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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Rosenberg, Adolf: Die grosse Berliner Kunstausstellung, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0243

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473

Personalnachriehten.

— Wettbewerbungen.

474

Beobachtung der Natur, sondern auch in der malerischen
Technik ist.

Es darf aber den Malern in Old-England nicht vor-
enthalten werden, dass ihre anglo-amerikanischen Vettern,
die in Paris studiren und arbeiten, drauf und dran sind,
sie völlig zu überflügeln. Diese Neu-Amerikaner über-
lassen sich ganz dem Pariser Fahrwasser. Manche
bleiben darin und machen alle Modethorheiten des Pariser
Kunstmobs mit, wie z. B. William Da/inat, der die
faule Welt der Sängerinnen und Tänzerinnen in den
Singspielhallen nur bei grellstem elektrischen Lichte, als
Karikaturen, wie sie sich geben, malt, oder die Impres-
sionisten und Dunkelmaler Roishoven und John W.
Alexander. Andere wissen dagegen, nachdem sie sich
alles Technische vollkommen angeeignet haben, ihr
klares, verständiges und doch stark und dichterisch
empfindendes Naturell zu vollster Geltung zu bringen.
Maler, wie die begabten Schilderer des afrikanischen und
asiatischen Orients (im weitesten, nicht streng geogra-
phischen Sinne des Wortes), wie Lord Edwin Weeks und
F. A. Bridgman, wie die Hellseher und Hellmaler
Charles Sprague-Pearce und Mac Ewen, Oari Melchers
und Walter Gay, wie Alexander Harrison und Julius
L. Stewart sind, trotzdem man erkennen kann, wie sie
dies und jenes von Gerome, Bastien-Lepage, Dagnan-
Bouveret u. a. gelernt haben, doch starke Persönlich-
keiten, denen England bei weitem nicht so viele an die
Seite zu setzen hat. Stewart war für Berlin eine neue
Erscheinung, und seine Taufe in einem vornehmen eng-
lischen oder amerikanischen Hause hat vielleicht einen
tieferen Erfolg gehabt als Boybets Gemetzel in der
Kathedrale zu Nesles und Le Quesne's Wildbach. Mit
Stewart kann sich in Bezug auf edle künstlerische
Wirkung und großen, allgemeinen Erfolg nur noch sein
Landsmann John S. Sargent messen, dessen Bildnis einer
auf einem Sopha im Empirestil sitzenden Dame in
kirschroter Sammettoilette in Berlin das Andenken von
Herkomers Miss Grant zu verdunkeln droht. Da jetzt
jeder Maler, der schnell fertig werden will, den Schotten
ihre verblüffende Einfachheit abgesehen und dabei zu
seinem Erstaunen bemerkt hat, dass er, wenn es not
thut, noch fixer und einfacher malen kann, ist die Sorg-
samkeit der künstlerischen Vollendung wieder in der
allgemeinen Achtung gestiegen, namentlich, wo es sich
um Bildnisse handelt. Neben Sargent sind es der Fran-
zose Pascal Blanchard, der Belgier Emil Wauters, der
Österreicher Arthur Ferraris und der Deutsche Graf
Ilarrach, deren Damenbildnisse, fast mit gleichen An-
sprüchen, um die Palme ringen, wir meinen natürlich
im idealen Sinne, da heute kein vernünftiger, in die
Juryverhältnisse eingeweihter Mensch mehr einen Wert
auf Kunstausstellungsmedaillen legt. Für den Kritiker
ist es immerhin ein erfreuliches Ergebnis, dass er aus
einem Meere von etwa dreihundert Damenbildnissen ein
halbes Dutzend von Perlen — wir rechnen auch das

früher genannte Bildnis der Fürstin Poniatowska von
Boldini dazu — herausfischen konnte.

ADOLF ROSENBERG.

PERSONALNACHRICHTEN.

