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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Korrespondenz aus Venedig, [1]
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Schultze, Paul: Ein Rückblick auf die Münchener Kunstausstellung
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0045

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Ein Rückblick auf die Münchener Kunstauss

itellung. — Samminngen und Ausstellungen.

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den eine in ihren Grundfesten erschütterte Natur im
Beschauer erwecken muss.

Leon Lhermitte hat nur eine skizzenhafte Markt-
scene gesandt, die von der Bedeutung des Meisters,
der übrigens selten eine italienische Ausstellung zu
beschicken verabsäumt, natürlich keinen Begriff giebt.
(Schluss folgt.)

EIN RÜCKBLICK
AUF DIE MÜNCHENER KUNSTAUSSTELLUNG
VON PAUL SCHULTZE-NAUMBURG

Vor kurzem haben sich die Pforten des Glaspalastes,
der diesen Sommer die VII. Internationale Kunst-
ausstellung beherbergte, wieder geschlossen.

Wie reiht sich diese Ausstellung den vorher-
gegangenen an, was brachte sie Neues und welches
ist ihr Erfolg; das wäre das Thema dieses Rückblickes.
Sieht man die in der Regel in einem Zeitraum von
je vier Jahren (diesmal fünf Jahre) stattfindenden
internationalen Ausstellungen als Merksteine der Ent-
wicklung an, welche zusammenfassend das Erreichte
der letzten Jahre bringen sollen, so kann die dies-
jährige Münchener Veranstaltung nicht den Anspruch
an Bedeutung machen, wie die Ausstellungen von
1892 oder 1888. Nicht als ob die Entwicklung der
Kunst seitdem nicht rapide Fortschritte gezeitigt hätte,
nein, rein äusserliche Gründe verhindern diesmal die
Möglichkeit, ein Resume zu geben. Hatte einmal
schon der Wettstreit zwischen Secession und Genossen-
schaft jedes Jahr des vergangenen Lustrums alle Kräfte
aufbieten lassen, so trat in diesem Jahre noch eine
grosse Anzahl anderer internationaler Ausstellungen,
so besonders die vorzügliche in Dresden hinzu, die
sich alle Erfahrungen der Secession so geschickt zu
nutze machen konnte, und schmälerte den Anteil
Münchens. Kommen hierzu noch die Folgen der regel-
mässigen ebenfalls internationalen grossen Ausstellungen
der letzten Jahre, die doch in gewissem Grade ab-
stumpfend wirkten, so wird man begreifen, dass trotz
grosser Anstrengungen die Ausstellung kein künstle-
risches Ereignis war, auf dem die Blicke des ganzen civi-
lisirten Deutschlands ruhten, wie man das von Anno 1883,
1888 und vielleicht auch noch 1892 behaupten konnte.

Für jene Jahre war das Gebotene etwas unerhört
Neues — man sah in München Dinge, die man noch
nirgends in Deutschland gesehen hatte. Anders dies
Jahr. Lag der Schwerpunkt der Ausstellung, wie er
sich in ihrem äusseren Gepräge zeigte, überhaupt in
nichts Neuem, sondern im Gegenteil in dem erneuten
rein äusserlichen Zurückgreifen auf historische Kunst,
so bedeutete das an sich schon eine gewisse Empfin-
dungslosigkeit für das Wollen und Empfinden unserer
Zeit. Nur dort, wo die offizielle Veranstaltung gleichsam
aufhörte und den Gästen das Wort gelassen wurde, war

es anders. Aber sonst predigte doch zumeist die Er-
kenntnis von allen Wänden: es ist zu Ende mit den
grossen Kunstausstellungen, der Geist dessen, was jetzt
im Werden ist, verträgt sich nicht mit denselben und
kann ihnen deswegen auch nicht mehr aufhelfen. Das,
was heut not thut, ist, dass man Kunst lebt; die toten
Stapelplätze sind nicht das Mittel dazu, dies herbei-
zuführen.

Und so könnte man von einem positiven Erfolg,
abgesehen von dem der kleinen gewählten Ausstellung
der Modernen, die einen stetig progressiven Charakter
trägt, nicht reden, wenn nicht ein Faktor hinzukäme,
der, anscheinend klein, für diese Ausstellung der aus-
schlaggebende wurde: das Hinzutreten der, wie der
schlecht gewählte Ausdruck lautete, Kleinkunst oder
besser: der dekorativen und angewandten Kunst im
modernen Sinn. Dadurch ist das Jahr 1897 ein
Wendepunkt. Die Kunst, die bisher ein Jahrhundert
lang ohne Fühlung mit dem Leben, abgesehen von
wenigen Ausnahmen, ein Scheinleben zu führen ver-
urteilt war, fängt jetzt an, einzugreifen und sich Sitz
und Stimme zu erobern.

Die Vertreter der modernen angewandten und
dekorativen Kunst haben ohne allen Zweifel den Erfolg
des Jahres zu verzeichnen. Der bescheidene Mahnruf
der „Kleinkunst" hat in ganz Deutschland so be-
geisterten Widerhall gefunden, dass kein Zweifel mehr
besteht, dass auf diesem Gebiet der Schwerpunkt der
Kunstentwicklung der nächsten Zeit liegt.

Von symptomatischer Bedeutung ist, dass die dies-
jährige Ausstellung — direkt oder indirekt — die
Gründung zweier neuen Zeitschriften, Bruckmanns
»Dekorative Kunst" und Kochs „Deutsche Kunst und
Dekoration" im Gefolge hat, die beide nicht im
mindesten den Eindruck einer Spekulation auf den
Geldbeutel des Publikums, sondern den eines von
dem Ernst der Sache getragenen Unternehmens
machen. Zudem hört man schon von noch anderen
neuen deutschen Unternehmungen gleicher Tendenz
— von denen des Auslandes ganz abgesehen. Möge
die ganze Bewegung anregend und entlastend zugleich
auf die rein abstrakte Kunst wirken, das ist der beste
Wunsch, den man für die letztere hegen kann.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Crefeld. Am Sonnabend den 6. November wurde das
Kaiser Wilhelm-Museum seiner Bestimmung übergeben.
Die Einweihung desselben wird aber erst nach dem Ein-
treffen des Eberleinschen Standbildes Kaiser Wilhelms I. statt-
finden.

Moskau. — Internationale Plakatausstellang. Vom
27. November bis zum 27. Dezember findet in den Sälen
der Kaiserlich Stroganoffschen Zeichenschule in Moskau eine
internationale Plakatausstellung statt, für welche die Ver-
anstalterin, die Buchhandlung Grossmann & Knöbel in
Moskau, die deutschen Künstler um freundliche Beschickung
 
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