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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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Nyári, Alexander: Von der Millenniums-Ausstellung in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0207

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aller Raffinerie der Kunst erbaut, dass selbst berufene
Fachleute einer angenehmen Täuschung sich hingeben
werden.

Der Monarch, der die Ausstellung selbst eröffnet,
wird die einzelnen Deputationen und deren Huldigung
in jenem Teile dieser historischen Gruppe empfangen,
deren Stil dem der Zeit des ersten apostolischen Königs, des
heiligen Stephan, entspricht, — und zwar in der im
romanischen Stil erbauten Halle, die mit einem Kreuz-
gang und einer nach dem Muster der Kirche zu Jaäk
erbauten Kapelle im Zusammenhang steht. Die west-
liche Fassade der Kapelle ist eine Kopie der Kirche zu
Jaäk, die in der Kunstgeschichte als eine Perle der
romanischen Kunst gilt. Oberhalb der Bögen der Por-
talfüllung sind die seit Jahrhunderten der Witterung
ausgesetzten Statuen Christi und der Apostel angebracht,
und das Äussere des aus Stein erbauten ebenerdigen
Gebäudes erinnert in allen Teilen an den edlen Ge-
schmack der Zeit der Könige aus dem Hause Arpäd's.

Rechts vom Thore steht eine Gruppe im Übergangs-
und Spitzbogenstil, mit reicher Ornamentik, wobei der
Künstler mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, da von
den profanen Bauten des XIV.—XV. Jahrhunderts blos
das Schloss zu Vajda-Hunyad übrig blieb, dessen Bau
er hier imitirte. Hieran schließen sich Bauten aus der
Zeit Johannes Hunyadi's und die herrliche gotische
Kapelle zu Donnersmark, die gewiss ein reizendes Bild
der ungarischen Burg und der Kirchenbaukunst des XIV.
bis XV. Jahrhunderts geben.

Hier wird man vom Beginn der Denkmäler zu Zeiten
der Anjou's, von den Königen Robert Karl, Ludwig dem
Großen und Sigismund bis zur Zeit der Schlacht bei
Mohäcs alle Kunstschätze und historischen Reliquien
sehen, die in den heimischen und ausländischen Samm-
lungen erhalten geblieben sind. So die Goldschmiede-
arbeiten aus der Zeit Ludwigs des Großen, die in der
Schatzkammer des Doms zu Aachen befindlichen herr-
lichen Kelche, Leuchter etc., die Kopie des silbernen
Sarges des heiligen Simon aus Zara, die Corvinen
aus fast allen Bibliotheken Europa's, die also nach
400 Jahren wieder einmal beisammen zu sehen sein wer-
den. Im Rittersaal des Schlosses zu Vajda-Hunyad
werden ganze Serien kriegsgeschichtlicher Denkmäler
mit an die größten Nationalhelden erinnernden Reliquien,
im ersten Stock hingegen die kirchlichen Ausrüstungen,
Goldschmiedewerke, besonders die berühmten aus den
Zeiten der Siebenbürger Fürsten, dann wahre Schätze
von Kleidungstücken zu sehen sein.

Die dritte Baugruppe ist zugleich die größte, die
in Folge ihrer stilistischen Abweichungen das reichste
Bild bietet; sie ist bestimmt zur Aufnahme der Denk-
mäler aus dem XVI.—XIX. Jahrhunderte. Hier findet
man die berühmte Katharinenbastei aus Kronstadt mit
den vier Fialen, an deren Erkern und Erkerfenstern die {
Tradition des Mittelalters ersichtlich ist. Mächtige j

Flügel sind ihr angebaut, und der schönste von diesen
ist entschieden die im Stile Fischer von Erlaeh's erbaute
Hauptfassade. Das große Hauptportal führt in ein
mächtiges Treppenhaus, wovon links und rechts die
perspektivische Ansicht großer Hallen ersichtlich wird.
Die Hauptkuppel zeigt schöne Motive vom Thore zu
Karlsburg, wozu die plastischen Arbeiten die Bildhauer
Nikolaus Köllö, Julius Bexeredij und Eduard Kallas
geliefert haben. Die eigentümlichen architektonischen
Specialitäten der obernngarischen Städte, wie Bartfeld
und Leutschau, kommen hier zur Geltung. Hier steht
der Turm zu Leutschau, das Rakoczy'sche Haus in
Eperjes, der Erker am Rathause zu Bartfeld, man sieht
die Gesimse der oberungarischen Städtehäuser, die in
Ungarn und im benachbarten Polen im XVII. Jahrhundert
ein charakteristisches architektonisches Bild lieferten.

In diesem großen Gebäude werden zu sehen sein:
die Denkmäler des ungarischen kirchlichen, kriegsge-
schichtlichen, behördlichen Lebens, die des Hochadels
und der Privaten, von der Zeit der Schlacht bei Mohacs
bis zum heutigen Tage, — was auch deshalb interessant
sein wird, weil zu dieser Zeit die ganze Kraft der Nation
durch die türkische Herrschaft in Anspruch genommen
wurde. Hier werden auch die wichtigen Momente aus
dem Komitats- und Städteleben zu sehen sein, und die
Schätze der Litteratur, Wissenschaft, der Schulen, Uni-
versitäten, Bibliotheken zugänglich gemacht. Gewiss zu
den interessantesten Objekten gehört die meisterhafte
Abbildung der Bakocs-Kapelle zu Gran, als einziger in-
takter Teil der italienischen Renaissance, die zur Zeit
des Mathias Corvinus geblüht. Dann im ersten Stock die
herrlichen Säle mit Interieurs aus dem Schlosse Ester-
häz, Eigentum des Fürsten Esterhazy, die in ihrer
Pracht und musterhaften Kunst einen bleibenden Ein-
druck zurücklassen. Mit Ausnahme des Treppenhauses
entwarf die innere Dekoration der Hallen aus der
gotischen und späteren Zeit ein tüchtiger Architekt,
Albert Schickedanx, der die charakteristischen Motive
der heimischen Denkmäler überall zur Geltung verhalf.
Gegenüber dem Renaissance-Gebäude steht ein Jagd-
schloss, zur Aufnahme der besonders interessanten Denk-
mäler der Urbeschäftigung, wie Fischerei, Hirtenleben
und Jagd. Die verbaute Fläche all dieser historischen
Paläste giebt einen Raum von 5000 Meter.

Was außerhalb dieser Fläche, somit nicht auf der
Insel zu sehen sein wird, gehört eigentlich nicht mehr
in das Gebiet der Kunst und Geschichte. Hiervon
inachen bloß einige Pavillons Ausnahmen, so der Pavil-
lon der Hauptstadt, wo Julius Benexur's herrliches
Gemälde „Die Wiedereroberung Ofens" zu sehen sein
wird. Auch Michael von Munh'icsy stellt sein jüngstes
Gemälde das „Ecce homo'- in Bellevue aus, dem letzten
Gebäude der Andrassy-Straße, hart am Stadtwäldchen.
In unmittelbarer Nähe hiervon wird ein Panoramabild
zu sehen sein: „Die Schlacht bei Raclawica", in der Kos-
 
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