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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Graul, Richard: Das Kaiser Wilhelms-Museum in Crefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0073

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. IX. Jahrgang. 1897/98. Nr. 9. 23. Dezember.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin SW., Yorkstrasse 78 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von H aasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. vc. an.

DAS KAISER WILHELMS-MUSEUM IN CREFELD.

Nach dem Tode Kaiser Wilhelms I. beschloss die
Stadt Crefeld das Andenken an den Kaiser durch
einen monumentalen Museumsbau zu ehren, in dessen
vornehmstem Räume — in dem zu einer Art Ruhmes-
halle erweiterten Treppenhaus — ein Standbild des
Kaisers aufgestellt werden wird.

Am 6. November 1897 ist dieses neue Museum
eröffnet worden. Es ist ein stattlicher, zweigeschos-
siger Bau im italienischen Renaissancestil. Die Bau-
summe von 400 000 M. wurde durch freiwillige Bei-
träge der Bürgerschaft aufgebracht, den Platz schenkte
die Stadt, die zugleich für die erste Einrichtung
20000 M. bewilligt hat. Das Gebäude macht durch-
aus einen würdigen Eindruck; noch fehlt die Bekrö-
nung und mannigfacher Reliefschmuck. Auch das
drei Meter hohe Standbild Kaiser Wilhelms von Eber-
lein fehlt noch dem Treppenhause, das die Mitte des
Gebäudes ausfüllt. Die Sammlungsräume schliessen
sich rechts und links umgangartig an die weite
Ruhmeshalle an; sie sind in den Abmessungen und
in der Beleuchtung mit Rücksicht auf die Bedürf-
nisse einer Kunstsammlung angelegt: also nicht zu
grosse und nicht zu hohe Räume, die eine intime
Aufstellung der Kunstwerke und eine von der Ar-
chitektur nicht erdrückte Ausstattung leicht ermög-
lichen.

Die Sammlungen selbst, um deren Bildung der
Vorsitzende des Museumsvereins, C. W. Crous, sich
grosse Verdienste erworben hat, sind ja noch nicht
bedeutend. Aber was ein seiner Aufgabe gewachsener
Museumsdirektor mit freilich noch beschränkten Mitteln
leisten kann, das hat Dr. Deneken, der vorher als Direkto-
rialassistent am Hamburger Museum für Kunst und

Gewerbe thätig war, in einer Weise bewiesen, die zu
den besten Hoffnungen für die junge rheinische
Kunstanstalt berechtigt. Durch die Veranstaltung einer
herzhaft modernen Kunstausstellung, welche neueste
Werke der Malerei, der Plastik und des Kunsthand-
werks vorführt, dann durch eine geschmackvolle Auf-
stellung der kunstgewerblichen Sammlung vergan-
gener Zeit, ist das Gebäude in allen seinen Räumen
erfüllt von einem wohlthuenden Geiste künstlerischer
Stimmung.

Im Erdgeschoss finden wir römische Alter-
tümer, meist Funde aus der Crefelder Umgebung,
dann niederrheinische Möbel und keramische Pro-
dukte, endlich in technologisch geordneten Gruppen
Arbeiten aus Eisen und Holz. Der helle Raum zwischen
den Pfeilern, die das Treppenhaus stützen, ist geschickt
für die Aufstellung von Gipsabgüssen benutzt. Dient
diese Abteilung vorwiegend dem wissenschaftlichen
Studium und dem handwerklichen Vorbilderbe-
dürfnis, so zeigt das, was im Hauptgeschoss ver-
einigt wurde, eine noch kleine, aber hübsch aufge-
stellte kunstgewerbliche Schausammlung, die danach
strebt, die Gegenstände in kultur- und stilgeschicht-
lichen Zusammenhang zu bringen. Dass dieses zeit-
gemässe Bemühen nicht /Ulli W Geschnas" wird — wie
die Wiener das Spiel der Künstler mit malerisch zu-
sammengestimmten Altertümern nennen —, dafür bürgt
der unter Justus Brinckmann entwickelte Sinn für
historischen Takt und museale Zweckmässigkeit. Die
malerische Ausstattung sog. historischer Zimmer, bei
denen die unechte Zuthat überwiegt, gehört auf die
Bühne, nicht an eine Stätte, die die Ehrfurcht vor
unserer Väter Kunst nähren und das stilistische Ge-
wissen kräftigen soll. Wie dürftig auch die Bestände
an wirklich guten und deshalb in ihrer künstlerischen
 
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