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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Schleinitz, Otto von: Die Millais-Ausstellung in der Royal Academy in London
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Friedländer, Max J.: Versteigerung der Sammlung Kuhtz
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0138

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Versteigerung der Sammlung Kuhtz. — Bücherschau.

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lieh von der Berliner Photographischen Gesellschaft
so vorzüglich vervielfältigte Gemälde »The Vale of
Rest". Aus der Übergangszeit, die etwa bis 1869 an-
dauert, ist erwähnenswert: „Der schwarze Braun-
schweiger", „The Eve of St. Agnes", „Die Jungfrau
von Orleans", „The Minuet", „Jephtha", „Rosalind and
Celia" und das Diploma-Werk des Meisters „A Souvenir
of Velasquez".

Die unbedingt selbständige und unabhängige Mal-
weise Millais wird sehr gut eingeleitet durch das vor-
treffliche Mädchenporträt „Nina Lehmann", dann durch
die Landschaft „Chili October", „Yes or No" und das
Porträt von Walter Rothschild sowie von Sir James
Paget. Den Zenith in der technischen Behandlung
erreicht der Künstler in dem Bilde „Herz ist Trumpf".
Leider hat dies Gemälde in der Farbe gelitten und
einen harten, fast abstossenden Ton bekommen. Auf
seiner künstlerischen Höhe zeigt sich der Meister in
dem Porträt von Mrs. Bischoffsheim, „The North-West-
Passage", „Der verödete Garten", „A Yeoman of the
Guard" und einer ganzen" Reihe hübscher Familien-
porträts. Dann folgen in grosser Zahl die Bildnisse
der berühmtesten oder gefeiertesten Zeitgenossen. Unter
diesen soll nur hervorgehoben werden: der Graf von
Shaftesburg, Gladstone, John Bright, Kardinal New-
man, Lord Alfred Tennyson, Sir Henry Thompson,
Mrs. James Stern, die Herzogin von Westminster, die
Prinzessin Marie von Edinburg, Lord Salisbury, Diana
Vernon, Pomona (ein Kinderporträt), und endlich Miss
Eveleen Tennant.

Von dem Jahre 1886 ab wird eine Abschwächung
in der Kraft des Meisters bemerkbar, dennoch ent-
stehen manche recht gelungene Arbeiten, so nament-
lich: „The Ornithologist", „Weihnachtsabend", „Auf-
gang des Mondes" und das Porträt Anton von
Rothschild's. Die drei letzten hier ausgestellten Bilder
des Meisters sind: „Die Jugend der h. Therese" (1893),
„Sprich! Sprich!" (1895) und „A Forerunner", (Johannes
1896). Wie auch die Gradmessungen über Millais
Bedeutung ausfallen mögen, so viel steht fest, dass
er unter den ersten Künstlern Englands genannt
werden muss, und dass er beim grossen englischen
Publikum vielleicht sogar als der beliebteste Meister gilt.

VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG KUHTZ.

Am 15. Februar wurde bei Lepke die »Galerie
Kuhtz« versteigert. Die 63 Bilder — dabei einige Zeich-
nungen und Aquarelle — aus dem Nachlasse des
alten Berliner Kunstfreundes, erzielten beträchtliche
Preise (im ganzen 131000 M.). Namentlich Kflrl
Blechen war mit interessanten studienartigen Bildern
gut vertreten, auch Eduard Meyerheim und Calarne mit
einer besonders hübschen Landschaft (Nr. 15 —
3650 M.), minder gut C. G. A. Graeb und Hoguet.

Ein Genrebild von Vautier (Nr. 23, die »Nähstunde")
wurde mit 15405 M. auffällig hoch bezahlt. Der
Name Menzel stand sechsmal im Katalog und ver-
ursachte einige Bewegung. Ein kleines trübes, übel
erhaltenes Ölbild — die Barbarini vor Friedrich d. Gr.
tanzend — brachte 15100 M. (Nr. 17); eine kräftig
behandelte Gouache — „Maskenfest" — 7700 M.
(Nr. 20). Für eine recht unerhebliche Aquarelle des
Meisters — »Rousseau« — wurde 3310 M. bezahlt
(Nr. 46), für einen grossen, .ganz misslungenen Kopf,
eine Zeichnung in bunten Stiften, 3405 M. (Nr. 40),
für die tüchtige Kreidezeichnung eines Mannes, der
ein Bild prüft, 2110 M. (Nr. 33), endlich für die in
mehreren Farben ausgeführte Kreidezeichnung eines
Mannes in ganzer Figur 1560 M. (Nr. 35).

Das Ereignis der Auktion im mehr-als-ber-
linischen Sinne war das Auftauchen der beiden Genre-
bilder von Jean Francois de Troy, die auf der Berliner
Leihausstellung von 1883 (Nr. 46, 47) berechtigtes
Aufsehen gemacht und sich neben dem schönen
Konversationsbilde des Meisters, das im Schloss
von Potsdam bewahrt wird, wohl gehalten hatten. Der
Meister ist selten so liebenswürdig wie in diesen
Genrebildern mässigen Umfangs, seine Malerei ist
sonst oft leer und akademisch. Der Louvre besitzt
nichts Erfreuliches von ihm, wohl aber die Chantilly-
Sammlung in einem bewegten Austernfrühstück.

Auf den vorzüglich erhaltenen Pendants der Samm-
lung Kuhtz ist namentlich die farbige Behandlung des
Frauenkostüms undder Zimmereinrichtung vongrossem
Reiz. Die Durchführung ist von einer gewissen
trockenen Solidität, die allen Teilen der Fläche die
gleiche Sorgfalt zuwendet, nirgends vorübergeht und
nirgends verweilt. Beide Bilder sind signirt mit dem
Namen des Meisters, die Liebeserklärung mit winzigen
Zeichen auf dem Armband der freundlich zuhörenden
Dame; das Malheur mit dem Strumpfband zudem mit
der Zahl 1724. Die erste ruhigere Komposition
wurde namentlich wegen der hübschen Lokalfarben
höher geschätzt als die zweite, die ein etwas wag-
halsiges Motiv — freilich mit Decenz — behandelt
(Nr. 37 — 14100 M., Nr. 38 — 13250 M.; die beiden
Bilder wurden für einen Berliner Privatliebhaber er-
worben). Der Auktionskatalog brachte leidlich ge-
lungene farbige Abbildungen dieser Gemälde.

FRIEDLÄNDER.

BÜCHERSCHAU.

Ober-Italien und die Riviera von Dr. Th. -Gsell-Fels.
Sechste Auflage. Leipzig, Bibliographisches Institut.
Die Reiseführer des Verfassers durch Italien erfreuen
sich schon seit vielen Jahren bei den werdenden wie bei
den gereiften Kunsthistorikern eines guten Rufes. Gehört
doch Gsell-Fels, obwohl er seinen Doktortitel medizinischen
Studien verdankt, ebenfalls zu den Kunsthistorikern von
Beruf. Er hat noch unter Kugler und Hotho Kunstgeschichte
 
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