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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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Harnack, O.: Kunstausstellung in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0091

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

AVI EN BERLIN SW.

Heugasse 58. Wartenburgatraße 15.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. VII. Jahrgang. 1895/96. Nr. 11. 2. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosseu. s. w. an.

KUNSTAUSSTELLUNG IN rom.

Nach der venezianischen Ausstellung: dieses Jahres
war es ein kühner Entschluss, auch in Rom noch eine
veranstalten zu wollen. Waren doch in Venedig die
besten Kräfte Italiens vertreten, und hatte man doch
zugleich das Möglichste gethan, auch aus dem Auslande
Bilder heranzuziehen und dabei erkennen müssen, dass
der Wunsch, in Italien auszustellen, jenseits der Alpen
nicht sehr lebendig war! Aber man wollte im Jubiläums-
jahr der Hauptstadt auch deren Ausstellungspalast nicht
leer lassen, und man hatte schon im Frühling auf die
übliche Ausstellung verzichtet, um sie im Herbst nach-
zuholen. Ein großer Erfolg ist dabei nicht erzielt
worden; schon äußerlich nicht, denn der Herbst ist
in Rom eine sehr stille Zeit; die „Saison" beginnt
erst Ende November wieder, und die Gäste, welche
zur Eröffnung der Ausstellung sich versammelt hatten,
stoben daher schnell wieder auseinander. Jetzt ist es
in den Räumen so leer, dass es ein Ereignis ist,
wenn man außer den Aufsehern, die sehr zahlreich ver-
treten sind, auch nur eine einzige Person antrifft. Der
innere Wert der Ausstellung ist zwar größer als dieser
klägliche Besuch erwarten lässt; aber doch geringer als
der des venezianischen internationalen Unternehmens.

Verhältnismäßig reichlich ist die Plastik vertreten,
und es entspricht dies vollkommen dem allgemeinen
Zustand der Kunstbestrebungen in Rom. Für die Bild-
hauer ist Rom immer noch ein Centrum geblieben, und
die Ateliers sind noch sehr zahlreich, wofür besonders
wohl die trefflich geschulten Hilfskräfte, welche die
Künstler hier finden, entscheidend sind. Dagegen haben
sich die Maler von Rom mehr und mehr zurückgezogen,
so dass hauptsächlich nur die Spanier in dieser Kunst
noch den Namen Roms hochhalten.

Die deutschen Bildhauer Roms sind in dieser Aus-
stellung übrigens nur zum geringen Teil vertreten.
Sommer, Volkmann, Tuaülon haben nicht ausgestellt.
Kopf hat auch hier in einigen Büsten und Reliefs seine
treffliche Porträtkunst bewährt; Seeböck ein reizvolles
Miniaturwerk in Bronze „Venus wäscht den Amor" aus-
gestellt; Gerhardt ein Madonnenrelief, das besonders
durch die Behandlung des schwierigen Materials (Rosso
antico) bemerkenswert ist. Von italienischen Künstlern
hat sich Mgnteverde, der Präsident des internationalen
Künstlervereins, durch eine prachtvolle Büste des Prinzen
Marc Antonio Borghese, eines imponirenden Charakter-
kopfes, hervorgethan. Im übrigen zeugt die Ausstellung
von lebendigem Streben und von Erfindungskraft der
italienischen Bildhauer, aber von wenig Rücksichtnahme
auf das Mögliche und Ausführbare. Es ist nicht Zufall,
dass größtenteils nur Entwürfe von Gips ausgestellt
sind; diese Entwürfe sind nur zu oft von einer Art,
dass ihre Ausführung kaum wünschenswert wäre. Be-
sonders lässt die naturalistische Bestrebung der Gegen-
wart die Künstler zu sehr vergessen, dass die wesent-
liche Aufgabe der Bildhauerkunst doch die Darstellung
des Nackten ist. Die Gestalten in Salontoilette und
noch häufiger in zerrissener Lumpenkleidung, welche wir
massenhaft modellirt sehen, würden in der Ausführung
zu allerlei technischen Kunststücken Gelegenheit geben,
aber das höchste Können des Bildhauers nicht bewähren
können. Wer möchte Gargiulo's „Bestia umana", einen
vertierten Gefangenen an der Kette, ausgeführt sehen
oder auch Magoni's „Povera arte", einen ausgemergelten,
aus hohlen, tiefliegenden Augen verzweifelt vor sich hin-
blickenden Mann, um welchen einige Künstlergerät-
schaften herumliegen? Was soll man aber gar zu einer
Verirrung sagen, wie der Giusti's, der ein auf einer
Schaukel sich umarmendes Paar darstellt; die Stricke
 
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