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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Stiassny, Robert: Baldung-Studien, [4]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0170

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327

Nekrologe. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen.

des Hochaltares die Zeichner dieser Fenster begreif-
licherweise mehr oder weniger nachhaltig beein-
flasst. So zeigt das 1520 eingesetzte Doppelfenster
der Locherer- oder Martinskapelle, der 9. nach vori-
ger Zählung, in der Halbfigur Gottvaters auf der
„Versuchung des hl. Antonius", in dem Bettler und
dem Schimmel auf dem Martinsbilde, in Einzelheiten
der „Offenbarung Johannis" — siehe die Abbildung
in H. Kolb, Glasmalereien des Mittelalters und der
Renaissance, Stuttgart, o. J., Taf. 36 — beträcht-
liche Anklänge an seinen Stil. Weiterhin sind die
Gestalten des Petrus und Paulus in der linken Hälfte
des 1523 verfertigten, neuerdings restaurirten Fensters
der Sotherkapelle, der 8. im Chorumgang, ersicht-
lich von Baldung's großer Holzschnitt-Apostelfolge,
Eis. 18—30, inspirirt. Die rechte Abteilung des-
selben Fensters wiederholt ein Lieblingsmotiv der
zeitgenössischen Kunst, das auch Baidung in einem
anmutigen Scheibenriss des Coburger Kabinetts ganz
analog behandelt hat: die Madonna in der Strahlen-
glorie, „Maria in der Sonnenscheibe" oder „Maria,
mit der Sonnen bekleidt", wie die aus der Apoka-
lypse 12,1 entlehnte Darstellung der Immaculata auf
dem Halbmond mit der Zwölfsternenkrone auf dem
Haupt im Volksmunde hieß. In all diesen Schil-
dereieu liegt aber ein mehr allgemeiner Zusammen-
hang mit dem Straßburger Meister vor, der indivi-
duelle Charakter seiner Kunst schlägt nicht über-
zeugend genug durch, um ihm selbst die Entwürfe
zuzuweisen.1) BOBEBl STIASSNY.

Wien, Dezember 1894.

NEKROLOGE.

%* Der italienische Kunstschriftstcllcr Oactano Mila-
nesi, der bekannte Vasari - Herausgeber, ist Anfang März

1) Dies zur Berichtigung einer Bemerkung H. A. Schmid's
im Repert. f. Kunstw. XVII, 200, der zufolge „viele" von
den Figurenfenstern des Kapellenkranzes direkt oder indirekt
auf Baidung zurückführten. Schmid fügt hinzu, dass er
die Gemälde nur gelegentlich eines „flüchtigen Besuches"
kennen gelernt habe. In der That bezweifelt er den Bal-
dung'schen Ursprung gerade des Annenfensters, des einzigen,
bei dem dieser urkundlich bezeugt ist, und spricht von den
Glasgemälden der 12. Kapelle im Domschatz, während der
Chor überhaupt nur elf Kapellen zählt. — In der Schatz-
kammer finden sich außer den obenerwähnten Originalen
aus der Blumeneggkapelle noch einige Bruchstücke von an-
deren Chorfenstern, die im Laufe der letzten Jahrzehnte
durch neue ersetzt worden sind. Das Meiste stammt aber
aus dem Langhause und den Rest bilden kleinere Fragmente,
die zur provisorischen Ergänzung der Scheiben in den Seiten-
schiffen 1818 aus der Mauritiuskapelle in Konstanz und 1820
aus der ehemaligen Dominikanerkirche zu Freiburg erworben
worden waren.

in Florenz im Alter von 82 Jahren gestorben. Er hat zu-
letzt an einer „Geschichte der Keramik in Toscana" ge-
arbeitet, die er vollendet hinterlassen haben soll.

DENKMÄLER.

%* Zur Erhaltung und Wiederherstellung der öffent-
lichen Denkmäler in Antiverpen hat sich daselbst nach dem
Vorgänge von Brüssel, Gent und Brügge auf Anregung von
Max Rooses eine Kommission gebildet, in der alle künst-
lerische Interessen verfolgenden Gesellschaften und Vereine der
Stadt vertreten sind.

Denkmälerschutz in Osterreich. Ende Oktober v. Js.
wurde in Wien die im Mai vom Unterrichtsministerium be-
gonnene Enquete über die Frage gesetzlicher Maßregeln
zum Schutze der Kunst- und historischen Denkmale ge-
schlossen. Die Beratung führte unter Zugrundelegung eines
im Ministerium ausgearbeiteten Expose's zu dem Ergebnisse,
dass die Betretung des legislativen Weges behufs Schutzes
der Kunst- und historischen Denkmale allseitig als wün-
schenswert anerkannt, für ein solches Gesetz die Kompetenz
des Reichsrates als zutreffend bezeichnet und der Wunsch
geltend gemacht wurde, diesen Schutz nicht nur auf die un-
beweglichen, sondern soweit wie thunlich auch auf die un-
beweglichen Denkmale auszudehnen. Nach dem Muster
Frankreichs wäre eine Inventarisirung der unbeweglichen
Denkmale vorzunehmen, deren unbedingte Erhaltung im
öffentlichen Interesse läge. Nach erfolgter Inventarisirung
sind Veränderungen an solchen Denkmalen ohne behördliche
Bewilligung rechtlich nicht statthaft und der Staat hat
eventuell das Expropriations-Recht. In Bezug auf die beweg-
lichen Denkmale sollten nur die im Besitze öffentlicher
Korporationen einer besonderen Kontrolle und Beschränkung
unterworfen sein, ferner ist die Anzeigepflicht bei Funden
und das eventuelle Vorkaufsrecht der Regierung für Fund-
gegenstände gesetzlich zu normiren. Durch Verbesserung
der Bau-Ordnungen mit zweckdienlichen Bestimmungen
sollen bedeutende Baudenkmale geschont und deren Erhal-
tung, sofern sie in öffentlichem oder kirchlichem Besitze
sind, auf administrativem Wege angestrebt werden. —

B. Bk.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Paris. — Wie die Köln. Z. schreibt, hat die Lage der
staatlichen Kunstsammlungen, besonders im Louvre und
Luxembourg seit geraumer Zeit vieles zu wünschen übrig
gelassen. Im Louvre hat ein großer Teil der Gemälde eine
ganz schlechte Beleuchtung und für die Sammlungen der
Zeichnungen und Stiche fehlt größtenteils der Raum, so dass
sie ruhig und unbenützt in Mappen und Schränken schlummern
— was übrigens auch anderwärts vorkommen soll. Von dem
wirklichen Besitze der Sammlung des Luxembourg hat das
Publikum wenig Ahnung und noch weniger Genuss, weil der
Raum dort äußerst beschränkt ist und nur ein geringer Teil
der neueren Ankäufe und Vermächtnisse an Werken lebender
Meister zur Aufstellung gelangen kann. Die Galerie ist da-
bei im Erdgeschossbau im Sommer so sehr der Sonnen-
hitze ausgesetzt, dass zeitweise der Aufenthalt in ihr un-
erträglich wird und die Bilder Schaden nehmen müssen.
Ein anderer großer Nachteil liegt in dem Umstände, dass
für Erhaltung und Ergänzung der Sammlungen im Louvre,
im Luxembourg, in Versailles und St. Germain insgesamt im
Budget nur 102 000 frs. (!) ausgeworfen sind. Dass bei sol-
cher Armut die Verwaltung der staatlichen Sammlungen sich
vom Mitbewerbe zur Vervollständigung ihres Besitzes aus-
 
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