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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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Gensel, Walther: Die Pariser Salons
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0228

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439

Personalnachrichten.

440

und sein totes Weib"), der greise Hebert, Benjamin -
Constant (mit dem schon besprochenen Bil dnisse des
Ministers Hanotaux), Detaille („Nach der Truppen-
schau von Chälons") recht gut vertreten, minder
günstig Laurens, Bonnat, Breton. Über Bouguereau's
und besonders Geröme's Bilder kann man unmöglich
ernsthaft reden. Aus der Menge der übrigen be-
kannten Meister der Champs Elysees (man wird die
alten Namen der Einfachheit halber wohl beibehalten)
seien Fantin-Latour („Andromeda" und „Das Erwachen"),
Robert-Fleury, dessen reizende kleine „Studie" übrigens
weit besser ist als seine Allegorie der „Schreckenszeit",
und Humbert hervorgehoben, dessen flott gemalter
und gut charakterisierter «Jules Lemaitre" nach seinen
langweilig - vornehmen Damenbildnissen geradezu
überrascht. Im alten Marsfeldsalon steht — nächst
Puvis — Besnard mit einem virtuosen „Theaterporträt"
(Frau Rejane) und einer koloristisch ungemein reiz-
vollen spanischen Tanzscene an der Spitze der
älteren Meister. Rafjaelli hat neben einigen Land-
schaften ein paar schöne Porträte (besonders das
seiner Tochter) ausgestellt. Ob Carriere's nebelhafte
Manier sich für ein dekoratives Gemälde, wie das
diesjährige für die Sorbonne bestimmte, eignet, darüber
lässt sich mindestens streiten. Eine wundervolle
Schöpfung ist Dagnan-Bouveret's grosses religiöses
Gemälde: „Die Jünger von Emmaus." Gegen den
Strahlenglanz, der vom Haupte seines Christus aus-
geht und über das ganze Bild einen grünlichgelben
Schimmer ausgiesst, und gegen den Gesichtsausdruck
des Christus selbst kann man manches einwenden,
aber die Gestalten der beiden Jünger und besonders
die Porträte der rechts dem Ereignisse andächtig zu-
schauenden Familie des Künstlers stehen auf einer
von ihm bisher noch nicht erreichten Höhe. Man
braucht nur Qari Melcher's gleichzeitig ausgestellte
geradezu abstossende Darstellung derselben Scene an-
zusehen, um das Bild recht zu würdigen. Bei den
Porträten seien die prachtvollen Bildnisse Holger
Drachmann's und Schandorph's von hQ-oyer und
der höchst geistreich aufgefasste Gladstone von
Hamilton nicht vergessen. Humphreys Johnstoris
„Sarah Bernhardt als Lorenzaccio" ist genau so
falsch theatralisch wie die grosse Sarah selbst,
also ähnlich. Schöne Landschaften finden wir (in
den beiden Salons) von Baertsoen, Cazin, Billotte,
Oosselin, Quignard, Jettel, Lagarde, Pointelin, Prins,
Thaulow u. a." gute Interieurs z. B. von Boulard.

Unser Hauptinteresse aber nehmen doch nicht
diese längst bewährten Meister in Anspruch, sondern
die Jungen, insofern man Männer, die im vierten
Jahrzehnte ihres Lebens stehen oder dieses schon
überschritten haben, noch zu den Jungen rechnen
darf. Sie haben eine Anzahl Werke ausgestellt, die
des eingehendsten Studiums wert sind. Allen voran

steht das Triptychon „Au Pays de la mer" von
Charles Cottet, das soeben vom Staate angekauft
worden ist und eine der Hauptzierden des Luxembourg
bilden wird. In der Mitte sind die für lange Zeit
Abschied nehmenden Fischer mit ihren Frauen und
Töchtern zum letzten Mahle beim Lampenschein ver-
sammelt, auf dem linken Flügel sehen wir die Männer
im Dunkel der Nacht schweigend und in trüber
Stimmung in ihrem Kahne, auf dem rechten sitzen
die zurückgebliebenen Frauen auf der Klippe und
spähen hinaus aufs Meer, wo ihre Liebsten den Blicken
entschwunden sind. Stärke der Empfindung ohne
jede falsche Sentimentalität, Grösse und Einfachheit
der Komposition, Intensität der Farbe und volle Har-
monie der Valeurs sind in diesem Bilde vereint, das
den jungen Künstler mit einem Schlage den Besten
an die Seite stellt. Lucien Simon's „Vorstellung im
Jahrmarktscirkus" erweckt grosse Hoffnungen für
die Zukunft, ist aber noch zu brutal in der Aus-
führung, um wirklich stark wirken zu können.
Frederic's „Die Lebensalter des Arbeiters", das im
vorigen Jahre in Brüssel sehr verschiedenartige Be-
urteilung erfuhr, erregt hier geradezu Begeisterung.
Das Charakterisierungsvermögen des Künstlers ist
allerdings unvergleichlich, aber der Gesamteindruck
des Bildes doch zu unruhig. Merkliche Fortschritte
zeigen ausserdem die Sendungen von Dauchez (Die
Tangverbrenner), Leopold Stevens (Der Dichter
Courteline), Jeanniot (besonders „Auf dem Marsche"
und ein „Kinderporträt") Jules Flandrin (ein
sehr kräftiges und doch sehr intimes Familienbild-
nis), Paul Albert Laurens, Lc Sidaner („Sonntag"),
Le Pan de Ligny. Endlich sind ein paar Neulinge
zu nennen, d. h. Künstler, die noch nie im Salon aus-
gestellt haben oder wenigstens erst wenig bemerkt
worden sind, der höchst talentvolle Moreauschiiler
Beronneau („Susanne"), Cot (Porträt einer Künstlerin),
Emile Wery („Am Abend nach dem Sturme"), Eugene
Loup (zwei feine Porträte), und Ridel („Herbstge-
danken"). Das „Bildnis meiner Tante Anna" der jungen
Amerikanerin Kate Carl ist eins der allerschlich-
testen und am tiefsten empfundenen der beiden Salons.

Von den Skulpturen der Champs Elysees seien
die prächtigen neuen Löwengruppen von Gardet, die
weibliche Gestalt „Im Traum" von Gustave Michel,
die entzückende „Geschichtsphilosophie" von Boucher,
von denen des Marsfeldes die Köpfe von Bourdellc
und die Zola-Medaille von Charpentier hervorgehoben.

WALTHER Q ENS EL.

PERSONALNACHRICHTEN.

0 Anton von Werner, der Direktor der Hochschule für
die bildenden Künste in Berlin, hat das Prädikat »Excellenz"
erhalten. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt,
dass er diese Auszeichnung, die Kaiser Wilhelm II. vor
ihm nur zwei Künstlern, Adolf Menzel und dem Grafen
 
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