannt.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Düsseldorf. — Die Ausstellung des akademischen Vereins
„Laetitia" in der Kunsthalle. Dezember. Die „Laetitia" ist
eine kleine Vereinigung, die nicht in erster Linie künst-
lerische , sondern gesellige Ziele verfolgt. Man darf also
nicht einen zu hohen Maßstab an sie legten. Unter diesem
Gesichtspunkte gewährt sie eine große Befriedigung, weil
viel Frische der Empfindung und vielseitiges technisches
Können aus den Bildern spricht, die von den einheimischen
wie auswärtigen Mitgliedern zur Ausstellung geschickt wor-
den sind. Es herrscht auch diesmal wieder der landschaft-
liche Charakter vor. Das eigentliche Genrebild, Düsseldorfs
alte Tradition, ist völlig in den Hintergrund getreten. Es
hat sich ausgelebt und wird bald an Luftmangel und Atem-
not zur wohlverdienten Ruhe eingehen. In der modernen
Landschaft haben sich Namen wie Carl Beeker, Erwin Günter,
August Schlüter, Lewis Herzog und andere in den letzten
Jahren auf den großen Ausstellungen, ebenso hier wie im
Ausland, volle Achtungserfolge zu erringen gewusst. Der
entere ist mit mehreren seiner Hochseemarinen vertreten,
unter denen nur ein kleineres Bild: „Ozeandünung" durch
schöne Bewegung der großen Wellen und feine Lichtwirkung
auffiel. In dem größeren Gemälde: „Die Fangleine" hat
der Künstler versucht, ein von oben herunter geworfenes
Fangseil, das der vorne im Boot stehende Matroso auffängt,
anzubringen. Ein etwas gewagtes Spiel! Ton und Stim-
mung des Wassers und der Luft harmoniren vorzüglich.

Die Zeichnung der Schiffe ist, wie immer, meisterhaft. Es
giebt vielleicht momentan keinen zweiten Künstler, der so
„seemännisch" malt wie Becker. Ein vorzügliches Stimmungs-
bild stammt von Günter's Hand; „Morgen in der Torbay".
Die Lichtwirkung von Luft und Wasser ist sehr kräftig
herausgearbeitet und ich möchte denjenigen „Landratten",
welche an diese blau-grünen Töne des Seewassers nicht
glauben wollen, sondern immer meinen, das Meer müsse die
schmutzig-gelbe Sauce sein, wie sie bei schlechtem Wetter an
der niederländischen Küste vorkommt, meine zwanzigjähri-
gen Beobachtungen der offenen See zur Verfügung stellen.
Die Farben auf dem Günter"schen Bilde sind wahr. Wer
sich vor der Seekrankheit fürchtet, kann keine Hochsee-
marine beurteilen! Von dem zu früh verstorbenen Louis
Kehrmann sind drei im Besitz der Koblenzer Stadtgalerie
befindliche Landschaften ausgestellt, in denen sich großes
Können, feines Stimmungsgefühl und intimes Studium der
Natur vereinigen. Unter den ganz in das moderne Lager
übergetretenen Künstlern hat Lewis Herzog mehrere italie-
nische Motive gesandt, die mit etwas verwilderter Technik
recht interessante Lichtwirkungen zum Ausdruck zu bringen
suchten. Weiter in technischer Ungebundenheit kann man
kaum gehen. Daneben hängt eine „Prozession", schwarz
und weiß in Öl gemalt. Auch Max Wislicenus ist „münch-
nerisch" angehaucht. Am besten gefiel mir das kleinere
Stück „Stiller Winkel", worin die Lichtwirkung im Vorder-
grunde kräftig zum Ausdruck gelangt. Das große Bild „Der
sinnende Tod" hat keine rechte Kraft und Einheit in der
Bildwirkung. Die eisernen Grabkreuze wirken viel zu stark.
Ein interessanter und zur ruhigen Abgeklärtheit durchge-
drungener „Moderner" ist Thomas Theodor Heine. Er schickte
eine ganze Reihe verschiedenartigster Sachen ein, vorherrschend
landschaftliche Eindrücke. Über den „Letzten Strahlen"
liegt eine einfache, stille Harmonie (in Grün und Rosa), die
den Schmierereien unklarer Impressionisten gegenüber den
Künstler kennzeichnet, der weiß, was er will. Auch der
„Waldbach" ist eine interessante Studie. Im Figürlichen fiel
mir ein weibliches Bildnis auf, dessen intime feine Gesichts-
linien den guten Zeichner verraten. Heine hat vor allen
Dingen Stil. Auch Max Stern ist ultra-modern, noch nicht
so sicher wie Heine, aber in einiger Distanz wirkt sein
„Straßenbild" sehr gut. Max Giese (Dresden) zeigt noch zu
wenig Sicherheit in der Zeichnung und Perspektive. Die
Wirkungen der Lichter in den Aquarellstudien sind gut
aber manches ist doch recht billig zu erreichen. Vor allem
fehlt hier die Sicherheit der Behandlung. Von dem Marine-
maler Cornelius Wagner rühren zwei frische, farbige Aqua-
relle her, welche die „Kneipe" der Laetitia darstellen. Auf
die der Ausstellung beigefügten allbekannten Zeichnungen
in Tusche von Rene Reinicke brauche ich des näheren
nicht einzugehen. Sie werden dereinst mit ihrem Salonduft
und fin-de-siecle-Parfum und den Picknickscenen, welche
wie ins 19. Jahrhundert übersetzte Watteau's anmuten, als
Zeitspiegel ihren Wert behalten. Im historischen Stil kommt
Klein- Chevalier's großes Gemälde aus der römischen Kaiser-
zeit in Betracnt, welches das Beste sein dürfte, was dieser
bisher ziemlich ungleich schaffende Künstler geleistet hat.
Es liegt eine große Arbeit darin, viel Kraft und Lebendig-
keit in der Zeichnung und was das Kolorit anbelangt, so
passt es sich wirkungsvoll den Absichten des Malers an.
Mir scheint gerade der etwas grünliche, zuweilen kränk-
liche Fleischton der weiblichen Haut jene „decadence" vor-
trefflich auszudrücken und die Wirkung des grausigen Vor-
gangs zu erhöhen. Inhaltlich stellt es den Augenblick dar,
wo die Mutter Nero's, die dem Wassertode wider Willen
 
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