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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Lier, H. A.: Korrespondenz aus Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0065

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. IX. Jahrgang. 1897/98. Nr. 8. 16. Dezember.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thiene, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin SW., Yorkstrasse 78 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur ,,Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet S Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

KORRESPONDENZ AUS DRESDEN.

von H. A. LI ER.

Während des ganzen verwichenen Sommers hat
das künstlerische Leben Dresdens unter dem Zeichen
der internationalen Ausstellung gestanden. Von er-
fahrenen Künstlern ausgewählt und eigens für die
Dresdener Bedürfnisse eingerichtet, wird sie sicher einen
Markstein in der Geschichte der Dresdener und säch-
sischen Kunstpflege bilden und hoffentlich Anlass dazu
bieten, dass Dresden, seiner Grösse und seiner Be-
deutung als einer der wichtigsten Hauptstädte des
deutschen Reiches entsprechend, von nun ab wieder
ein Faktor wird, mit dem man im deutschen Kunst-
leben zu rechnen hat. In den massgebenden Kreisen
der Regierung und in einem grossen Teil der Dresdener
Künstlerschaft ist man offenbar gewillt, den errungenen
Sieg nach Kräften auszubeuten und denkt glücklicher
Weise nicht daran, auf den gewonnenen Lorbeeren
auszuruhen. Der Beweis dafür liegt in dem bereits
einstimmig gefassten Beschlüsse, im Jahre 1898 eine
deutsch-nationale Kunstausstellung in Dresden zu ver-
anstalten und mit ihr eine Ausstellung kunstgewerb-
licher Arbeiten deutschen Ursprungs zu verbinden,
und zwar solcher, die nicht als Erzeugnisse der Mas-
senfabrikation erscheinen, sondern aus den Händen
der Künstler selbst hervorgegangen oder wenigstens
unter ihrer persönlichen Überwachung hergestellt
worden sind. Dieser Beschluss muss und wird all-
seitig von den Kunstfreunden mit Freuden begrüsst
werden, aber es ist von vornherein der Wunsch geltend
zu machen, dass alle die Bestrebungen, die etwa dar-
auf ausgehen sollten, unter dem Deckmantel der
nationalen Kunst reaktionäre Richtungen zu begünstigen
und Kunstwerke dieser Art heimlich einzuschmuggeln,

allen Ernstes ferngehalten werden. Das Schlagwort:
»nationale Kunst« soll nicht dazu missbraucht werden,
den ganzen Wust der immer noch so beliebten Genre-
bilder erzählenden Inhalts oder gar das ganze Unglück
der glücklich überwundenen Historienmalerei aufs
neue wieder auf der Bildfläche erscheinen zu lassen,
vielmehr muss an der Errungenschaft der ersten in-
ternationalen Ausstellung festgehalten werden, dass nur
Kunstwerke von wirklichem Werte Zutritt erlangen
können, und dass weder Titel noch Würde, überhaupt
kein Ansehen der Person ausreicht, wenn das Kunst-
werk selbst nicht dem strengsten Massstabe entspricht.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird es für das
Ausstellungskomitee gelten, Festigkeit nach allen Seiten
zu bewahren, Festigkeit vor allem auch den Wünschen
und Meinungen des grossen Publikums gegenüber.
Denn so gross auch der künstlerische Erfolg der ersten
internationalen Ausstellung war, so sehr würde man
sich täuschen, wenn man annehmen wollte, dass sie
genügt hätte, um das Dresdener Publikum, als Grosses
und Ganzes betrachtet, für das Verständnis der modernen
Kunst zu erziehen. Wenn der Pressausschuss der
gleichzeitigen Münchener Ausstellung in einem unüber-
legten Notschrei sich über das geringe Interesse der
Münchener an ihrer Ausstellung beklagt und dafür
das Dresdener Publikum als ein Muster hingestellt hat,
da jeder Bürger mit Stolz auf dieses Unternehmen
blicke und es nach Kräften durch finanzielle Unter-
stützung, massenhaften Besuch und regste Anteilnahme
zu fördern suche, so beruht diese Behauptung auf einer
vollständigen Unbekanntschaft mit den wirklichen
Dresdener Verhältnissen. Es war daher ebenso thöricht,
wie es verhängnisvoll wirken kann, dass die Mehr-
zahl der Dresdener Zeitungen diese Erklärung ohne
jeden weiteren Kommentar abdruckte und damit den
 
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