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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0135
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Sammlungen und Ausstellungen

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und Fruchtstück und im Stillleben, sehr wenig Beachtens-
wertes geboten haben. Nur die bewährte Meisterin des
Blumenstückes, die Stuttgarterin Anna Peters, ragt weit
über die Menge hinaus. Noch mehr thut dies Frau Cornelia
Pacxka geb. Wagner in einer Reihe von figürlichen und
landschaftlichen Zeichnungen, die sie „Studien zu einem
Cyklus" nennt. Was dieser Cyklus darstellen soll, ist aus
den Zeichnungen nicht ersichtlich. Soviel ergiebt sich aber,
dass die Künstlerin nicht bloß die italienischen, besonders die
florentinischen Meister der Frührenaissance, sondern auch die
Natur gründlich studirt hat. Wir erinnern uns nicht, jemals
von einer Dame so meisterhafte Studien nach dem nackten
Körper gesehen zu haben. Welch' einen Kontrast dazu bilden
die Gestalten von Adam und Eva, die man auf einem der
fünf Bilder von Anna Gerresheim sieht, die zusammen das
Schöpfungswerk darstellen sollen. Diese Dame ist eine Ver-
treterin des extremsten Naturalismus, der jetzt ein bequemer
Deckmantel für alle geworden ist, die weder zeichnen noch
malen können oder wollen. — Diese Richtung findet man
immer am stärksten in der Gurlitt'schen Ausstellung ver-
treten, die sich längst eine Specialität daraus gemacht hat.
Wie bei Schulte, hatte auch hier kürzlich ein Klub, der sich
„Vereinigung Freie Kunst" nennt, eine Sammelausstellung
veranstaltet. Seine Mitglieder sind Franzosen, Niederländer
und Deutsche, deren vornehmstes Streben, wie es scheint,
auf höchste Naivetät und Einfalt gerichtet ist. Obwohl der
größere Teil dieser Vereinigung mit heißem Wetteifer nach
diesem Ziele gestrebt hat, ist keiner von ihnen so weit ge-
diehen wie der auf der Insel Walcheren lebende F. M.
Melchers, der 25 meist sehr kleine Landschaften, Straßen-
und Häuseransichten ausgestellt hat, die den Beschauer
zwingen, seine Einbildungskraft zu den primitivsten An-
fängen der edlen Malerkunst zurückzuschrauben. Es fehlt
nicht an Leuten, die an dieser Versimpelung der Kunst ihre
Freude finden. Glücklicherweise lehrt aber die Erfahrung,
dass solche bis auf die Spitze getriebenen Bizarrereien
nirgends tiefere Spuren hinterlassen. Man braucht nur an
Sar Peladan in Paris zu erinnern, der nach einer reichen Heirat
seine Rosenkreuzergemeinde und Alle, die sich von ihm an
der Nase herumführen ließen, schnöde in Stich gelassen hat.

*„* Der Verein bildender Künstler Münchens, die sog.
Secessionisten, haben beschlossen, sich an der diesjährigen
Jubiläumskunstausstellung in Berlin nicht zu beteiligen, ob-
wohl ihnen die früheren Bedingungen (eigene Räume, eigene
Jury u. s. w.) zugestanden worden waren.

Dresden. — In Rücksicht auf die umfangreichen Vor-
arbeiten für die internationale Kunstausstellung des Jahres
1897 ist von dem akademischen Rate beschlossen worden,
im Jahre 1896 von der Veranstaltung einer akademischen
Kunstausstellung abzusehen.

Düsseldorf im Februar. — Augenblicklich erweckt in
der E. Schulte'schen Kunstausstellung eine Porträt-Sammlung
von Neven - Du Hont berechtigtes Interesse. Der junge
Künstler, obwohl aus der Düsseldorfer Schule hervorgegangen,
malt wie man hier nicht zu malen pflegt, was seinen Grund
darin haben mag, dass er Gelegenheit hat, über Sonntag eben
nach Paris zu fahren, um sich dort das Neueste und Beste
anzusehen. — Während die junge Düsseldorfer Kunst, mit
Ausnahme von Spatz, unter dem Zeichen des Naturalismus
schafft, gehört Neven-DuMont zu jenen zarten Koloristen,
die, von Whistler ausgehend, ihre Bilder in auf einen Grund-
ton gestimmten Farben-Haimonieen schaffen. Wir sehen da
Porträts in Lachsrot und Karmoisin, in Rosa und Orange
oder in einem stumpfen Malven-Violett. Sein Selbstporträt
malte er in Zinnober und Weiß: er steht in rotem Parforce-

