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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Lier, Hermann Arthur: Die internationale Kunstausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0255

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

t CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG

WIEN BERLIN SW.

Heugasse 58. Yorkstraße 20.

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG. Gartenstr. 17.
Neue Folge. VIII. Jahrgang. 1896/97. Nr. 32. 19. August.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerheblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, a 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rad. Mosse u. s. w. an.

Heft 12 der Zeitschrift für bildende Kunst erscheint am 9. September.

DIE INTERNATIONALE
KUNSTAUSSTELLUNG IN DRESDEN.

Es ist immer höchst erfreulich, wenn man einen
alten Bekannten, der jahrelang so mit dem Verfall seiner
Kräfte zu kämpfen hatte, dass man an seinem Auf-
kommen bereits zu zweifeln anfing, zu seiner Wieder-
genesung und Auferstehung beglückwünschen kann. In
dieser angenehmen Lage befindet sich Ihr Berichterstatter
angesichts der in diesem Sommer veranstalteten ersten
Dresdener internationalen Kunstausstellung. Nachdem
er früher durchgehends fast nur von dem tiefen Stand
des Dresdener Kunstlebens zu erzählen und wegen seiner
wahrheitsgetreuen Darstellung der bestehenden Verhält-
nisse mancherlei Anfeindungen zu erfahren hatte, gereicht
es ihm heute doppelt zur Freude, feststellen zu können,
dass das von langer Hand vorbereitete und mit großer
Umsicht und hervorragendem künstlerischen Geschmack
durchgeführte Unternehmen vollständig gelungen ist.
Die Dresdener Ausstellung ist ohne Zweifel eine der
besten, die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland
veranstaltet worden sind; sie bedeutet einen Sieg in
ganzer Linie über die veralteten, früher in Dresden
herrschenden Kunstanschauungen und eine offizielle An-
erkennung der modernen Bestrebungen, wie sie wohl
noch niemals von Behörden, die den Auftrag haben, die
Entwicklung des Kunstlebens zu überwachen, so warm
und ungeteilt erfolgt ist. Alle Faktoren, die hierbei in
Betracht kommen, die Kgl. Staatsregierung, der Landtag
und die Stadtverwaltung, haben sich vereinigt, um das
Unternehmen zu fördern, und auch das eingeborene
Dresdener Publikum, dem die moderne Kunst noch ziem-
lich neu war, fängt mehr und mehr an, an dem Dar-
gebotenen Geschmack zu finden. An diesem Erfolg hat

allerdings das im wesentlichen von Paul Wallot ange-
gebene, glänzende äußere Arrangement, das jedoch
nirgends aufdringlich wirkt, viel beigetragen, in der Haupt-
sache aber ist er auf die sorgfältige Auswahl der Kunst-
werke selbst zurückzuführen. Vertrauensmänner der
Ausstellungskommission haben im Auslände die für
Dresden geeigneten Schöpfungen ausgesucht, und an den
verschiedenen deutschen Kunstplätzen hat man gleich-
falls durch Vertrauensleute nach vorwiegend modernen
Arbeiten Umschau halten lassen. Auf diese Weise hat
man es erreicht, dass die gewöhnliche Marktware, für
die ja die zur Verfügung stehenden Räume des städtischen
Ausstellungsgebäudes ohnehin nicht ausgereicht hätten, fern
geblieben ist, und dass, von einigen wenigen Ausnahmen
abgesehen, Ausschreitungen und herausfordernde Über-
treibungen nicht eingeschmuggelt werden konnten. Ein
geläuterter, dem Verständnis weiterer Kreise zugäng-
licher Geschmack beherrscht die Ausstellung und begründet
ihre harmonische Gesamtwirkung. Schroffe Gegensätze,
die überall da hervortreten, wo die Künstler ohne
specielle Aufforderung Zulass finden, sind glücklich ver-
mieden; es ist, als ob man in einer großen Privatgalerie
herumwandle, deren einzelne Stücke nach dem Gaschmack
eines feingebildeten Kunstkenners ausgewählt sind. Selbst-
verständlich hat sich dadurch eine gewisse Einseitigkeit
ergeben und ist ein vollständiger Überblick über die ver-
schiedenen Richtungen der heutigen Kunst ausgeschlossen.
Aber wenn man in Dresden zeigen wollte, was die so
lange hier verpönten Modernen zu leisten vermögen, so
konnte man nicht anders verfahren, als es geschehen ist,
und wir müssen den Männern, welche die ihnen ge-
stellte Aufgabe so glänzend gelöst haben, für ihre Mühe-
waltung nur dankbar sein, und werden ihnen auch daraus
keinen Vorwurf machen wollen, dass sie eine Menge von
 
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