Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

DOI Artikel:
Rosenberg, Adolf: Die internationale Kunstausstellung in Berlin, [4]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0023

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Yorks tr aß e 20.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Garteastr. 15. Berlin: W H. KÜHL, Jägerstr. 73.
Neue Folge. VIlFJahrgang. 1896/97. Nr. 3. 29. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beihlatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf- für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

die internationale
kunstausstellung in berlin.
IV.

Uber die Abteilungen der Belgier und Holländer,
der Dänen, Norweger und Schweden, der Russen und
Polen ist wenig neues zu sagen. Norweger, Schweden
und Holländer wetteifern miteinander, um es allen
Launen der Pariser Modemalerei gleich zu thun, mögen
sie nun auf den krassesten Naturalismus oder auf Mystik,
Symbolismus und Spiritismus hinauslaufen. Bei diesem
wilden Rennen ist der bolländische Marinemaler H. W.
Mesdag allmählich aus einem Realisten zu einem Farben-
poeten geworden, der in Holland beinahe so viel bedeutet,
wie A. Achenbach und E. Dücker bei uns, und Israels ist
längst nicht mehr ein einsamer Bahnbrecher, sondern er
schreitet bereits mit mehreren anderen, die ihn nachahmen
und ihn bald übertreffen werden, in Reih und Glied. Unter
den Norwegern wirkt Hans Gude beinahe schon wie eine
tropische Pflanze, die in einem fremden Erdreich keine
feste Wurzel fassen kann, und die schwedische Malerei
würde sich von der neuesten französischen gar nicht
mehr unterscheiden, wenn Graf Bosen, der Schüler von
Henry Leys, nicht mit einer ganz in der Art dieses Meisters
gemalten „Rückkehr des verlorenen Sohnes" mit Figuren
in der Tracht des IG. Jahrhunderts und mit drei vor-
trefflichen Bildnissen die germanische Kunstrichtung
verträte. Auch Gustav von Oeder ström, ein Schüler
von Bonnat und Meissonier, ist in einer „Wache an
der Leiche Karl XII." noch ein Anhänger der älteren
Richtung in der Historienmalerei, während er sich in
einer Scene aus einem „Nachtasyl in Stockholm",
wenigstens in der Wahl des Motivs, auf die Seite der
„Modernen" stellt. Zu ihnen gehören fast sämtliche
schwedischen Landschaftsmaler, soweit sie sich an unserer

Ausstellung beteiligt hatten, unter ihnen auch ein Sohn
des Königs, Prinz Eugen von Schweden, der völlig auf
dem Boden der impressionistischen Stimmungsmalerei
steht. Im Verhältnis zu diesen Malern erscheint der
Tier- und Landschaftsmaler B. Liljefors beinahe im
Lichte eines romantisch gestimmten Naturdichters.

Auffallend ist, dass die dänische Kunst, im Gegen-
satze zu der dänischen Litteratur und der Hinneigung
fast aller gebildeten Dänen zu Frankreich, viel weniger
von den Franzosen abhängig ist als Norwegen und
Schweden. Es scheint, als ob der Geist Thorwaldsen's
immer noch in diesem kleinen, aber betriebsamen Volke
mächtig ist. In der Bildhauerkunst jedenfalls, trotz
aller entgegengesetzten Versuche, die der Brauer Ja-
cobson in seiner allgemein zugänglichen Glyptothek in
Ny Karlsborg macht. Aber auch in der Malerei
herrscht ein Streben nach Sorgfalt und Gediegenheit
der Durchführung, ein tiefer Ernst, der von dem modernen
Skizzenwesen nichts wissen will. Ein Bild wie z. B.
die im Bade von den beiden Alten Überfallene Susanna —
die Scene spielt in der Abenddämmerung auf der Mar-
morterrasse eines Hauses ■— von Laurits Tuxen ist
ganz und gar ein Sprössling der antikisirenden Richtung
Thorwaldsen's, und die beiden meisterhaften architek-
tonischen Interieurs aus der Zeit Ludwig's XVI. von
Adolf H. Hansen sind aus der gleichen künstlerischen
Gesinnung hervorgegangen. Die Landschaftsmalerei
durchdringt ebenfalls ein sozusagen germanischer Zug.
Der Sonnenuntergang im Meere an der äußersten Spitze
eines Eilandes von H. Ole Brosen z. B. ist ein Licht-
effektstück, das ganz an die Romantik der älteren Düssel-
dorfer Marinemaler erinnert. — Auch in Belgien ist die
Hinneigung zu Frankreich nicht so stark, wie uns die
jugendlichen Mitglieder einiger excentrischen Malerklubs
in Antwerpen und Brüssel glauben machen wollen. Die
 
Annotationen