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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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Aubert, Andreas: Der Landschaftsmaler Friedrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0147

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:
UND

CARL VON LUTZOW

WIEN

Heugasse 58.

DR. A. ROSENBERG

BERLIN sw.

Wartenburgstraße 15.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. VII. Jahrgang.

1895/96.

Nr. 18. 5. März.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für hüllende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DER LANDSCHAFTSMALER FRIEDRICH.1)

VON ANDREAS AU BEBT.

Friedrich — einer der innerlichsten Geister, die es
in der deutschen Kunst gegeben — ist jetzt, in den
neuesten kunstgeschichtlichen Werken „ausrangirt". Den
Ehrenplatz, welcher — wenn er überhaupt einem Ein-
zelnen zugesprochen werden kann — mit dem meisten
Recht Friedrich zukommen müsste, hat Adolf Rosenberg
in seiner ..Geschichte der modernen Kunst" Schinkel
eingeräumt als demjenigen, der zuerst ..die deutsche
Landschaft aus der Vedute wieder zu einer höheren
künstlerischen Bedeutung" empor gehoben habe. In
seinem bändereichen Werk über die Geschichte der
Malerei im 19. Jahrhundert hat Richard Muther nicht
ein Wort für Friedrich. Lessing, Friedrich's Nachfolger,
giebt er dessen Platz: Lessing — nicht Friedrich —
„wurde der erste Schilderer deutscher Natur".

Friedrich hat in dieser Hinsicht das gleiche Schick-
sal wie sein Freund und Landsmann Otto Runge. Auch
Runge ist aus der Kunstgeschichte ausrangirt gewesen,
bis Alfred Lichtwark seine große bedeutsame Kinder-
gruppe als einen aus dem Anfang des Jahrhunderts
stammenden Vorboten der Helllichtmalerei unserer Zeit
aus den Magazinen der Hamburger Kunsthalle hervorzog

1) Übersetzt aus dem in norwegischer Sprache er-
schienenen Buche von A. Aubert: Professor Dahl iChristiania,
H. Aschehoug & Co., 1893/94, zwei Bände). Band II, S. 83 tf.

Kaspar David Friedrich, 1774 in Greifswald geboren,
erlernte die Anfangsgründe der Malerei 1794—98 in Kopen-
hagen. Von 1798 bis zu seinem im Jahre 1840 erfolgten
Tode lebte er in Dresden. 1810 wurde er zum Ehrenmitglied
der Berliner, 1810 zum Mitglied der Dresdener Akademie er-
nannt. Von 1820 bis zu seinem Tode bewohnte er mit dem
Landschaftsmaler Dahl dasselbe Haus am Terrassenufer,
jetzt Nr. 13.

und uns seine Künstlerpersönlichkeit in ihrer reichen und
allseitigen Eigentümlichkeit vor Augen stellte.

Es besteht eine geistige Verwandtschaft zwischen
Friedrich und Runge: sie haben Gedanken ausgetauscht,
sie beide beseelte bei ihrer Arbeit der gleiche romantisch-
schwärmerische Geist, und es gelang Friedrich, einen
Teil von Runge's glücklichsten Träumen zu verwirk-
lichen.

Als Exponent, als geistiger Ausdruck der roman-
tischen Gährung in der Malerkunst — in ihrem Zu-
sammenhange mit Dichtung und Philosophie — ist Runge
eine der bedeutsamsten Gestalten seiner Zeit.

Alles gährt in seinem Geist, alles ist geschmolzen
in der Innigkeit des Gemütes. Religion, Wissenschaft,
Kunst — alles mischt sich ungeschieden in philosophisch-
spekulativen Phantasieen. Lesen wir Runge's hinter-
lassene Schriften — seinen Freunden Tieck und Steffens
zugeeignet — so würden wir alles eher glauben, als dass
er imstande gewesen sei, klar ausgestaltete Kunst zu
schaffen. Und doch sind aus dieser Nebelwelt Bilder her-
vorgegangen, die das Gepräge eines offenen und derben
Wirklichkeitssinnes tragen.

Was uns hier begegnet, treffen wir an so vielen
anderen Punkten in der romantischen Bewegung. Sub-
jektiv und excentrisch, wie sie ist, enthält sie eine Welt
gährender — häufig fruchtbarer — Gedanken. Das Ge-
sunde grenzt so nahe an das Kranke!

„Subjektiv und excentrisch" nennt Hettner die ganze
Zeit, welche die romantische Richtung gebar. Die Dichter,
durch welche die Sichtung zu einer Kulturmacht wurde,
nennt er ..ungesund durch und durch". Aber zugleich
macht er mit Nachdruck und Entschiedenheit geltend:
dass keine Kunst durch die Romantik so viel gewonnen
hat wie eben die Malerei. Sie hat das Stimmungsleben
befreit, sie hat den unnatürlichen plastischen Zwang ge-
brochen, welcher dieklassischen Ideale derXeu-Renaissance
 
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