Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

DOI Artikel:
Rosenberg, Adolf: Die Renaissance-Ausstellung in Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0241

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

herausgeber:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. IX. Jahrgang. 1897/98. Nr. 29. 23. Juni.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thicme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin SW., Yorkstrasse 78 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf, für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpcditonen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE RENAISSANCE-AUSSTELLUNO IN BERLIN.

Die dritte der von der „Kunstgeschichtlichen
Oeseilsehaft" veranstalteten Ausstellungen, über deren
Eröffnung wir bereits kurz berichtet haben, ist dem
Zeitalter der Renaissance gewidmet, wobei dieser Be-
griff so weit gefasst ist, dass die Zeitgrenzen etwa
durch die Jahreszahlen 1400 und 1600 bestimmt wer-
den. Eine Ausnahme bildet nur ein der Berliner
Nikolaikirche gehöriger romanischer Abendmahls-
kelch mit Patene, der, wie sich aus den auf der
Patene eingravierten Bildnissen des Markgrafen Johannes
von Brandenburg und seiner Gemahlin ergiebt, in
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gearbeitet
worden ist. Es ist wohl das älteste Stück künstleri-
scher Kleinarbeit, das sich in Berlin erhalten hat.
Auch die Renaissance im weitesten Sinne hat in Ber-
lin nur wenige Spuren hinterlassen. Was davon in
königlichem Besitz geblieben ist, ist auf Befehl des
Kaisers der Ausstellung in liberalster Weise zuge-
wendet worden, so besonders zwei Prachtstücke der
ganzen Ausstellung, der Kaiserbecher von Wenzel
Jamnitzer und der Dianapokal von Hans Petzolt,
die den vornehmsten Schmuck des herrlichen Silber-
büffets im Rittersaale des Königlichen Schlosses bilden,
und vier Gobelins mit Darstellungen nach den
Triumphen des Petrarca, deren Entwürfe dem Barend
van Orley zugeschrieben werden. Im Gegensatz zu
den beiden ersten Ausstellungen der Gesellschaft, die
sich um die Personen des grossen Kurfürsten und
des grossen Königs und ihre Kunstliebhabereien
gruppierten, ist aber das Hauptmaterial dieser dritten
Ausstellung von privaten Sammlern hergegeben
worden.

Jeder, der mit den Berliner Kunstverhältnissen

näher vertraut ist, weiss, welchen Aufschwung Sam-
mellust und Sammelleidenschaft in Berlin seit etwa
zwanzig Jahren genommen hat, und er weiss auch,
dass Wilhelm Bode die treibende Kraft ist, die diese
Bewegung nicht bloss herbeigeführt hat, sondern sie
auch mit Rat und That unermüdlich unterstützt. Er
hat dabei immer die Interessen der Königlichen Mu-
seen im Auge, und ihm ist auch die Begründung
des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins zu danken,
dessen Aufgabe vornehmlich darin besteht, auf
wichtige Kunstwerke, die plötzlich auf dem Kunst-
markt auftauchen, schnell die Hand zu legen und sie
dadurch so lange für die Königlichen Museen zu
sichern, bis diesen die Mittel zur endlichen Erwer-
bung gegeben sind. Auch dieser Verein ist an
unserer Ausstellung mit einigen interessanten Gemäl-
den und Bildwerken beteiligt, die einige Lücken in
unserem Museumsbestande gut ausfüllen werden. Be-
sonders beachtenswert ist ein kleines Bild mit dem
Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes, das alle
Merkmale des Jan van Eyck aufweist.

Ein Blick in den zwar etwas spät erschienenen,
aber dafür sehr sorgfältig redigierten Katalog zeigt,
welche Ausdehnung das Sammelwesen in Berlin, be-
sonders in dem letzten Jahrzehnt, erreicht hat, geför-
dert freilich durch einen Reichtum, dessen Besitzet
nicht in Kleinigkeiten zu knausern brauchen. Dieses
Sammelwesen hat aber, bis jetzt wenigstens, noch
nichts Protzenhaftes angenommen. Im Gegenteil
merkt man, dass der Sammeleifer weniger auf Prunk-
stücke, auf „Galeriebilder" u. dgl., als auf Werke der
Kleinkunst im weitesten Sinne des Worts, auf Ge-
mälde, plastische Arbeiten jeglicher Art und auf feine
Dekorationsstücke gerichtet ist, die das Dasein mit
edlem Schmucke erfüllen und dem intimen Kunst-
 
Annotationen