0 Dr. Christian Schcrer ist an Stelle des verstorbenen
Prof. Wessely zum Inspektor des herzoglichen Museums in
Braunschweig ernannt worden.

WETTBE WERBUNGEN.

A. R. Die Konkurrenz um ein dem Fürsten Bismarek
in Berlin »u errichtendes Denkmal, das auf der großen Frei-
treppe an der Westfront des ReichBtagsgebäudes seine Aufstel-
lung finden soll, hat ein wenig tröstliches Ergebnis gehabt. Ob-
wohl gegen 100 Entwürfe eingeliefert worden und von diesen
30, also etwa der dritte Teil — ein ganz ungewöhnliches
Ereignis! — mit Preisen ausgezeichnet worden sind, befindet
sich darunter nicht ein einziger Entwurf, dessen Ausführung
unbedingt zu empfehlen wäre. Selbst Männer wie Sehaper,
Siemering, 0. Lessing, Rümann in München, Volz in Karls-
ruhe, auf die man mit Sicherheit rechnen durfte, haben fast
völlig versagt. Der Entwurf Siemerings, der nach dem be-
kannten Ausspruch Bismarcks die in den Sattel gehobene
Germania hoch zu Rosse zeigt, dessen Zügel der große
Kanzler zu ergreifen sich anschickt, ist zwar reich an Schön-
heiten. Aber was soll eine reitende Germania vor einem Ge-
bäude, auf dessen First schon eine von zwei allegorischen Figuren
geleitete Germania reitet? Schade darum, um so mehr, als
der Sockel mit dem berühmten Germaniafriese Siemerings
von 1871 geschmückt ist, der, abgesehen von einem kleinen
Denkmal in Görlitz, noch nirgends eine würdige monumen-
tale Ausführung erfahren hat. Schapers Entwurf hat viel-
leicht am meisten enttäuscht. Sein Bismarck hat nichts
Charakteristisches, was ihn über das Kölner Denkmal erhöbe,
und der Sockel ist von einer an Ärmlichkeit grenzenden
Einfachheit. Man braucht ja nicht gerade, wie es Eberlein
beliebte, eine förmliche Volksversammlung von allegorischen
und symbolischen Gestalten am Sockel des Standbildes zu-
sammenzuberufen. Aber so schmucklos wie bei dem Scha-
perschen Entwurf braucht der Sockel nicht zu sein, auch
wenn man an dem gewiss richtigen Grundsatze festhält, dass
ein Bismarckdenkmal in erster und letzter Linie durch die
Gestalt des Gründers des deutschen Reiches wirken soll.
Einzelne gute Gedanken für den Sockelschmuck, der immer-
hin Figürliches bringen kann, wenn es sich nur der Haupt-
figur bescheiden unterordnet, enthalten die Entwürfe der
Brüder Ludwig und Emil Cauer (eine thronende Germania),
von C. v. Ueehtritx (zwei Löwen, ein sich zornig zur Ab-
wehr rüstender und ein das Errungene sorgsam bewachender),
von M. Baumbaeh (der Schmied der deutschen Kaiserkrone),
von Brunow, von G. Hilgcrs und von Eehlcrmeyer. Die zweifellos
beste und charaktervollste Bismarckfigur hat Harro Mag-
nussen geliefert, der — eines der vielen Rätsel, die diese
ganze Konkurrenz aufgiebt! — nur einen dritten Preis er-
halten hat. Wenn das Komite nicht etwa den bequemeren
Ausweg wählen will, aus eigener Machtvollkommenheit einen
bewährten Bildhauer mit der Ausführung zu betrauen, son-
dern wenn es ihm darum zu thun ist, einen brauchbaren
Entwurf auf Grund der Ergebnisse des Wettbewerbs zu ge-
winnen, so wird ihm nichts anderes übrig bleiben als eine
engere Konkurrenz, am besten zwischen den dreißig Preis-
gekrönten, zu veranstalten.
 
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