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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Seidlitz, W. von: Ausstellung chinesischer Malereien in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0127

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Yorkstraße 20.

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstr. 17. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. VIII. Jahrgang.

1896/97.

Nr. 16. 25. Februar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf- für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s. w. an.

ausstellung
chinesischer malereien in dresden.

VON W. v. SEIDIJTZ.

Im Oberliclitsaal der etlinographischen Abteilung des
Zoologischen Museums in Dresden ist seit dem Februar
eine Sammlung chinesischer Malereien ausgestellt, die
wohl zum ersten Mal in Deutschland Gelegenheit bietet,
einen Einblick in diese eigenartige und geschichtlich so
bedeutsame Kunst zu gewinnen. Es handelt sich um
etwa hundert teils auf Seide, teils auf Papier gemalte Bilder,
die der Sinologe Prof. F. Hirth in München, der Bruder
des bekannten Verlegers, aus seiner während eines zehn-
jährigen Aufenthaltes in China zusammengebrachten
Sammlung von mehr als 600 Malereien ausgewählt und
zum Zweck der Ausstellung dem Dresdner Museum
freundlichst überlassen hat. Ein besonders schönes
seiner Sammlung entstammendes Stück, die große Dar-
stellung einer „Madonna" von Tang Yin (1470 — 1523)
aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, ist freilich seit
Jahresfrist in dem Leipziger Grassi-Museum zu sehen,
wohin es Prof. Hirth geschenkt hat. Doch fehlte bisher
jeglicher Anhalt, um ein solches Stück in die Ent-
wicklungsreihe der chinesischen Malerei auf Grund des
Augenscheines einreihen zu können. Diese Möglichkeit
wird nun durch die Dresdner Ausstellung geboten, die
Proben aus den Hauptperioden der chinesischen Kunst,
von der Tang-Periode an (7.-9. Jahrhundert n. Chr.)
durch die Sung- undYüan-Perioden (10.—14. Jahrhundert)
bis zur Ming-Periode (15.—17. Jahrhundert) und der
Tsing-Periode (bis zur Gegenwart) vorführt, zum größeren
Teil freilich in späteren, wenn auch selten ganz neuen
Kopieen, zum Teil aber auch — und hierin liegt ihr
Hauptwert — in Originalen, die uns den Geist der Zeit
und des Volkes leibhaftig entgegentreten lassen und da-

durch ein Gefühl von der hohen Blüte dieser Kunst, die
für den fernen Osten ebenso bedeutsam war wie noch
früher die ägyptische für die Mittelmeerländer, in uns
erwecken.

Was man von chinesischer Malerei gewöhnlich zu
sehen bekommt, sind die jämmerlichen, bunt und glatt
ausgeführten Malereien auf Keißpapier, die im Laufe
dieses Jahrhunderts massenhaft für den Export nach
Europa angefertigt worden sind. Seit den sechziger
Jahren aber haben wir durch die japanischen Buntdrucke
eine ganz andere und wesentlich vorteilhaftere Anschauung
von der Kunst des Ostens zu gewinnen begonnen. Wir
haben dann erfahren, dass diese Holzschnitte, die in der
wunderbaren Geschlossenheit ihrer Komposition und der
äußerst geschmackvollen Zusammenstellung ihrer Farben
bald zu bedeutungsvollen Mustern für die europäische
Malerei wurden und nicht wenig zu dem Unischwung in
den malerischen Anschauungen beitrugen, der sich während
des letzten Viertel jahrhnnderts bei uns vollzogen hat, ihrer-
seits nur der letzte, volkstümliche Ausläufer einer großen,
durch Jahrhunderte hindurch gepflegten national-japa-
nischen Malkunst gewesen sind. Denn erst gegen Ende des
17. Jahrhunderts kamen sie auf, entwickelten sich rasch
im Verlauf des, 18. Jahrhunderts bis zur ihrer höchsten
Blüte in Harunobu und fanden endlich zu Anfang unseres
Jahrhunderts in Hokusai ihren auch in Europa allgemein
bekannten Vertreter. Die Anfänge der japanischen
Malerei aber reichen nachweislich bis in das 9. Jahr-
hundert n. Chr. zurück, und die Blütezeit dieser Malerei
fällt in das 15. Jahrhundert. Wichtig ist nun, dass
auch die japanische Malerei (von der man eine voll-
gültige Probe in Anderson's Pictorial Arts of Japan,
Bd. II, Taf. 18, Bildnis eines indischen Priestors von
Shiugetsn, sehen kann) durchaus auf den Schultern der
chinesischen Malerei steht, sei es deren nationaler, sei
 
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