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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Der kunshistorische Kongress in Köln, [3]
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Die Münchener "Secession" im Wiener Künstlerhause
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211

Die Münchener „Secession"

im Wiener Künstlerhause.

212

Kommission zu wählen, die in allen einschlägigen
Fragen Auskunft zu erteilen und geeignete Verbes-
serungen anzubahnen habe. Nachdem Professor Dr.
v. Oechelhäuser Bedenken gegen die noch zu neuen
Unterrichtsmittel erhoben und vor Uberschätzung
des wissenschaftlichen Wertes derselben gewarnt hatte,
wurde die Angelegenheit der photographischen Kom-
mission zu eingehender Prüfung überwiesen und Herr
Prof. Dr. M. Schmid für diesen Gegenstand in die
bezeichnete Kommission gewählt.

Architekt Savels aus Nottuln bei Münster hielt
sodann einen Vortrag über den Einfluss des Mate-
rials auf die Kunstformen, welcher der sehr vor-
gerückten Stunde wegen nur in verkürzter Form
zur Abhaltung kommen konnte. Der offizielle Kon-
gressbericht wird ihn, wie alle übrigen Vorträge,
in extenso zum Abdruck bringen.

Mit einigen Dankesworten des Präsidenten an
alle Förderer und Mitglieder des Kongresses und
einem von Herrn Domkapitular Schnütgen ausge-
brachten Hoch auf den Vorsitzenden schlössen die
Beratungen mittags l1/^ Uhr.

Seinen festlichen Abschluss fand der Kölner
Kongress am Abend des 3. Oktober durch ein ge-
meinsames Essen im Isabellensaal des Gürzenichs.
Der Präsident Prof. v. Lützow (Wien) brachte den
Trinkspruch auf den deutschen Kaiser aus und wies
dabei auf dessen jüngste Äußerungen hin. Gerade
den Vertretern der Kunstwissenschaft liege es nahe,
der Aufforderung des Kaisers zu folgen und mitzu-
wirken zu dem Ziele, gegen alle Gefahren das Be-
stehende zu bewahren und für die friedliche Mission
des deutschen Reiches einzutreten. Prof. v. Oechel-
häuser sprach in warmherzigen Worten den Dank
der Gäste an das „heilige Köln" aus. Eine uner-
schöpfliche Fülle von Reden gab dem trefflich be-
reiteten Mahle neben dem perlenden Wein eine er-
frischende Würze. Besonders hervorgehoben sei der
poesievolle Trinkspruch von Prof. Dietrichson (Chris-
tiania). Er führte die Perlen des Rheins von Straß-
burg bis Düsseldorf vor, pries deutsches Wesen in
dem Wunsche, der deutsche Strom möge nicht im
Meere verloren gehen, sondern bis an die Küste
von Norwegen sich geltend machen, und zwar noch
viel kräftiger als es bisher schon geschehen. Der
von ihm innig geliebten „Pfaffengasse" und dem
deutschen Rhein galt sein Hoch. Direktor v. Pulszky
(Budapest) pries die der Kunst entströmende große
Liebe, die überall vereinige und versöhne, und ge-
dachte in einem ausführlichen Bilde der Beziehungen
Deutschlands und Ungarns vom König Etzel im

Nibelungenlied bis zum heutigen König von Ungarn.
Herr Konservator Nießen trug ein empfindungsvolles
Abschiedsgedicht vor, Prof. Dr. Schmarsow (Leipzig)
mahnte in markigen Worten, zu hegen und zu pflegen,
was deutsch sei, und für deutsche Art zu kämpfen und
zu streiten. Die auch von den einheimischen Teil-
nehmern geförderte Beredsamkeit fand erst ihr Ende,
als der Vorsitzende mahnte, das Programm einzu-
halten, und man von der blumengeschmückten Tafel
zum „Bierhock'' im Pschorr aufbrach, wo in einer
großen Tafelrunde noch eine gute Weile manch
ernstes und manch heiteres Wort ausgetauscht
wurde, bis es ans Abschiednehmen ging.

DIE MÜNCHENER „SECESSION" IM
WIENER KÜNSTLERHAUSE.

Es ist wohl zu allen Zeiten so gewesen, dass
nicht nur ein Teil der Kritik, sondern auch viele
Anhänger der alten Schule unter den Künstlern
selbst einer jeden neuen Kunstrichtung ärgerlich
und griesgrämig abwehrend gegenüber gestanden
sind. Das haben die Klassizisten mit den Rokoko-
meistern erlebt, die Nazarener und Romantiker mit
den Klassizisten, die realistischen Genremaler mit
allen dreien zusammen u. s. f. — Warum sollte das
heute anders sein? Wir würden uns nur wundern,
wenn es nicht so wäre. In unserem Falle steht
fest, dass die Fehler und Schwächen des neuen
Kurses meist ganz wo anders liegen, als wo sie ge-
wöhnlich gesucht werden. Es sind Äußerlichkeiten,
die der Verbesserung bedürfen; der Kern unserer
Kunst ist ein gesunder; der einzig lohnende, im wohl-
verstandenen Interesse der Künstlerschaft selbst unter-
nommene Feldzug gegen jene Äußerlichkeiten ist
auf allen Gebieten der Malerei, in Perspektive, Zeich-
nung, Komposition, Farbengebung und Wahl, der
gegen die oft gesucht-formlose und gar zu unge-
zwungene Art des Auftretens der Künstler in ihren
Werken. Die Erscheinung erklärt sich aber aus
dem stürmischen Drängen der Modernen, alles dem
Pinsel und der Palette erobern zu wollen, und aus
dieser brennenden Begierde entspringt naturgemäß
der Fehler der Verfiachung. Die Kunst geht durch
Massenproduktion in die Breite statt durch weise
Selbstbeschränkung in die Tiefe. Wir aber verlassen
uns auf den guten Genius der Menschheit, auf ihre
Faustnatur: für sie ist profundes Verstehen das
einzig Strebenswerte und sie ist sich in ihrem dunk-
len Drange des rechten Weges wohlbewusst. Es
scheint uns nur eine Frage der Zeit zu sein, dass
 
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