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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

DOI Artikel:
Schleinitz, Otto von: Die Winterausstellungen in London, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0135

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Yorkstraße 20.

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstr. 17. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. viii. Jahrgang.

1896/97.

Nr. 17. 4. März.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von llaasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s.w. an.

die winter ausstellungen
in london.

I. 0. F. Watts in der „ New-G allerya.

Der Beginn der Londoner Kunstsaison, im weiteren
und offiziellen Sinne, markirt sich gewöhnlich zur Jahres-
wende durch zwei Ereignisse. Die New-Gallery er-
öffnet um diese Zeit, und kurz darauf auch die
Royal-Academy, dem erwartungsvollen Publikum ihre
Pforten, welche während etwa dreier Monate verschlossen
geblieben waren. Beide Institute weichen diesmal in
ihrem Progamm insofern von der hergebrachten Regel
ab, als sie Specialausstellungen von Werken nur eines
Meisters vorführen. Hier ist es George Prederick Watts;
in der Akademie ihr verstorbener Präsident, Lord
Leigthon. Für gewöhnlich gehört die Akademie in dieser
Jahreszeit den alten Meistern, während die New-Gallery
es sich zur Hauptaufgabe gestellt hatte, die gesamte
Kunst einzelner Länder oder bestimmter Epochen zur
Anschauung zu bringen. So fanden in ihren Räumen
in den vorangegangenen Jahren die höchst gelungenen
Ausstellungen der Stuart-Periode, demnächst die der
Tudor- und Weifenepoche statt. Hierauf folgte die Vor-
führung der Kunstbethätigung innerhalb der fünfzig-
jährigen Regierungszeit der Königin Victoria. Alsdann
hielten die frühen Italiener und Venezianer und im
letzten Frühjahr die Spanier hier ihren Einzug. Von
einzelnen Sonderausstellungen machte nur diejenige der
Werke von Burne-Jones bisher eine Ausnahme.

Frederick George Watts, heute 77 Jahr alt, erregte
schon 1840 als zwanzigjähriger Jüngling in seiner
Vaterstadt London das größte Aufsehen durch sein Ge-
mälde nach einer Erzählung Boccaccio's: Isabella, die den
Lorenzo tot findet. Die auf ihn gelenkte Aufmerksam-
keit wurde 1842 noch erhöht durch die Darstellung einer

Scene aus Shakespeare's „Cymbeline". Im Jahre 1843
gewann Watts mit seinem Caractacus, im Triumph durch
die Straßen Roms geführt, einen der zur Ausschmückung
der Parlamentshäuser ausgeschriebenen Hauptpreise. Sehr
bald sehen wir den jungen Künstler in Italien, und dort
hauptsächlich im Hause von Lord Holland, der in Florenz
englischer Gesandter war, und seit dieser Zeit blieb er
ein treuer Freund von dessen Familie. Das Atelier des
Künstlers grenzt an den Schlosspark von Holland-House
und heißt sehr bezeichnend „little Holland-House". Nicht
nur das Schloss, in welchem sich eine ganze Reihe von
Watts' Schöpfungen ansammelten, steht auf klassischem
Boden, sondern auch außer Watts haben sich viele
Künstler in dessen unmittelbarer Umgebung angesiedelt,
so Burne Jones, Thornycroft und der verstorbene Lord
Leighton. Aus der italienischen Epoche finden wir in
der Ausstellung das Porträt der sehr einflussreichen und
berühmten Lady Holland. Das hier angeführte Bild ver-
machte sie dem Prinzen von Wales, der es leihweise
der Gallery überließ. Aus späterer Zeit stammt gleich-
falls ein Porträt eines Familienmitgliedes aus Holland-
House, das von Miss Mary Fox,der späteren Fürstin Liechten-
stein. Nach der italienischen Reise trug der Künstler
einen neuen Hauptpreis davon: König Alfred, die Sachsen
zur Verhinderung der Landung der Dänen aufrufend.
Hieran reihten sich 1848 Paolo und Francesca, die Fata
Morgana verfolgend, 1850 der gute Samariter, 1853 das
zur Ausschmückung in den Parlamentshäusern gemalte
Freskobild St. Georg, und von diesem Zeitpunkt ab
mehren sich die Porträts. Im Jahre 1868 wurde Watts
zum Mitgliede der Akademie gewählt. — Die diesjährige
Ausstellung umfasst etwa 155 Werke, die in Bezug auf
ihre zeitliche Entstehung uns lehren, dass der Meister
bunt durcheinander in allen Perioden Allegorieen, poetische
Sujets, Märchen, Porträts, Landschaften, ja selbst Genre-
 
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