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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Gensel, Walther: Die Ausstellungen der Aquarellisten und Pastellisten in Paris
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0188

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35Q Nekrologe. —

des etwa fünfzehnjährigen Mädchens im weissen Kleid
mit hellgrüner Schärpe, das sich so reizvoll von der
graublauen Tapete und dem blauen Vorhange abhebt.
Trotz der geringen Grösse des Bildes und der un-
endlich zarten Ausführung des Gesichtes denkt man
keineswegs an eine kolorierte Photographie. Neben
diesen mir besonders charakteristisch erscheinenden
Äusserungen der Aquarellierkunst enthält die Aus-
stellung natürlich eine grosse Anzahl Bilder in der
traditionellen Auffassung, vor allem eine Menge Land-
schaften. Von denen, die sich durch eine persönliche
Note vor der gewöhnlichen Marktwaare auszeichnen,
seien die Landschaften von Bittet, Max Claude, Cou-
rant, Dameron, Victor Gilbert (besonders eine liebens-
würdige „Blumenhändlerin"), Grasset, Lecotnte, Zuber,
die Meerstudien von Ciairin und die Studienköpfe
von Guiraud de Scevola genannt. Nicht vergessen
seien die humorsprühenden Aquarelle Guillaume's für
die Albums „Meine vierwöchentliche Übung" und
„Der Tisch ist gedeckt" und die Zeichnungen von
Latenay und Vogel. Die kleine retrospektive Abteilung
enthält Blätter von Dore, Heilbuth,Jacquemart, Eugene,
Lami, Louis Leloir, Meissonnier und einigen anderen.

War die Aquarelltechnik von jeher für die
Wiedergabe anmutig-heiterer Landschaftsbilder beliebt,
so greifen die Künstler für die Darstellung der
Dämmerung und des trüben Tages gern zu den
Pastellstiften. In der That ist vielleicht keine Technik
so geeignet, den letzten Schimmer des Tageslichtes
und das Aufsteigen des Nebels auf feuchten Wiesen
zu schildern, die Melancholie eines trüben Herbst-
tages, wenn langsam die welken Blätter zu Boden
fallen, oder einen kalten Wintermorgen, wenn die
Sonne mattrot am Himmel steht, unfähig den Dunst
zu durchbrechen. Billotte steht unter diesen schwer-
mütigen Künstlern obenan. Dass seine Landschaften
etwas farbiger geworden sind, dass er die Skala grauer
Töne zu Gunsten grüner und bläulich-violetter öfters
verlassen hat, wird man freudig begrüssen. Der
»Steinbruch von Argenteuil" und der „Mondaufgang
in der Sologne" haben von seinen fünf Bildern auf
mich den nachhaltigsten Eindruck gemacht. Nächst
ihm sind Montenard und wieder Guignard zu nennen.
Rene Menard ist Meister in der Verbindung des ide-
alen Menschenleibes mit der Landschaftsstimmung.
Wenn die Dämmerung sich sanft auf einsame Thal-
gründe herabsenkt, wenn die kühle Abendluft über
stille Gewässer hinstreicht, dann ist die Stunde seiner
weiblichen Gestalten gekommen, die in ewiger Jugend
und Schönheit ihr goldenes Haar kämmen, goldene
Früchte von schwerbeladenen Ästen brechen oder
auch nur still in sich versunken dem Verblassen der
Abendwölkchen und dem Aufsteigen der bleichen
Mondsichel zuschauen. Ebenso stark wie diese Bilder
(»Vor dem Bade", „Sinkende Nacht" etc.) wirkt das

Ausstellungen. 360

Bildnis jener stillen Frau mit den grossen träu-
merischen Augen, die gegen Abend auf grüner Garten-
bank an einem waldumschlossenen Teiche sitzt. Mit
dieser unendlich tiefen Einfachheit, die aber stärkstes
Können zur Grundlage hat, möchte man seine Lieben
gemalt besitzen. Die Ausstellung enthält noch manches
Schöne oder wenigstens Interessante: Besnard's zum
Teil etwas grelle Mädchenköpfe, La Touche's Gespräch
am Kaminfeuer, ein paar Porträts und einen sehr
schönen weiblichen Akt von Leandre, endlich die
bizarr symbolistischen, aber zeichnerisch wie koloristisch
gleich interessanten Bilder Jean Veber's, aber nichts,
von dem man nicht gern zu Billotte oder Menard
zurückkehrte. L''Hermitte, der nicht weniger als vierzehn
seiner bekannten Bilder aus dem Landleben ausgestellt
hat, verdient wie immer das Prädikat: gut. Starke
Empfindungen weiss er nie in uns auszulösen; er ist
nur ein äusserlicher, und selbst darin ein ganz kleiner
Millet.

Der Besuch beider Ausstellungen, die bis un-
mittelbar vor der Eröffnung der Salons geöffnet sind,
ist nicht genug zu empfehlen.

WALTHER GENS EL.

NEKROLOGE.

© Der Geschichtsmaler Professor Otto Knille, Vorsteher
eines Meisterateliers an der Berliner Kunstakademie, ist am
8. April in Meran im 66. Lebensjahre gestorben.

Paris. In der Nacht vom 6. zum 7. April starb der
Kunstschriftsteller Charles Yriarte. 1832 in Paris geboren,
hatte er sich zuerst durch Reisebilder aus Marokko für die
Zeitschrift „Le Monde illustre" bekannt gemacht, deren Chef-
redakteur er später wurde. Seit 1879 war er Inspektor, seit
1894 Oeneralinspektor der Schönen Künste. Unter seinen
zahlreichen kunsthistorischen Schriften steht das Buch über
Goya (Paris 1867) obenan. o.

f Brüssel. — Am 31. März verstarb in Paris im Alter
von 30 Jahren der belgische I^ndschaftsmaler Paul Küstohs.
Küstohs war ein Schüler von Courtens und hat die Aus-
stellungen seit mehreren Jahren mit grossem Erfolg
beschickt, auf den belgischen Ausstellungen in Paris und
Venedig erhielt er bereits Preise. Im Salon der Brüsseler
Ausstellung 1897 erregte seine „Vlämische Meierei"
grosses Aufsehen. Erst vor wenigen Wochen hatte sich
Küstohs Studien halber nach Paris begeben. Die jüngere
belgische Malerschule erleidet durch seinen frühzeitigen Tod
einen herben Verlust.

AUSSTELLUNGEN

Paris. Der Kunsthändler Ch. Hessele, rue Lafitte 13,
hat über hundert neue, fastausnalnnslosfranzösischeOr/s,''///«/-
radirungen zu einer sehenswerten kleinen Ausstellung ver-
einigt. Einige der Namen haben auch in Deutschland schon
einen guten Klang. Von Jeanniot's neuesten Blättern ist das
»Bataillon auf dem Marsche" wohl das bedeutendste. Ganz
prachtvoll ist auch die am Ufer sitzende Dame (Au bord de
l'eau); leider stören bei ihr ein paar unglückliche Kleinig-
keiten die volle Wirkung. A. Lepere ist nur durch den
 
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