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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Korrespondenz aus Venedig, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0049

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. IX. Jahrgang. 1897/98. Nr. 6. 25. November.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin SW., Yorkstrasse 78 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handhuig keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haasen-
stein & Vogler, Kud. Mosse u. s. w. an.

KORRESPONDENZ AUS VENEDIG
VON ERNST STEINMANN
(Schluss.)

Als Landschaftsmaler haben die Franzosen nichts
Nennenswertes geleistet; dies Hauptgebiet der modernen
Malerei vertraten von jeher die Engländer, und im
Salon Venedigs vor allem treten zum ersten Mal auch
die Schottländer in geschlossenen Reihen auf.

Wenn man sich noch an den Saal der Engländer
von vor zwei Jahren erinnern kann, wo die Britische
Kunst ebenso vollständig wie vorteilhaft vertreten war,
wo vom Akademiker Leigthon bis zum Mysticismus
von Burne-Jones kaum eine wichtige Erscheinung der
englischen Kunstentwicklung fehlte, wo Namen wie
Whistler, Ouless und AlmaTadema den Besucher gleich
in eine gespannte, fast ehrfurchtsvolle Stimmung ver-
setzten, dem kann bei einer Musterung des diesjährigen
Salons eine bittere Enttäuschung nicht erspart bleiben.
Das Auge irrt fast verzweifelt über alle diese schatten-
haften Gestalten, ohne bei den affektirten Venusbildern
eines William Stott, bei den gemalten Arazzi Franc
Brangwyns oder den letzten stumpfen Nachklängen des
Präraffaellismus in Fowler und Hughes verweilen zu
können.

Auch Walter Crane folgt den Spuren Gabriel
Rossettis, aber seine Kompositionen verraten selb-
ständige Auffassung und eifriges Studium. Phan-
tastisch ist seine Personifikation von Blumennamen,
dunkel der Sinn einer umfangreichen Erfindung, die
Freiheit genannt, wo einem nackten Jüngling ein Engel
erscheint, dessen Wächter, ein ergrauter Krieger und
ein lebensmüder Kuttenträger, eingeschlafen sind.

Wer sollte meinen, dass ein talentvoller Künstler
nach Zolas Romanen greifen würde, um hier nach

neuen Gedanken für seine Kunst zu suchen? John
Colliers »Tod Albinas« ist mit dem grössten Fleiss
und vielem technischen Vermögen ausgeführt, aber
ein Bild von akademischer Kälte.

Von Alfred East ist man bessere Landschaften
zu sehen gewohnt, wie sein Pastorale, eine Hirten-
scene, die zwar sehr glücklich komponirt ist, in der
man aber gerade die tüchtigsten Eigenschaften des
Künstlers vermisst: die duftige Zartheit seiner Far-
bentöne, die ruhige Tiefe seiner vornehmen Em-
pfindung. Henry Davis, den man schon längst mit
Alfred East als einen der besten englischen Land-
schafter zu nennen gewohnt ist, zeigt sich auch dies-
mal wieder als Meister in der Beschränkung. Seine
Schafe im Waldesschatten, seine Kühe auf der mohn-
blumenroten Weide sagen uns zwar gegenständlich
nichts Neues mehr, lösen aber das alte Problem, das
geheimnisvolle Spiel der Sonnenstrahlen im Waldes-
dunkel, das Zittern und Weben der leuchtenden
Luft auf freiem Felde zu schildern, mit gewohnter
Meisterschaft.

Landschaft und Porträt, das sind die Gebiete, auf
welche sich der kluge Engländer und ausschliesslicher
noch der schottische Künstler gern beschränkt, wohl
wissend, dass ahnungsvolle Geister nur hier der
modernen Malerei eine Zukunft weissagen. In der
That ist Alma Tadema's Bildnis der Mrs. Hill und ihrer
Kinder die erfreulichste Leistung im englichen Salon,
und daneben liesse sich nur noch ein ansprechendes
Kinderporträt von Melton Fisher nennen, dessen Auf-
fassung unendlich viel schlichter und wahrer ist, wie
die seiner französischen und italienischen Genossen.

Aber vor der lebensgrossen Gestalt des Dr.
Pozzi, die des Amerikaners Sargent Meisterhand auf
die Leinwand gezaubert hat, verschwinden alle üb-
 
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