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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Die 61. Ausstellung im Lichthofe des kgl. Kunstgewerbe-Museums zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0223

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Wartenburgstralie 15.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.
Neue Folge. VI. Jahrgang. 1894/95. Nr. 28. 6. Juni.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s.w. an.

DIE 61. AUSSTELLUNG IM LICHTHOFE
DES KGL. KUNSTGEWERBE-MUSEUMS ZU
BERLIN.

Wer des öfteren Gelegenheit hat, englische und
französische Privatbibliotheken zu sehen und zu be-
nutzen, dem wird die geschmackvolle Ausstattung und
die der Praxis angepasste Buchbinderarbeit der fremden
Bücher auffallen und mit einer gewissen Trauer wird er
auf die deutschen Erzeugnisse dieser Art hinblicken, die
bei einer Vergleichung sehr schlecht wegkommen.

Das liegt nicht an unsern Handwerkern, welche
gegebenen Falls wohl in der Lage wären, etwas dem
Ausland Ebenbürtiges zu Tage zu fördern, sondern an
der vollkommenen Indifferenz des Publikums und an der
alten Gewohnheit der Deutschen, gerne billig zu kaufen.
Ebenso wie mit den Büchereinbänden, so ist es mit der
inneren Ausstattung bestellt. Unser Produzent weiß,
dass, wenn er wirklich das Beste liefert, in Deutschland
keine Käufer dafür da sind, und so wird ruhig in dem
alten Fahrwasser weiter gefahren. Man vergleiche ein-
■ mal französische Illustrationen mit deutschen, den Durch-
schnitt genommen, natürlich. Da sind wir weit zurück.
In den meisten Arten des Kunstdruckes wird bei uns
nicht das Beste, wie es sehr wohl zu erreichen wäre,
geleistet, weil es über der Schaffenskraft der Produzenten
wie ein Nebel von Hoffnungslosigkeit liegt: Das Publikum
und immer wieder das Publikum will ja nichts Besseres
und versteht nichts Besseres und bezahlt nichts Besseres!

Leider ist an der Thatsache nicht zu zweifeln, dass
unser Publikum immer noch ein schlechter Resonnanz-
boden für die früheren Schwingungen des guten Ge-
schmacks ist. Aber wenn es sich so verhält, und man
dem Produzenten nicht zumuten darf, dem Ideal zu Liebe
zu verhungern, so muss man anfangen, das Publikum

zu ändern, und versuchen, ob man auf diesem Wege
weiterkommt.

Das versucht die Ausstellung, die sich augenblicklich
im Lichthofe des königl. Kunst-Gewerbe-Museums zu
Berlin dem Publikum zeigt; sie sucht das Publikum zu
ändern und sein Niveau zu erhöhen, indem sie belehrt.

Entschieden ist dies der richtige Weg, auf große
Massen einzuwirken: Wird erst Interesse bei ihnen ge-
weckt, so ist die Hälfte der Arbeit gethan. Zeigt man
den Leuten erst, wie viel fieissige, ernste Arbeit von
ihnen aus Unwissenheit gering geschätzt wurde, so
werden sie sich Mühe geben, wissend zu werden.

Die Ausstellung hat die Aufgabe, die Verfahren
des Kunstdruckes zu veranschaulichen und zwar so zu
erläutern, dass man die verschiedenen Stadien eines Ver-
fahrens bis zum fertigen Bild verfolgen kann. Nach
den drei Hauptarten des Druckes geordnet, teilt sie sich
in je eine Hochdruck-, Tiefdruck-, und Flachdruck-
abteilung, zu welchen noch eine große aus allen ge-
mischte Farbendruckabteilung kommt.

Die alten Verfahren des Holzschnittes, des Kupfer-
stichs und der Lithographie sind durch Werkzeuge und
Material und durch Etatfolgen der Drucke dargestellt,
sodass an der Hand des nunmehr erschienenen Führers
sich jeder schnell über die Theorie und Praxis der
manuellen Techniken belehren kann.

Bei den Führungen durch diese Abteilung trat die
wirklich erstaunliche Thatsache zu Tage, dass die meisten
Menschen nicht einmal ahnten, was Hochdruck, Tief-
druck und Flachdruck besagen wollten, ja dass sie gar
keine Unterschiede in ihrer Einbildung gemacht hatten,
wenn sie einen Kupferstich und einen Holzschnitt ansahen.

Aber so ist es bei uns. In jedem Zimmer hat der
Gebildete und der Mittelstand an der Wand den be-
ständigen Anblick von Holzschnitten, Holzstichen, Kupfer-
 
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