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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Haack, Friedrich: Studien der Schleissheimer Gemälde-Galerie
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Im römischen Ausstellungspalast
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0212

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411

Im römischen Ausstellungspalast.

412

der Schleißheimer Galerie ergiebt sich aber nach allem
die Bestimmung: Bildnis, wahrscheinlich Selbstbildnis,
aus dem Jahre 1575 des Nürnberger Malers Hans Strauch,
geb. 1509, f 24. März 1580. Derselbe war wahrschein-
lich der Vater des Lorenz Strauch.

Nr. 43 und 44 haben mit diesem Bilde nichts zu
schaffen. Sie zeigen eine fortgeschrittenere Malweise, sind
aber auch handwerksmäßige Arbeiten, so dass man sie
nicht näher bestimmen kann. Ihre frühere Zugehörigkeit
zur Sammlung Wallerstein weist aber, wie der aus
Lindenholz bestehende Malgrund, auf Oberdeutschland.
Das weibliche Bildnis zeigt hinter einem „A°" die zwei
letzten Ziffern einer Jahreszahl, die ich als 98 lese,
scilicet 1598. Dazu stimmt die Malweise vollkommen.
Das männliche Bildnis aber ist das Gegenstück des
weiblichen. Daher ergiebt sich für Nr. 43 und 44 die
Bestimmung: Oberdeutsch 1598 (?).

IM RÖMISCHEN AUSSTELLUNGSPALAST.

Auch die diesmalige (67.) Ausstellung der bedeu-
tendsten Künstlervereinigung Roms, der Societä degli
Amatori e Cultori leidet sichtlich unter dem Darnieder-
liegen aller künstlerischen Bestrebungen Roms, soweit
sie bestimmt sind, sich im Leben der Hauptstadt bemerk-
bar zu machen. In den römischen Ateliers sowohl ein-
heimischer wie ausländischer -Künstler wird viel Tüch-
tiges geleistet, und Namen wie Monteverde, Bompiani,
Ferrari, Kopf, Sommer, F. Brandt, Corrodi, Villegas,
Gallegos, Serra, um wahllos einige herauszugreifen, haben
in der ganzen Welt einen guten Klang. Eine liebens-
würdige römische Sitte erlaubt auch, überall, sei es mit
oberflächlichen Empfehlungen, sei es auch nur mit der
nötigen Dosis Interesse bewaffnet, an Ateliers anzuklopfen
und freundlicher Aufnahme gewiss zu sein. Aber in
den römischen Ausstellungen tritt von diesem Schaffen
nur wenig zu Tage. Das Interesse des römischen Publi-
kums ist gering, noch geringer seine Kauflust, die Zeit
der kunstverständigeren und kaufkräftigeren Fremden
wird durch die Sammlungen Roms und die Atelierbesuche
in Anspruch genommen, eine staatliche, städtische oder
private Unterstützung künstlerischen Schaffens fehlt fast
ganz, wie der vor kurzer Zeit in diesen Blättern er-
wähnte Nichtankauf der 2. Serie der Aquarelle „Roma
pittoresca" beweist, und endlich Ausstellungen des Aus-
landes wie jetzt Berlin, Dresden, Kopenhagen, des In-
landes wie Venedig und Turin (98) nehmen Zeit und
Kraft der bildenden Künstler in Anspruch.

Dem entspricht es, wenn in dem diesmaligen römi-
schen „Salon" die jüngeren Künstler überwiegen, welche
noch nicht im Auslande geschätzt werden, und von an-
erkannten und berühmten Namen nur wenige vertreten
sind. Ein vornehm gemaltes Herrenporträt von Roberto
Bompiani, der ein gleich hervorragender Öl- wie Aqua-
rellmaler und auch tüchtiger Bildhauer ist, und eine
Reihe seiner Aquarellen aus den Ausgrabungen von Pom-

peji und aus Tirol — nur wenige Künstler führen uns
aus Italien heraus — sind in dieser Beziehung in erster
Linie zu erwähnen. Giuseppe Ferrari steuert ein Damen-
porträt und einen Studienkopf bei, die seine alte Vor-
liebe, aber auch seine alte Meisterschaft in der Behand-
lung dunkler ernster und herber Farben erkennen lassen.
Von unserm Landsmann G. Fleischer glauben wir, dass
er auch bald zu denen gehören wird, die außerhalb
Italiens einen Namen haben werden. Rom hat ihm nichts
von seinem unablässigen Vorwärtsstreben, von seiner
künstlerischen Energie, von seiner eigenartigen im guten
Sinne modernen Auffassung geraubt, die sich am meisten
der Liebermann'schen Darstellungsweise nähert. Seine
nackten jugendlichen Gestalten, ein bogenschießender
Knabe auf sonniger Wiese, namentlich aber zwei im
seichten Meere badende Knaben legen von seiner scharfen,
oft unerbittlichen Naturbeobachtung Zeugnis ab. Da wir
bei deutschen Namen sind, so seien anziehende und
saubere Bleistiftzeichnungen des Wieners Brioschi er-
wähnt, der mit zwei Studienköpfen beweist, dass er sich
nicht einseitig landschaftlichen Vorwürfen aus der Um-
gebung Roms widmet, dann zwei Blumenstücke der
Deutsch-Norwegerin Maria Bödtker, welche mit kräftiger
Pinselführung und feinem Verständnis für Farbenwir-
kungen den Glanz und die Pracht römischer Rosen und
Azaleen wiedergiebt. Benedict Knuepfer, der Maler des
adriatischen Meeres, ist mit einer Nacht, einer Nixe auf
umbrandetem Felsen, nicht allzugünstig vertreten; eine
Reihe wertvollerer Gemälde des Malers sind zur Aus-
stellung nach Venedig versandt worden.

Von bedeutenderen Leistungen römischer Künstler
seien die beiden großen Bilder „Die Geschworenen" von
G. Bottero und „Der Apostel Paulus am Hofe Nero's"
von de Martini hervorgehoben. Auf dem ersten Bilde
werden die corpora delicti, ein Messer und ein Tuch,
den Geschworenen vorgelegt, welche ausdrucksvolle Köpfe
des italienischen Mittelstandes zeigen. Die zweite Dar-
stellung steht geschichtlich auf schwachen Füßen, da Paulus
wohl kaum am Hofe Nero's seine Lehre verkündigt hat.
Aber der Gegensatz des jüdischen Mannes und seiner
realistisch und überzeugend wiedergegebenen Mimik einer-
seits, der vornehmen Römerin, die in ihrem üppigen Pol-
ster dem Apostel lauscht, andererseits ist glücklich heraus-
I gearbeitet und fesselt. Beide Bilder sind ernste Schöp-
fungen, denen auch an anderer Stelle Beachtung gewiss
ist. Einzelne tüchtige Leistungen sind auch auf dem
Gebiet der Landschaftsmalerei zu erwähnen, so nament-
lich Ferrarini's Küstenbilder von Capri, auf denen die
Brandung des Vordergrundes sich von dem ruhig behan-
delten Hintergrunde des weiten Meeres trefflich abhebt,
Petiti's deutschem Walde wie in der Natur so auch in
der Wiedergabe so ähnlich sehender Wald von Marino,
ein Sonnenuntergang mit einer prachtvollen Rotbuche
von Sernicoli. Aber die große Menge der gebotenen
Gaben bewegt sich auf diesem Gebiet wie auf dem der
 
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