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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Wurzbach, Alfred von: Die Quellen der Biographie des Antonello da Messina
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0154

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295

Die Quellen der Biographie des Antonello da Messina.

296

Neuen nicht das Geringste beibringen. Auch van Mander
weiß uns nichts zu sagen, was nicht Vasari gesagt hätte.

Anders die Werke Antonello's. Das älteste beglaubigte
Gemälde von ihm ist das Altarbild aus St. Gregorio,
gegenwärtig im Museo Peloritano in Messina.

Es ist bezeichnet: Afio Dfü m° cccc0 sectuagesinio
tertio. Antonellus Messanesis me pinxit.

Das Bild ist nicht in Öl, sondern in Tempera mit
graugrüner Untermalung der Schatten auf Goldgrund
gemalt und von vlämischen Einflüssen kann hier gar
nicht die Rede sein; es sieht aus, wie alle sizilianischen
Bilder jener Zeit, und das von Crowe und Cavalcaselle so-
wohl als auch vonLermoliefferkannte „vlämische Aussehen"
ist eine Phantasie. Desgleichen geht aus der deutlichen
Schrift hervor, dass das von Crowe und Cavalcaselle1)
angegebene Zeichen, welches „oleo'1 gelesen wird, gar
nicht vorhanden ist und von ihnen nur zur Aufrecht-
haltung ihrer ganz unklaren Theorieen über den Ent-
wicklungsgang Antonello's, nach Analogie des Antwerpener
Bildes, hineingedichtet wurde.

Dass die Jahreszahl 1463 und nicht 1473 zu lesen,
ist deutlich genug. Es wurde demnach nicht im Jahre
1473, wie man allgemein annimmt, sondern 1463 in
Messina gemalt.

Das nächste Bild ist der segnende Heiland der
National Gallery in London, bezeichnet: Milesimo quadri-
centesimo Sextagesimo qttinto VIU Judi Antonellus
messaneus nie pinxit.

Die der Zeit nach zunächst folgenden Bilder sind:
das männliche Porträt der Sammlung Hamilton (jetzt
Berlin), bezeichnet: 1474, Antonellus
Messaneus me pinxit; ein zweites
Porträt, bezeichnet: 1475, Antonel-
lus Messaneus me pinxit (Paris); und
die vielbesprochene Kreuzigung in
Antwerpen mit der Bezeichnung:

1475, Antonellus Messaneus me Ol.
pinxit, die einzige Signatur, in wel-
cher dieses Ol. überhaupt vorkommt.

Der Abstand zwischen den beiden oben erwähnten
Bildern aus dem Jahre 1463 und diesen drei und allen
^tatsächlich in Öl gemalten späteren, ist ein so großer,
dass es unnötig ist, ihn besonders hervorzuheben. Diese
letzten Arbeiten verraten eine vollständig andere An-
schauung und andere Technik. Die Landschaft des
Antwerpener Bildes ist ihrem Gegenstande nach ita-
lienisch, die Figuren erinnern an Carpaccio, aber die
Technik ist flandrisch, und flandrisch ist die Art der
Detailarbeit und die Weise zu sehen, — die Anschauung.
Zwischen diesen Jahren 1463 und 1475 liegt eine andere
Welt und Antonello muss in dieser Zeit in den Nieder-
landen gewesen und hier in niederländischen Ateliers
gearbeitet haben. Die späteren, datirten Bilder von

1476, Bildnis eines 60jährigen Mannes, in Mailand
(Trivulzi), Christus am Kreuz in London (Nat. Gal.)
von 1477 und das Porträt in Berlin von 1478 erhärten
und bestätigen dieses Urteil.

Aber noch eine andere Thatsache ergiebt sich aus
der Prüfung dieser Bezeichnungen, die wir zum Schlüsse
anmerken wollen. Antonello bezeichnet stets Antonellus:

Antonellus Mesaneus P. (Berlin, St. Sebastian),
Antonellus Messanesis P. (Berlin, Maria), s. Abb., Antonel-
lus I.. tgqavevg Pinxi. (Pavia, Malaspina), Antonellus

I

Auch dieses Bild erinnert die Herren Crowe und
Cavalcaselle an die Niederländer und für Lermolieff sieht
er „noch (sie!) sehr flandrisch aus!" In dieser Schrift
ist der für „oleo" gelesene Schriftzug lediglich ein
Füllungsschnörkel; dass die Jahreszahl auch hier 1465
und nicht 1473, oder wie Wauters will 1475 heißt, geht
ebenfalls aus dem Faksimile der Bezeichnung deutlich
genug hervor; das x in sextuagesimo ist derselbe Buch-
stabe wie das x in pinxit. Das Bild ist somit nicht
niederländisch und nicht in Öl gemalt.

1) Allg. Künstler-Lexikon. II. 124.

f *ANT0NEILV5*MES£A NE515-P+

Messaneus 'me pinxit (Venedig, Akademie, Christas),
Antonellus Messanius pinxit (Venedig, Akad., Mariä),
nur das einzige Bild der k. k. Museen in Wien, der
Leichnam Christi von drei Engeln gehalten, angeblich
nach einer alten aber erfundenen Sage für den Rat der
Zehn in Venedig gemalt, ist bezeichnet: Antonius
Meson esis. Antonello hat niemals Antonius gezeichnet,
und demnach hat dieses Bild ein anderer Maler aus Mes-
sina gemalt, der Antonio hieß, nicht aber unser Antonello.

Die Behauptung Lermolieffs, dass die Wanderung
Antonello's nach den Niederlanden in das Reich der
Fabel zu verweisen sei, ist demnach unrichtig; Antonello
war zweifellos zwischen den Jahren 1463 und 1474 in
Flandern, und wir können getrost die Biographie Anto-
nello's auf jene Anschauung zurück redigiren, auf welcher
sie sich vor Lermolieffs Behauptungen befand.

A. v. WURZBACH.
 
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