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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Die 61. Ausstellung im Lichthofe des kgl. Kunstgewerbe-Museums zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0225

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437

Bücherscbau.

438

Lichtdrucke von Gebirgsgegenden und Porträts. Man
denkt dabei doch zu sehr daran, wie eine gute Photo-
graphie daneben wirken würde.

Für Lehrzwecke sehr nützlich sind Blätter für
kunstgeschichtlichen Unterricht, die von der Firma E. A.
Seemann in Leipzig ausgestellt sind. Dank ihrer vor-
trefflichen Ausführung und ihres billigen Preises, werden
sie sich viele Freunde erwerben. Wie wertvoll der
Lichtdruck für Reproduktion von Kunstwerken werden
kann, zeigen glänzend die Bruckinann'schen Lichtdrucke
Donatello'scher Skulpturen aus Bode's Skulpturwerk.

Von dem größten Interesse ist die letzte Abteilung,
die den Farbendruck behandelt. Als Einleitung dient
der japanische Farbendruck mit Holzstöcken, ein Ver-
fahren, das dem alten deutschen Buntdruck sehr ähnelt.
Solche Farbenstimmung aber und eine so künstlerische
Verve der Empfindung, wie die japanischen Künstler des
vorigen und dieses Jhdts. haben europäische Holz-
schneider selten erreicht. Aus den Beständen der
Sammlung von Paechter, Liebermaun, Köpping & Wernitz
ist eine hübsche Anzahl von guten alten Holzschnitten
zusammen gekommen, von denen besonders 3 Utamaros
wegen der malerischen Wirkung zu erwähnen sind, die
mit Anwendung tiefschwarzer Flächen neben leichten
Orangetönen erreicht ist und einige Koriusai's und
Shuusko's, bei denen die Farbe meisterhaft gemäßigt und
beherrscht ist.

Der moderne europäische Farbenholzschnitt ist durch
eine Farbenreproduktion eines Ostade, (von Paar) und
eines Bildes „Vedette" (von Eich. Bong) repräsentirt,
der Farbenkupferstich mit mehreren Platten durch fran-
zösische, recht gelungene Blätter, von Houdard & Delätre
und ein eminent feines Blatt in Roulettemanier von
Bertrand.

Die Farbenlithographie wird am besten durch die
französischen Plakate — 4 und 5 Plattendrucke — ver-
treten, und durch die Berliner Farbenlithographien, die
mit mehr oder weniger Platten eine gute Wirkung bei
Reproduktion kunstgewerblicher Gegenstände erzielen,
bei denen es auf die Wiedergabe feinerer Farbenwirkung
ankommt, aber bei den Plakaten in beklagenswertem
Gegensatz zu den Franzosen stehen. Ein Plakat hat
doch vor allem den Zweck, dass man es sehen und lesen
kann. Warum nun der Berliner seine Plakate so klein
und die Lettern so winzig machen lässt, wäre nicht
recht einzusehen, wenn man nicht in Betracht zöge, dass
er sie meistens in den Barbierstuben und an den Fen-
stern der Weißbierstuben als Zimmerschmuck verwendet.

Die französischen Plakate von Forain, Lautrec,
(Jheret und Steinlen sind mit einfachen großen Linien
und Flächen keck und flott hingesetzt und wirken
darum ihrem Zweck entsprechend vorzüglich als Affichen.

Schade, dass von den Abnehmern unserer leistungs-
fähigen Berliner Firmen stets die kleinliche Ware ver-
langt wird.

In den photomechanischen Farbendruckverfahren
wird überall heutzutage vorwärts gestrebt und eine Er-
findung überbietet die andere. Es ist sehr interessant,
neben einander 7 Platten und 3 Plattendrucke zu sehen,
von denen letztere die ersteren an Wahrheit übertreffen.
Am besten gelungen ist ein Blatt der Petersburger
Hof- und Staatsdruckerei mit 3 Platten gedruckt, wel-
ches ein Aquarellbild in geradezu täuschender Weise
kopirt. Doch so viel auch geleistet ist, es bleibt doch
noch unendlich viel zu bessern, bis Filter und Druck-
farbe der Spektralfarbe sich so genähert haben, dass
die Bilder lebenswahr werden, und bis der Reproduzent
darauf rechnen kann, dass ein Bild so wird, wie das
andere, und der Zufall keine so große Rolle mehr
spielt, wie jetzt.

Diese Gesichtspunkte sind es auch gewesen, von
welchen die neuesten Versuche, auf einer Platte direkt
farbig aufzunehmen, ausgegangen sind. Leider befindet
sich in der Ausstellung keine solche Farbenaufnahme,
da dieselben noch sehr selten sind, und die Versuche
namentlich in Beziehung auf die Länge der Expositions-
zeit noch nicht abgeschlossen sind. Lange aber kann
es nicht mehr dauern, daß man die farbige Welt direkt
auf einer Platte zu photographiren lernt.

Genug Stoff zum Lernen ist, wie man sieht, in
dieser Ausstellung aufgehäuft, und der rege Besuch zeigt
das Interesse, das weite Kreise an den graphischen
Künsten zu bekommen anfangen. Möchte auch die
nächste Ausstellung, welche die Eutwickelung des Buches
veranschaulichen will, sich desselben Erfolges freuen
dürfen, wie diese, und ebenso reichlich beschickt werden!

BÜCHERSCHAU.

Ästhetische Zeitfragen. Vorträge von Johannes Volkelt,
Professor der Philosophie an der Universität zu Leipzig.
München 1895. C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung. 8.
„Man trifft noch immer, und vielfach auch dort, wo man
es nicht erwarten sollte, die Ansicht an, dass die Ästhetik
sich auch gegenwärtig noch in denselben Geleisen bewege,
wie zu Zeiten Schellings und Hegels; dass sie auch heute
noch hauptsächlich in der Gewinnung der Ideen des Schönen
und seiner Gestaltungen aus den Tiefen der Metaphysik be-
stehe, und dass die Kunstwerke auch heute noch von den
Ästhetikern durch das Hineindeuten philosophischen Tief-
sinns und das Anlegen starrer und enger Maßstäbe verge-
waltigt werden." In diesen Worten aus den ersten ein-
leitenden Sätzen seiner Antrittsvorlesung an der Leipziger
Universität, welche den letzten der sechs in diesem Bande
vereinigten Vorträge bildet und von den gegenwärtigen
Aufgaben der Ästhetik handelt, möchte man die Tendenz des
ganzen Buches ausgesprochen finden: es soll das Unrecht
des herrschenden Vorurteils bewiesen werden. Johannes
Volkelt ist keiner jener Philosophen, die sich in ihre Studir-
stube zurückziehen und den Verkehr mit der lärmenden
Welt ängstlich meiden; im Gegenteile fühlt er das Bedürf-
nis, an der Arbeit seiner Zeit teilzunehmen und zur Klärung
der Geister das Seinige beizutragen. Daher verfolgt er nicht
bloß von Amts- oder Berufswegen, sondern aus persönlichstem
 
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