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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Klein, Rudolf: Oswald Achenbach
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0120

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Augenblick des Schaffens nicht tief genug empfuri'den.
Da ruht das Geheimnis jeder Kunst: der Zeugungsmoment
versetzt den Künstler in eine erhöhte Gefühlserregung;
je tiefer diese ist, desto größer die Wirkung, die das Kunst-
werk auf seinen Beschauer ausübt. Aber Oswald Achen-
bach und seine ganze Schule vermochten sich noch nicht
tief von der Natur erregen zu lassen. Sie bedurften
noch der großen dekorativen Panorama's, um sich an-
gezogen zu fühlen und anzuziehen. Wir vermissen in
ihnen jene Tiefe der Empfindung, die durch Englands
Einfluss mit dem französischen paysage intime ins Leben
trat, seitdem in allen Ländern von allen Landschaftern
gepflegt wurde und in Claude Monet ihren Höhepunkt er-
reichte, indem er 25 mal denselben Heuschober malte, in
25 verschiedenen Stimmungen. Und auch Italien, das
seiner äußeren dekorativen Pracht wegen die Landschafter
jener Schule anzog, ließ sich tiefer empfinden;individuellere
Künstler beweisen es: Böcklin, Schönleber, Segantini.
Oswald Achenbach ist die Natur stets ein heiterer
Concertgarten, bei Tag erleuchtet von der lachenden
Sonne, bei Nacht von dem Licht der elektrischen Bogen-
lampen. Er ist gewiss noch einer der geschicktesten
deutschen Landschafter, aber einer Schule, mit der die
heutige fortgeschrittene Kunst nichts mehr gemein hat.

Man stößt heute noch auf manchen Widerspruch,
wenn man so über Achenbach urteilt. Aber das ist ja
einmal das Tragische in der Kunstgeschichte: die Väter
verstehen die Söhne nicht und die Söhne überwinden
ihre Väter. Ein Blick auf frühere Zeiten lehrt es.

RUDOLF KLEIN.

KORRESPONDENZ.

Dresden, Ende Januar 1897.

Es ist viel Zeit vergangen, seitdem der Verein
bildender Künstler Dresdens, die Dresdener Secession,
zum ersten Mal geschlossen mit einer eigenen Aus-
stellung vor die Öffentlichkeit trat. Diese Ausstellung
fand damals in den leider bereits wieder gesperrten
Bäumen des Lichtenberg'sehen Kunstsalons statt und
hatte sich eines bedeutenden Erfolges zu erfreuen, da
man mit Erstaunen wahrnahm, welche Summe hervor-
ragender künstlerischer Kraft in diesem Verein meist
jüngerer Leute schlummerte. Seit der ersten Vereins-
ausstellung hat man in Dresden wohl gelegentlich einzelne
Schöpfungen von Zugehörigen dieser Künstlergruppe ge-
sehen und durch die Herausgabe der „Vierteljahrshefte",
deren erster Band im Herbste vorigen Jahres fertig ge-
worden ist, sozusagen die offizielle Beurkundung über
das Fortbestehen des Vereins empfangen, aber auf eine
Wiederholung jenes Unternehmens, die wir in diesen
Blättern so oft angeregt und befürwortet haben, musste
man vergeblich warten. Um so erfreulicher ist es, dass
gegenwärtig die Arnold'sehe Kunsthandlung ihre Bäume
für eine zweite Ausstellung des Vereines geöffnet hat

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und diese bis Mitte Februar beisammen zu halten beab-
sichtigt.

Vergleicht man nun, was ja nahe liegt, die erste
Ausstellung mit der gegenwärtigen, so muss man sagen,
dass das diesjährige Unternehmen nicht entfernt so im-
ponirend mehr wirkt wie das frühere. Das liegt viel-
leicht vor allem an dem ungünstigen äußeren Umstände,
dass viele Künstler eifrigst für die erste große inter-
nationale Dresdener Kunstausstellung, die unseres Wissens
schon im Mai eröffnet werden soll, und für die uns die
verlockendsten Genüsse von dem Komite in Aussicht
gestellt werden, beschäftigt sind und dadurch verhindert
wurden, mit größeren und bedeutenderen Arbeiten schon
jetzt hervorzutreten. Es fehlt in dieser Ausstellung zu
sehr an fertigen Gemälden; der Beschauer muss sich statt
dessen mit Studien, Zeichnungen, Badirungen und Litho-
graphieen begnügen, von denen manches Stück schon
länger, zum Teil sogar aus den „Vierteljahrsheften", be-
kannt ist. Doch würden wir nichts dagegen haben, da
man so gute Blätter wie z. B. Paul Baum's mit drei
farbigen Platten gedruckte niederländische Winterland-
schaft und die wenigstens zum Teil hervorragenden
Porträtzeichnungen von Mediz immer wieder gern sieht,
wenn nicht diesmal die Jury gar zu milde ihres Amtes
gewaltet und Bilder aufgenommen hätte, die zu allerhand
Bedenken Anlass geben. Wir rechnen dazu unter anderen
das wie eine ausgemalte Photographie wirkende Porträt
eines älteren Knaben im Kostüm eines Bergsteigers von
Hugo Mieth, bei dem die Figur allerdings gut gezeichnet
und lebendig aufgefasst ist, während der Hintergrund
mit seiner ganzen alpinen Ausrüstung von Felsen und
Gletschern gar zu sehr an die Requisiten eines photo-
graphischen Ateliers erinnert. Weit besser gelungen ist
Mieth's Porträt des in der Lossnitz lebenden Malers
Harry Oöttling, dem zum mindesten große Ähnlichkeit
nachgerühmt werden muss. Unter den Landschaften von
Marianne Fiedler und von Walter Besig hätte man ferner
gleichfalls eine strengere Auswahl treffen sollen. Besig,
der wohl als Schüler von Müller-Breslau anzusehen ist,
überrascht durch eine prächtige Herbstlandschaft in
sonniger Beleuchtung, die wir unbedenklich zu den besten
Nummern der gegenwärtigen Ausstellung zählen, aber
was er sonst bringt, steht so sehr hinter dieser Leistung
zurück, dass man dem Künstler einen größeren Gefallen
gethan hätte, wenn man nur diese eine Arbeit von ihm
angenommen, die übrigen aber zurückgewiesen hätte.
Von den, wenn wir nicht irren, sechs Bildern von
Marianne Fiedler ist die Erzgebirgslandschaft mit dem
Blick über das grüne Thal und die von Wiesen und Feldern
bedeckten Anhöhen, die ähnlich, wie dies bei Thoma's Land-
schaftender Fall ist, das Streben nach VereinfachungundHer-
vorkehrung der charakteristischen Merkmale zeigt, nicht
ohne eigenartigen Reiz, und auch ihr Ausblick auf Dresden
von der Höhe des Waldschlösschens aus fesselt dured
die eigenartige Behandlung, aber die vier anderen Land-

Korrespondenz.
 
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