Rock und weißer Hose vor uns, die eine Hand auf einen
weißen Rokokosessel gestützt, in der andern die Reitpeitsche.
Das ganze Bild ist in einen zarten Dunst gehüllt, welcher
alle Kontraste und Übergänge vermittelt, der Wirkung etwas
Schwebendes, Ätherisches giebt, und gleichsam Leben ver-
leihend die Menschen in einer seltsamen Innerlichkeit uns
nahe bringt. — Neven-DuMont ist in der Kunst derselbe
Dandy wie im Leben, da das Spezifische seiner Kunst stets
der Ausgleich persönlichen Empfindens ist. Im Damenporträt
macht er daher seinen besten Wurf. Das intime Damen-
porträt wird er zu seinem Felde machen müssen, um Gutes
zu leisten. Darüber hinaus kann er nicht, wenigstens jetzt
noch nicht; da3 Porträt eines Ulanenoffiziers beweist es. Es
ist eine schwache Leistung gegenüber den von feinem Ge-
schmack , Farbengefühl und Vertiefungsvermögen in die
vornehme Frauenseele zeugenden Damenporträts, mit denen
er sich auf einen Schlag zu einer der interessantesten Er-
scheinungen des jungen Düsseldorf gemacht hat.

SCURÄTOW.

Wien. — Die Ausstellung des Aquarellisten - Klubs im
Künstlerhause bot im allgemeinen wenig Hervorragendes,
von Einheimischen aber manches Beachtenswerte und Brave.
Die Auswärtigen, wie Dettmann, Hans v. Bartels und Hans
Hermann zeigten sich nicht über ihrem Durchschnittsniveau.
Dettmann's Bestes ist ein nicht im Katalog verzeichnetes
Genrestück „Brief an den Vater", von anmutender frischer
Ehrlichkeit, und in der Gouache „Gasse aus Neustadt in
Holstein" ist Leuchtkraft, während in der einen halb-
mystischen Ton anschlagenden Landschaft, mit den Lilien
im Vordergrunde, die Stimmung mehr gewollt als erreicht ist.
Die Südländer waren durch Agosto Gorelli und Jose Benlliure
mit anerkannter Tüchtigkeit vertreten. Der Berliner Ury
brachte diesmal mehrere, durch den Kunstsalon von Ar-
taria & Co. der Ausstellung gelieferte landschaftliche Aqua-
relle. Davon ist das Feinste die atmosphärisch duftige An-
sicht von Rügen, in flimmernden zarten Tönen, während das
„Fleet in Hamburg" breit und stark behandelt ist. Ury
spricht nur durch die Farbe und einreicht seine Wirkungen
weit glücklicher im Aquarell als in der Öltechnik. — Bei
Artaria war — beiläufig bemerkt — unlängst eine Kollektion
von Aquarellen des jungen Baseler's Sandreuter ausgestellt
und von dieser befanden sich ebenfalls mehrere landschaft-
liche Momenteindrücke auf der Ausstellung. Sie geben sich
in wenigen einfachen Farben, sparsam, ohne „Pose". Unter
den Wiener Landschaften erfreuen jedermann die durch
reine klare Töne auffallenden Naturausschnitte Ed. Zetsche's.
Die Durchsichtigkeit und Luftigkeit ist bei Zurücksetzung
aller unnützen Bravour erreicht, die Ausführung gerade er-
schöpfend, ohne ins Kleinliche zu gehen, wie bei dem
Gouachestück von Hans Witt (Mirabellgarten in Salz-
burg"). Aus allen diesen guten, anmutigen Sachen (auch
die tüchtigen Pastellporträts der Wiener sind dazu zu
rechnen) ragt Leopold Burger hervor, mit dem fünfteili-
gen „Kreislauf des Lebens". Eine Erzählung seines In-
halts hat, bei so kurzem Überblick, keine Berechtigung,
und es sei nur erwähnt, dass die Nacktfiguren im zweiten
Stück, welche die einheitliche Komposition gewissermaßen
durchbrechen, für unser Gefühl nicht notwendig erscheinen.
Im übrigen ist das Werk voll einfacher und geläuterter Em-
pfindung und durchaus einheitlich in der Erscheinung, von
heller Leuchtkraft und realistischer Natur-Symbolik. Diese
Menschen sind zweifach bedeutend: als Einzelwesen und
als Symbole. In dem Mittelstück ragt die einfache Kom-
position, trotz der kleinen Raumbedingungen, ins Monumen-
tale; Ausdruck und Gedanke decken einander vollkommen.
 
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