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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Friedländer, Max J.: Zwei Galerie-Publikationen Johann Nöhring's
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0217

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

herausgeber:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. IX. Jahrgang. 1897/98. Nr. 26. 26. Mai.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin SW., Yorkstrasse 78 entgegen.

Die Kimslcliroiiik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum ,,Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Rf. für die dreispaltige Pelitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlmig die Annoncenexpeditonen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

ZWEI GALERIE-PUBLIKATIONEN JOHANN

NÖHRING'S.

Deutschlands Besitz an Werken der holländischen
Malerei des 17. Jahrhunderts übertrifft den Frank-
reichs und steht dem Englands mindestens gleich,
wenn die Quantität gemessen wird. England ver-
dankt dem Reichtum, der Handelsmacht und einem
an Energie und Geschmack bewundernswerten Sammler-
tum, das sich namentlich im 18. Jahrhundert und in
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts bethätigte, ein
Übergewicht, wenn die Qualität gemessen wird. Die
politischen Umstände Hessen in Deutschland eine
grosse Zahl fürstlicher Kunstsammlungen entstehen,
die im Laufe unseres Jahrhunderts einen mehr oder
minder staatlichen und öffentlichen Charakter er-
hielten. Aus diesem Besitzstand hat der Kunsthandel
selbst in traurigen Zeiten nicht geschöpft, um die
Wünsche des jüngeren Reichtums und der jüngeren
Sammlerneigung zu befriedigen, während der eng-
lische Hochadel manches hergab. Die jüngeren
Wandlungen des Besitzstandes schlugen im allge-
meinen für Deutschland günstig aus. Freilich —
die deutschen Höfe haben vielfach mit bescheidenen
Mitteln die Repräsentation geübt. Und die Beengt-
heit der Mittel hat hie und da der Qualität der Kunst-
werke Eintrag gethan, die zum Schmucke der gross
angelegten Schlösser erworben wurden. Weit mehr
Bedeutung hat aber der Umstand, dass namentlich
im vorigen Jahrhundert das Verständnis für die
grossen Eigenschaften der holländischen Malerei in
England weit lebendiger war als auf dem Festlande.
Darunter leiden wir noch. Die holländische Malerei
zeigt jenseits des Wassers ein anderes Gesicht als
diesseits. In England ist eine relativ kleine Zahl

holländischer Maler vertreten, darunter sind aber
gerade die wahrhaft Grossen, die Selbständigen, die
Individualitäten, deren Superiorität über die wimmelnde
Menge der tüchtigen Maler, die das kleine Land in
drei Generationen hervorgebracht hat, immer deut-
licher erkannt wird. Einige dieser Grossen wurden
in England so emsig gesammelt, dass von ihren
Werken nicht viel auf dem Kontinent übrig blieb, —
namentlich Hobbema und A. Cuijp. In Deutschland
wird — fast mehr als in Holland selbst — die viel
verzweigte Mannigfaltigkeit der holländischen Malerei
offenbar. Hier findet der Forscher auch die kleineren
Meister, die seltenen Maler, interessante Besonder-
heiten, ungewöhnliche Bezeichnungen. Und wenn
auch in den deutschen Sammlungen eine statt-
liehe Anzahl hervorragender Werke der Hauptmeister
zu finden ist, so giebt doch eben dieser Reichtum
an historisch Interessantem unseren Galerien die
Signatur.

Ein Gang durch die Galerie in Schwerin weckt
solche Erwägungen und Vergleichungen. Diese Samm-
lung, die in ihrer nordischen Abgelegenheit nicht nach
Gebühr bekannt ist, entspricht ihrer Entstehung nach
recht dem Typus der deutschen aus fürstlichen
Schlössern herausgewachsenen Staatssammlung. In
neuerer Zeit ist nicht so viel hinzuerworben worden,
als dass der Grundcharakter verwischt erschiene.

Die Galerie ist gross, sie umfasst mehr als 1100
Bilder, überwiegend holländische Arbeitendes 17. Jahr-
hunderts. Eine Fundgrube für interessante Beob-
achtungen über holländische Maler und ihre deutschen
Nachahmer und Schüler. Eine entschiedene Vorliebe
für einige Stillleben- und Landschaftsmaler, die aller-
dings mit der heutigen Schätzung sich nicht stets
trifft, spricht sich in der Sammlung aus.
 
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