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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Klein, Rudolf: Oswald Achenbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0119

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HEßAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. York Straße 20.

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstr. 17. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. VIII. Jahrgang. 1896/97. Nr. 15. 18. Februar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlieh einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf- für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

OSWALD ACHENBACH.

Vor Jahresfrist war es, dass man in Düsseldorf unter
hohen Ehrenbezeugungen den 80. Geburtstag des Alt-
meisters und Reformators der deutschen Landschaft, dass
man Andreas Achenbachs 80. Geburtstag beging. Ein
Jahrzehnt zuvor hatte man, begleitet von einer Kollektiv-
Ausstellung, die einen Überblick über das Schaffen des
Meisters gewähren sollte, seinen 70. Geburtstag festlich
begangen. In diesem Jahre rüstete sich die Düsseldorfer
Künstlerschaft zur 70. Geburtstagsfeier ihres zweitgrößten
Landschafters Oswald Achenbach.

Es steht in der Geschichte der Künste ziemlich ver-
einzelt da, dass zwei Brüder in der gleichen Kunst-
bethätigung beinahe gleich Bedeutendes leisten und um
die Palme ringen; wenn schon, so reizt es zu einem
Vergleich. Der würde nun in diesem Falle entschieden
zu Gunsten des älteren der Brüder, des Marinemalers
Andreas ausfallen. Er ist nicht nur an Begabung der
überlegenere — Werke von der künstlerischen Kraft
seines „Fischmarkt" hat Oswald nie geschaffen, — son-
dern er nimmt auch in der Entwicklungsgeschichte der
deutschen Landschaft eine wichtigere Stellung ein. Er
zuerst that in Deutschland den Schritt zur realistischen
Naturschilderung, nachdem Lessing den von der heroischen
Landschaft zur romantischen gethan. Während so An-
dreas der kühne Pionier war, der vom schwanken Ufer
der Romantik die Brücken zum Festlande der Natur
schlug, gehört Osswald in kunstgeschichtlicher Hinsicht
zu jenen Kämpfern, welche die letzten Vertreter der
Romantik versprengten und von allen Höhen der Land-
schaft Besitz nahmen.

Heute haben wir Gelegenheit, Werke der verschie-
densten Epochen seines Schaffens zu studiren. Da sind
Bilder jener frühen Jahre, die durch die Härte der Linien-

führung und die Trockenheit des Kolorits ihre Verwandt-
schaft mit der Lessing-Schirmer-Schule nicht verleugnen
können. Dann beginnt die Farbe allmählich aufzublühen
und erreicht zu Beginn der achtziger Jahre ihre schönste
Reife. Hier steht Oswald Achenbach in der Wirkung
seiner breiten malenden Technik und der warmen Glut
und Leuchtkraft eines natürlichen Kolorits auf der Höhe
seines Schaffens. Anfang der neunziger Jahre droht seine
Kunst in Virtuosentum auszuarten. Mit diesen Bildern
nimmt er eine ganz isolirte Stellung ein: die Alten
zählen ihn zu den ihrigen, und doch hat er seiner ge-
radezu impressionistischen Pinselführung wegen eigent-
lich nichts mit ihnen gemein, aber auch mit der jungen
Kunst ist er nicht verwandt. Beruht bei den modernen
Impressionisten die oft gelästerte Eigenart des Kolorits
und der Technik auf einer subtilen Umwertung des Ein-
drucks durch die schöpferische Sensibilität der modernen
Empfindungsart (sie hat mit einer anderen Beschaffen-
heit des Sehorgans, wie so oft angeführt wird, gar nichts
zu thun), so ist in den letzten Bildern Achenbachs das
Kolorit ein geistreiches Feuerwerk der willkürlichen,
berechnenden Phantasie. Wir sehen in diesen Tag- und
Nachtstücken Lichteffekte, die rein unmöglich sind, ihre
Wirkung aber dennoch nicht verfehlen. Auf einer Alpen-
landschaft z. B. leuchtet der Schnee im Thal grell wie
am Tage, und doch sind die Bergspitzen und der Himmel
in tiefes Nachtdunkel getaucht, oder wir sehen eine
Rheinlandschaft in den glühenden Farben Italiens prangen.
Es scheint, als ob Achenbach etwas von dem äußeren
Reichtum und der verschwenderischen Farbenpracht des
Südens ins Blut übergegangen sei, so dass er nun alles mit
ihr überzieht. Aber aus keinem dieser Bilder, nicht einmal
aus den Nachtstücken, strahlt jene geheime Ruhe, die
ans Herz greift und das geheime Weben der Natur
ahnen lässt. Warum ? Der Künstler selbst hat sie im
 
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