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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0101

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weiter, sie zu klassifiziren, vergebens. Endlich hat man es:
das junge Dänemark kommt Einem in den Sinn, und gleich-
zeitig erinnern wir uns der Stammesverwandtschaft dieses
jungen Künstlers mit Dänemerk; er ist Bremer. Der
Wert, die Eigenart und anziehende Kraft der dänischen
Kunst, der Litteratur sowohl als auch der Malerei, beruht be-
kanntlich in dem trauten, innigen Erfassen des Milieus, das
uns den ganzen Lebenslauf seiner Bewohner erzählt. Ähn-
liches fanden wir bei Heller. Seine Porträts erinnern an die der
jungen dänischen Bildnismaler und J. P. Jacobsen's vor-
nehme Dichtkunst. Vielleicht wäre seiner Entwicklung ein
Aufenthalt in Kopenhagen recht zuträglich, denn dort wird
er finden, was sein Wesen ausmacht, falls er sich dessen
überhaupt schon bewusst ist. R. KLEIN.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

— In der Januarsitzung der Archäologischen Gesell-
schaft xu Berlin wurde zunächst der statutenmäßige Ab-
schluss des abgelaufenen Rechnungsjahres vorgelegt und so-
dann die Neuwahl des Vorstandes vorgenommen. Gewählt
wurden die Herren Schöne (erster Vorsitzender), Conxe,
Kekule von Stradonitz und Trendelenburg. Nach Vorlage
der eingegangenen Schriften machte zunächst Herr Dicls auf
Grund brieflicher Angaben von Mr. Kennyon Mitteilung über
den neuesten Litteraturfund auf ägyptischem Boden, die
Hymnen des Bakchylides, von denen gegen tausend Verse,
wovon etwa die Hälfte unversehrt, sich erhalten haben.
Sodann berichtete Herr Eiller von Qärtringen eingehend
über seine Ausgrabungen auf der Insel Hiera, die nicht bloß
in Bezug auf Inschriften ungeahnt ergebnisreich waren,
sondern auch über die Stadt-, Grab- und Burganlagen sowie
über die Geschichte und Kulturgeschichte der Insel neues
Licht verbreitet haben. Eine sehr zahlreiche Zuhörerschaft
folgte den Ausführungen des Redners mit gespannter Auf-
merksamkeit und drückte ihm am Schlüsse ihren Dank durch
lauten Beifall aus.

Born. — Kais, deutsches archäologisches Institut. In
der Sitzung vom 18. Dezember besprach Dr. Amelung einige
Fälle, in denen antike Skulpturen zur Herstellung von
Statuen christlicher Heiliger verwandt sind, wie der h. Se-
bastian in S. Agnese in Aysne, die h. Helene in S. Croce in
Gerusalemme, eine Statue und eine Büste der h. Agnes in
S. Agnese fuori Porta Pia, die Madonna im Pantheon beim
Grabe Raffael's, um hieran einige allgemeine Bemerkungen
über das Verhältnis der christlichen zur antiken Kunst zu
knüpfen. — Prof. Petersen legte die neue Publikation der
Trajanssäule von Cichorius (Tafelband I, Textband II) vor, wo-
bei er für einzelne Scenen eine von der des Herausgebers
abweichende Erklärung entwickelte. '■

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

*„* Die Ausgrabungen in Athen werden gegenwärtig mit
besonders großem Eifer an fünf Stellen unternommen. Das
deutsche archäologische Institut setzt seine seit mehreren
Jahren vorgenommenen Grabungen unter Leitung Dörpfeld's
am Westabhange des Areopags fort. An dieser Stelle ver-
mutet Dörpfeld nach Pausanias und anderen antiken Zeug-
nissen die alte Orchestra und das von Agrippa erbaute
Odeion, Bauanlagen, die wegen ihrer Gestalt sich auch ohne
Inschriften oder andere Funde erkennen lassen müssen, wenn
auch nur kleine Reste von ihnen erhalten sind. Die Auf-
findung auch nur einer dieser Anlagen würde auch für die-
jenigen entscheidend sein, welche sich durch die bisherigen

