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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Schultze, Paul: Die Münchener Jahres-Ausstellung im Glaspalast, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0015

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEUAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

wien berlin sw.

Heugasse 58. Yorkstraße 20.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W H. KÜHL, Jägerstr. 73.
Neue Folge. VIII. Jahrgang. 1896/97. Nr. 2. 22. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf- für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s. w. an.

DIE MÜNCHENER JAHRES-AUSSTELLUNG
IM GLASPALAST.
III.

Ganz außerordentlich umfangreich ist die britische
Abteilung des Glaspalastes, die bis jetzt drei Haupt-
und drei Nebensäle füllt. Trotzdem sie wenig ganz
Hervorragendes und vieles Unbedeutende enthält, ist
sie diejenige, welche, wie die englische Kunst stets,
den geschlossensten Eindruck reservirter Vornehm-
heit hervorbringt. Man fühlt hier: man ist bei gut er-
zogenen Leuten zu Gast; nirgends mengen sich schrille,
plebejische Stimmen in den Gesamtaccord, der durch
sonore tiefe Klänge zusammengesetzt wird. Ein feiner
Geschmack weiß hier alle Erscheinungen zu adeln und
selbst das Minderbedeutende harmonisch und sympathisch
zu machen.

Die Schotten sind mehr Kraftnaturen, zeigen jedoch
dieselbe gute Erziehung. Sie sind im Glaspalast weit
in der Minderzahl und nicht so gut wie in der Secession,
bieten jedoch auch hier viel Schönes.

Eine neue Charakteristik der britischen Kunst
geben zu wollen, wäre überflüssig — dies ist in diesen
und in andern Blättern schon zur Genüge geschehen.
Nur auf einzelne Erscheinungen sei aufmerksam ge-
macht, wie sie die diesmalige Ausstellung gerade nahe-
legt. Der Bevorzugte ist diesmal Austen Brown, von
Geburt wohl ein Schotte, der in London lebt. Sein
Damenporträt hat die einzige große goldene Medaille
bekommen und gewiss mit Recht; von allen distin-
guirten Porträts der Ausstellung ist das seine das
distinguirteste. Obgleich von kräftiger Wahrheit der
Erscheinung, hat es durch seine einfache Farben-
zusammenstellung, ein schwarzes Jackett auf der gelb-
grauen Chinaseide des Paravents, eine so tiefe teppich-

artige Bildwirkung, wie man sie bei den deutschen
Porträts vergeblich suchen würde. Ganz außerordent-
lich ist auch das rafflnirt geschmackvolle Bild einer
Dame von Cadby, das in seinem Whistlerischen Dämmerton
uns wie ein schöner Traum anmutet, aus dem das bleiche
Gesicht licht und doch schemenhaft auftaucht. Etwas
gesucht, aber doch anziehend sind zwei Porträtköpfe
von Güohrid. Ganz von kräftigem Wirklichkeitssinn
durchsetzt ist Solomon J. Solomons Bildnis des Bild-
hauers Frampton, daneben noch etliche, die durch breiten
Vortrag und sichere Eleganz etwa die Bahnen Shannon's
gehen und einen hohen Rang in der Porträtkunst ein-
nehmen, auch da, wo man etwas mehr Rasse dahinter
wünschte. Noch einen Engländer hat man mit einer
Medaille ausgezeichnet, G. W. Joij mit seinem Bilde
die „Danaiden". Ein streng gezeichneter und gemalter
Mädchenleib mit ausgesprochenem griechischen Profil,
zeigt das Bild Eigenschaften, die bei den Engländern nicht
weiter überraschen, aber durch das edle Ebenmaß, das
hier nichts von akademischer Korrektheit hat, und wegen
der keuschen Empfindung, mit der es gemalt, sehr hoch
zu stellen ist. Ähnlich, vielleicht mit einem kleinen
Stich ins Süßliche, ist Hacker's „Daphne", deren blühende
schlanke Nacktheit aber mit soviel Anmut und Lieb-
lichkeit gegeben ist, dass es Prinzipienreiterei wäre,
sich nicht daran zu erfreuen. Fowler, der hier im Vor-
jahre gut aufgenommen worden, macht diesmal von dem,
was an ihm gefallen, einen etwas allzu reichlichen Ge-
brauch und weiß deshalb wenig zu fesseln. Das, was
heuer an ihm gut ist, ist die englische Tradition,
während seine eigene Arbeit flüchtig und gehaltlos ist.
Das ist schade, denn Fowler ist ein, wenn auch nicht
epochemachendes, so doch höchst feinsinniges Talent,
das sich hier in einer ins Englische übersetzten und
daher verfeinerten Kitschmalerei verbraucht. Auch der
 
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