Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

DOI Artikel:
Lier, Hermann Arthur: Korrespondenz Dresden, [3]
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0140

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
267 Nekrologe. — Wettbewerbungen.

aber nicht die Rücksicht verdient, die man ihr in
der Regel zu teil werden lässt. Auch für unsere
Kunstvereine ist eine strenge Jury nicht mehr zu
umgehen. Sie liegt im Interesse aller besseren
Künstler, deren Arbeiten nur leiden, wenn sie in der
Umgebung minderwertiger Leistungen ausgestellt
werden. Der Beschauer wird dadurch verstimmt
und übersieht daher auch leicht das Gute und Vor-
treffliche, was unter der Masse des Wertlosen nicht
recht zur Geltung kommt. Hätte man in dem Fall,
von dem wir ausgehen, z. B. das Portrait des Malers
Oury von Paul Kießling, sowie das des Dresdner
Hofopernsängers Perron von Richard Scholz mit einer
Anzahl guter Landschaften Ritter's, Schcnker's, Bracht's
und Kanold's in einem Raum zu einer kleinen Aus-
stellung vereinigt, so würde man mehr im Interesse
der Kunst gehandelt haben, als durch die Anhäu-
fung einer Menge von Bildern, deren Besichtigung
kaum lohnt.

Das Ausstellen und Anordnen von Kunstwerken
ist eine Kunst, die nur mit auserlesenem Geschmack
durchgeführt werden kann. Sie war früher in
unseren öffentlichen Museen nicht immer anzu-
treffen, findet aber gegenwärtig nicht bloß bei den
Künstlern, sondern auch bei den Kunstgelehrten die
nötige Beachtung. In besonders erfreulicher Weise
hat sie in Dresden bei der inneren Einrichtung
und Aufstellung der Skulpturensammlung im Alber-
tinum Berücksichtigung erfahren, das nunmehr durch
die Ende des vorigen Jahres erfolgte Eröffnung der
Abteilung für Originalskulpturen in allen seinen
Teilen vollendet ist und sich als eine Sammlung von
so eigenartigem Reiz präsentirt, dass wir ihr nur
wenige Museen plastischer Kunstwerke an die Seite
zu stellen wüssten. Es ist hier nicht der Ort, die
großen Verdienste zu erwähnen, die sich der Direk-
tor der Sammlung, Herr Prof. Dr. Treu,, in wissen-
schaftlicher Hinsicht bei der Neuordnung der Dresde-
ner Skulpturen erworben hat, da über diese Dinge
schließlich nur das Urteil fachmännischer Begut-
achter entscheidet. Wir wollen hier nur feststellen,
dass der künstlerische Gesamteindruck des Alber-
tinums ungewöhnlich günstig ist, und dass hier die
Gefahr der Einförmigkeit, die gerade bei der An-
häufung einer Masse farbloser Statuen am schwer-
sten zu überwinden ist, mit seltenem Geschick ver-
mieden wurde. Ist auch der äußere Schmuck die-
ser Räume nichts weniger als kostbar und prunk-
voll, so ist doch von den vorhandenen Mitteln der
denkbar beste Gebrauch gemacht worden, so dass
auch denen, die ein specielles Interesse für die An-

— Sammlungen und Ausstellungen. 268

chäologie nicht besitzen, der Besuch des Alberti-
nums nur empfohlen werden kann, da die dort auf-
gestellten Sammlungen in ihrer gegenwärtigen Ge-
stalt ein würdiges Seitenstück zu den weltberühm-
ten Schätzen der Dresdener Galerie bilden.

H. Ä. LIEB.

NEKROLOGE.

—:— In Bona starb der Doyen der Künstler, der Maler
Francesco Podesti, fast 95 Jahre alt. Er stammte aus Ancona.
Bei dem Brande Hamburgs wurden Podesti's „Bettler" zer-
stört, doch befindet sich von ihnen eine Kopie in Neapel.
Viele seiner Arbeiten besitzt seine Vaterstadt Ancona; mit
83 Jahren er hat die dortige Sakramentskirche mit sehr ge-
schätzten Fresken geschmückt. Ii. Bk.

WETTBE WERBUNGEN.

Dresden. Das unter dem Protektorate Sr. Kgl. Hoheit
des Prinzen Georg von Sachsen stehende Komitee zur Er-
richtung eines Ludwig Richter-Denkmals hat einen Wett-
bewerb ausgeschrieben, an dem sich alle Bildhauer, die An-
gehörige des Deutschen Reiches sind, beteiligen können;
Es werden drei Preise gewährt, 2000, 1500 und 1000 Mark,
falls mit dem Urheber des mit dem ersten Preise ausgezeich-
neten Entwurfs eine Einigung erzielt wird, tritt an die
Stelle dieses ersten Preises der Auftrag zur Ausführung des
Denkmals. Die Entwürfe sind bis spätestens dem 15. Sep-
tember 1895 an den Kastellan des sächsischen Kunstvereins,
Brühlscher Garten, unter der Bezeichnung „Richter-Denkmal"
einzusenden. Die weiteren Bedingungen werden von dem
geschäftsführenden Ausschuss unter der Adresse der C. Ar-
nold'schen Hofkunsthandlung kostenfrei zugesandt.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

A. R. An der vierten Ausstellung der Vereinigung der
„XI", die am 17. Februar bei Eduard Schulte in Berlin
eröffnet worden ist, haben sich zwar alle Mitglieder betei-
ligt, aber sie haben — mit einer Ausnahme — keines jener
Werke zur Stelle gebracht, die den ersten drei Aus-
stellungen ein in gewissem Sinne interessantes oder doch
wenigstens sensationelles Gepräge gegeben haben. Jene Aus-
nahme bildet Max Klinger, der aber nicht als Maler oder
Radirer, sondern in seiner vielleicht einwandsfreiesten Eigen-
schaft, als Bildhauer, erschienen ist. Die marmorne, lebens-
große Halbfigur einer Kassandra, deren scharfgeschnittenes,
gramdurchfurchtes Antlitz mit dem wie traumverloren in
die Ferne starrenden Seherblick etwas erhoben, nach links
gewendet ist, während sich die herabgelassenen Arme und
Hände vor der rechten Hüfte kreuzen, ist in der Art wie seine
Salome völlig polychrom behandelt: das Gewand, das die
linke Schulter und Brust freilässt, ist leicht kirschfarben
getönt, so dass der Körper durch das Kleid zu schimmern
scheint, das krause Haar ist schwarz gefärbt, die Fleisch-
teile haben einen warmen Ton erhalten und Augäpfel und
Pupillen sind aus farbigen Steinen eingesetzt. Die Wirkung
des Bildwerkes würde nicht so stark und tief sein, wenn
die Modellirung nicht schon überall der Farbe vorgearbeitet
hätte. Neben dieser ernsten, in allen Teilen mit gleich-
mäßigem Fleiße durchgeführten Arbeit erscheinen fast alle
Leistungen der übrigen Künstler als Atelierexperimente, die
noch nicht für das Licht der Öffentlichkeit reif sind. Ernst-
hafter kommen nur noch die Gruppe blühender Kirsch-
 
Annotationen