Funde noch nicht von der Kontinuität der Stadtbeschreibung
des Pausanias überzeugen lassen wollen. Diese zu erweisen
und damit für die Topographie der antiken Stadt Athen eine
sichere Grundlage zu schaffen, ist das Ziel der Dörpfeld'schen
Ausgrabungen. Die griechische archäologische Gesellschaft
lässt am Nordwestabhang der Akropolis graben, da, wo man
das Anakeion, das Heiligtum der Dioskuren, vermutet, das,
nahe der Aglaurosgrotte gelegen, in der Zeit des Pisistratos
zugleich als Versammlungsstelle der Wehrmannschaften
diente. Die englische archäologische Schule gräbt im Süd-
osten der Stadt im llissosbezirk, wo die Spuren eines großen
Gebäudes gefunden worden sind, in dem man das dem
Herakles geweihte Gymnasion des Kynosarges vermutet. Die
Reste eines in der Nähe gefundenen römischen Bauwerkes
glaubt man auf das Gymnasion des Hadrian beziehen zu
dürfen. Im Nordwesten der Stadt, am alten Dipylonthore,
werden durch den Ephoros Stai's Gräber aufgedeckt. Schließ-
lich wird unter Leitung des Herrn Oikonomos die vor kurzem
in Angriff genommene Freilegung des vom Dipylon zur
Akademie führenden Weges fortgesetzt.

VERMISCHTES.

Eine Goethe-Erinnerung. In Goethe's Leben und Dichten
spielt die Gerbermühle bei Frankfurt eine wichtige Rolle.
Schon den einen Handwerksburschen im Faust lässt der
Dichter sagen: „Wir wollen nach der Mühle wandern", und
Goethe selbst ist dorthin zu seinen Freunden Willemer in
den Jahren 1814 und 1815 gewandert. Er hat dort mit Vor-
liebe geweilt: dort hat er die Suleika seines „Westöstlichen
Divans" gefunden, die „schöne Müllerin," Marianne [von
Willemer. Die Ansicht der Gerbermühle von der Frankfurter
Seite her giebt Heinemann in seinem „Goethe" II, S. 304;
so erscheint das Haus heute freilich nicht mehr, da besonders
der Balkon gefallen ist. Die Ansichten von Osten her, wie
sie heute noch unverändert den damaligen Bestand des
Hauses und seiner nächsten Umgebung zeigt, hat in einer
trefflichen Radirung Franziska Redelsheimer festgehalten: es
wird wohl nicht mehr lange dauern und die Gerbermühle
gehört zu den verschwundenen Erinnerungsstätten aus Goethe's
Leben — sie wird voraussichtlich bald den neuen Hafen-
bauten weichen müssen. Die junge Künstlerin, Schülerin
Mannfeld's, hat, den Wegen des Meisters folgend, aber in
eigenartiger Auffassung, den großen charakteristischen Zug
der Landschaft zu erfassen verstanden und ihn mit malerischer
Wirkung auszugestalten gewusst. Das Haus wird rechts und
links von entlaubten Baumgruppen eingefasst, hinter denen
nähere und fernere Gruppen allmählich in die Weite führen,
bis rechts das Auge am schiffbelebten Flusse die Mainstadt
mit dem Dom auftauchen sieht. Am Himmel oben ist starke
Bewegung der Wolken, während es am Horizont hell er-
scheint, so dass die Silhouette des Hauses kräftig hervortritt.
Vor dem Gartenzaun füllt den Vordergrund eine mit Wasser-
lachen durchsetzte Wiese, wodurch in das kräftige Dunkel vorn
helles Licht eingeführt wird. Das wirkungsvolle Blatt
(37x45 em) ist von einem radirten Rahmen umschlossen,
aus dessen reizvollen Arabesken oben links und rechts die
Porträte von Marianne und Goethe hervortreten und so darauf
hinweisen, dass hier ein schönes Stückchen Erde, von einer
ganz besonderen Bedeutung erfüllt und getragen, sich dem
Beschauer darbietet: so hat die erfreuliche Schöpfung den
doppelten Wert eines wirkungsvollen Bildes und einer bleiben-
den Goethe-Erinnerung.

Frankfurt a. M. r- VALENTIN.
 
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