Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

DOI Artikel:
Steinmann, Ernst: Moderne Kunst in Florenz, [2]
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0105

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
197

Bücherschau.

198

Farbentöne, wie kunstvoll die Perspektive! Wenig
ansprechend ist dagegen die h. Magdalena von Carolus
Duran, noch minderwertiger eine völlig verunglückte,
allerdings vor mehr als 30 Jahren gemalte Enthauptung
des Täufers von einem der berühmtesten französischen
Künstler, Puvis de Chavannes, dessen Bedeutung man in
seinen Rötelstudien vielleicht besser kennen lernen kann,
als in seinen Gemälden. Von den Familienbildnissen
des Dagnan-Bouveret, des Carriere, des Albert Besnard
wird man dem ersten den Vorzug erteilen, und endlich
sind Aime Monot, Julian Story, Madame Perry durch
tüchtige Porträte vertreten.

Unter den weiblichen Künstlern behauptet neben
Alceste Campriani, bekannt durch ihre Naturschilde-
rungen aus Neapel und Umgebung, vielleicht Eufrosina
Bernaert mit ihrer reizvollen Landschaft „Eingang zum
Kloster von Schilde" den ersten Rang. Sie gehört zu
den wenigen Vertretern der belgischen und holländischen
Schule, unter denen Leon Frederic einerseits, der aus-
gezeichnete Marinemaler Mesdag andererseits zu nennen
sind. Das neueste Werk des letzteren schildert einen
Sonnenuntergang. Ruhig gleiten die Schiffe über das
stille Wasser, nur nach dem Ufer hin heben sich leise
plätschernd die Wellen. Die feuchte, schwere Luft,
durch welche das matte Licht der sinkenden Sonne
zitternd hindurchfiutet, ist meisterhaft geschildert; wie
alle Bilder Mesdag's, überrascht auch dieses durch den
feinen silbergrauen Gesamtton.

Villegas, Enrique Serra, Jose Benlliure sind unter den
Spaniern zu nennen. Der erste hat die wirkungsvolle
Skizze für eine größere Komposition ausgestellt, welche
einen der schauerlichsten Vorgänge der glänzenden aber
an tragischen Episoden überreichen Geschichte Venedigs
darstellt: der Doge Marino Faliero sitzt nach seiner
Verurteilung zum Tode, mit allen Abzeichen seiner
Würde angethan, auf dem purpurnen Ehrensitz und schaut
gedankenvoll seinen Richtern nach, die in lange schwarze
und feuerrote Talare gehüllt, langsam und gemessen
durch den Saal dahin schreiten und einer nach dem
anderen am Ausgang verschwinden. Benlliure schildert
mit der ihm eigenen feinen Charakteristik in sorg-
fältigster technischer Ausführung ein altes Bettlerpaar,
Serra endlich entzückt durch eine Herbststimmung, welche
die vornehm melancholische Ruhe eines verlassenen Parkes
ganz in die goldene Glut des Abends getaucht, mit der
Leuchtkraft südlicher Farben darstellt.

Die nationalen Unterschiede, welche sich am Aus-
gange des XIX. Jahrhunderts nach mehr als einer Rich-
tung abzuschleifen beginnen, werden vielleicht in der
Kunst noch am schärfsten betont. Daher bringt man
mit Recht modernen Ausstellungen, die mehr und mehr
international werden, weil jeder sich des hohen Reizes
bewusst ist, den es gewährt, die eigenen Leistungen
mit fremden zu vergleichen, ein stets sich steigerndes
Interesse entgegen. So wird auch der italienische

Künstler und Kunstfreund in der Florentiner Ausstel-
lung manches lernen können, und der Fremde, der mit
einem Seufzer Akademie, Uffizien und Palazzo Pitti,
die herrlichsten Gemäldegalerien der Welt, für eine
Weile verlässt, der Festa dell' Arte e dei Fiori seinen
Tribut zu entrichten, wird solche Entsagung wohl be-
lohnt finden.

BÜCHERSCHAU.

Karl Woermann, Katalog der Königliehen Gemäldegalerie
zu Dresden, herausgegeben von der Generaldirektion der
Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft.
Große Ausgabe. Dritte, vermehrte und verbesserte Auflage,
mit hundert Abbildungen. Dresden 1896. XXXII und
911 S. 8».

Seitdem die Leitung der Galerie in Dresden einem Manne
von wissenschaftlicher Autorität anvertraut ist, hat die Ka-
talogisirung des Dresdener Bilderschatzes plötzlich den er-
freulichsten Aufschwung genommen. Man kennt den Ab-
stand zwischen Woermann's Katalog von 1887 und dem
Hübner'schen Verzeichnis, das ihm voranging. Ebenso in
den Benennungen der Bilder wie in den Angaben über die
Herkunft derselben verspürte man in Woermann's Arbeit
einen ganz neuen Geist, der auf der Höhe der damaligen
Kunstwissenschaft stand. 1892 war eine neue Auflage nötig
geworden, die nun von einer dritten abgelöst wird. Man
kann beiden Auflagen dasselbe Lob spenden, wie der ersten,
und wäre es nicht eine Art Pflicht des Recensenten, da und
dort zu ergänzen oder Bedenken zu äußern, so würde ich
mich hier gern mit einer summarischen Anerkennung be-
gnügen. Jedenfalls will ich meine Bemerkungen nur in
aller Kürze zum Ausdruck bringen. — Bei Nr. 57 von Jacopo
de Barbari: Brustbild des segnenden Heilands, wo die
Entdeckung L. Cust's, wodurch das Bild als ein beglaubigtes
Werk des Barbari erwiesen wurde, benützt erscheint, fehlt
der Hinweis auf dessen Publikation im Jahrbuch der k.
preußischen Kunstsammlungen, Bd. XII!, S. 142 ff. Zu
Nr. 161, Parmeggianino : Madonna della Rosa. Nach Nagler's
Lexikon hat sich eine variirte Wiederholung des Bildes ehe-
dem bei Dr. Rincolini in Brünn befunden. Zu Nr. 170
Tizian: Bildnis einer Neuvermählten. Ein Hinweis auf die
Kopie von der Hand des Rubens in der Wiener Galerie wäre
nach meiner Ansicht nicht überflüssig. Zu Nr. 178 Tizian:
Venus, sich spiegelnd. Stammt höchst wahrscheinlich aus
der Brüsseler Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm von
Osterreich. Im Inventar dieser Sammlung ist das Bild als
Nr. 11 beschrieben. Stampart's und Prenneris „Prodromus"
(1735) bringt auf Taf. VI eine Abbildung. Jacob Männl hat
es geschabt. (Hierzu das „Jahrbuch der Kunstsammlungen
des A. H. Kaiserhauses" Bd. XVI.) Der Übergang von den
österreichischen in die sächsischen Sammlungen erfolgte,
wie man aus den Dresdener Katalogen erfährt, 1749. Die
Identifizirung des Dresdener Bildes mit dem Venusbilde, das
in Brüssel, später in Wien war und das von Männl und im
»Prodromus" reproduzirt ist, kann einen hohen Grad von
Sicherheit beanspruchen. Sie wäre völlig einwandfrei, wenn
sich nicht ehedem ein zweites Exemplar dieses Venusbildes
in' kaiserlich österreichischem Besitz befunden hätte. Dieses
ist mit minderwertigen Bildern vor Jahren in Pest ver-
steigert worden und in den Besitz des Herrn Ministerialrates
von Killenyi ebendort gelangt.1) Zweifellos ist damit ein

1) Wie die übrigen Bilder, die bei der genannten Ge-
 
Annotationen