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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0270

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sondern in moralischer Hinsicht höchst bedenklich und ver-
mutlich gerade deshalb von solcher Anziehung, dass ihre
Wirkung auf das Publikum weit länger anhielt, als man je
hätte erwarten können. Die Wolfframm'sehe Kunsthandlung
hatte nämlich in ihrem Salon dem berüchtigten Cyklus von
Anna Costenoble, der die „Tragödie des Weibes" darstellen
soll, Aufnahme gewährt und dadurch einen solchen Zulauf
des Publikums erzielt, dass sie ihre Räume nicht bloss wie
sonst bis 6 Uhr, sondern bis g Uhr des Abends aufhalten
musste. Ein gutes Zeichen für den in Dresden herrschenden
Kunstgeschmack lässt sich aus dieser Thatsache gewiss nicht
ableiten. Denn ganz abgesehen von dem bedenklich
erotischen Inhalt der Costenoble'schen Bilder, der als das
Erzeugnis einer Frau geradezu abstossend wirkt, muss auch
ihre künstlerische Ausführung als durchaus ungenügend
beanstandet werden. Eine andere Enttäuschung erfuhren
die Dresdner Kunstfreunde, die sich durch die Ankün-
digung einer Barne-Jones-Ausstellung zum Besuch des
Ernst Arnold'schen Kunstsalons verleiten Hessen. Denn
wenn sie etwa gehofft hatten, wenigstens einige Original-
gemälde des erst unlängst verstorbenen grossen englischen
Malers zu Gesicht zu bekommen, so sahen sie sich nur
einer allerdings ungemein vollständigen Vereinigung von
Reproduktionen der längst bekannten Arbeiten des Künstlers
in Platindrucken und Radierungen gegenüber, die durch
eine Sammlung von etwa 50 Originalstudien, Zeichnungen,
Pastelle und Aquarelle, ergänzt wurde. Das war allerdings
eine Burne Jones-Ausstellung, aber eine ganz andere, als
man erwartet hatte, und wenn auch die Betrachtung der
einzelnen Zeichnungen, die mit der Sorgfalt eines alten
Meisters gearbeitet sind, für die Kenner von hohem Interesse
war, so bot sie doch keine Gelegenheit, die Eigenart des
englischen Meisters genauer zu studieren, als sie z. B. allen
denen vertraut geworden ist, die seiner Zeit den betreffenden
Abschnitt in Muther's Geschichte der Malerei gelesen und
die Auslagen der verschiedenen Kunsthandlungen gewürdigt
haben.

Krefeld. — Bei der Verteilung von Kunstwerken an
Provinzial-Museen hat die Berliner National-Galerie neun
Gemälde und eine Marmorbüste von Hoffmeister dem Kaiser
Wilhelm-Museum zu Krefeld überwiesen. Unter den Ge-
mälden sind hervorzuheben: C. Hoff, „Die Taufe des Nach-
gebornen" (1873), H. Salentin, „Wallfahrer an der Kapelle"
(1870), Valentin Ruths, „Landschaft an der Ostsee", Bokel-
mann, „Im Bleibergwerk", und L. Dettmann, „Nach dem
Regen" (1892).

H. A. L. Im Königlichen Kupferstichkabinet zu Dresden
kann man gegenwärtig eine interessante Ausstellung von
Wiener Ansichten des vorigen Jahrhunderts sehen, die nicht
nur die Architektur der Kaiserstadt an dem Ende des
18. Jahrhunderts, sondern auch das damalige Leben und
Treiben auf das Lebhafteste veranschaulichen. Sie rühren
aus einer bei Artaria & Co. erschienenen Sammlung von
Prospekten her, die von den Kupferstechern Karl Schütz,
Lorenz Janscha, und Johann Ziegler „nach der Natur genau
aufgenommen, gezeichnet, gestochen und fein koloriert sind",
und die gerade in unseren Tagen wieder von den Kunst-
freunden begehrt und zum Teil hoch bezahlt werden. Ohne
hervorragende Kunstleistungen zu sein und ursprünglich
nur dazu bestimmt, als Reiseerinnerungen zu dienen, zeigen
sie doch als Erzeugnisse von Künstlerhänden wesentliche
Vorzüge vor unseren heutigen Photographien, deren ge-
werbsmässige Herstellung nur selten noch eine andere als
die rein geschäftliche Rücksicht verrät. Es ist zu wünschen,
dass das Publikum sich durch diese Ausstellung über den

Unterschied von Einst und Jetzt in dieser Hinsicht klar
werde. Denn nur auf diese Weise kann es vor dem massen-
haften Ankauf von schlechten Photographien bewahrt werden,
die des Aufhebens nicht wert sind.

H. A. L. Gegen Ende Juni hat Hermann Prell in
Dresden die beiden letzten Wandgemälde seines für den
deutschen Botschafterpalast in Rom bestimmten Bildercyklus
vollendet und in seinem Atelier auf der Pillnitzer Strasse für
kurze Zeit der öffentlichen Besichtigung zugänglich gemacht.
Wie bei den beiden ersten Gemälde, die seiner Zeit hier ge-
würdigt worden sind, hat Prell den Stoff auch für das dritte
der altnordischen Sage von Freyr und Gerda entlehnt und
führt uns in ihm die Wiedergewinnung der Gerda durch
die dämonischen Mächte der Natur vor, die die Übermacht
aufs neue an sich reissen. Nach einer eigenhändigen Er-
klärung des Künstlers, die er in seinen Atelier ausgehängt
hatte, soll diese Schilderung des Winters folgenden Vorgang
veranschaulichen: „Die Sonne versinkt im Meere, das heran-
braust, um die verlassene Erde wieder in Eisesfesseln zu
schlagen. Gerda sitzt weinend auf einem einsamen Felsen,
Wasserfrauen beklagen ihr Los; zwei Meerungetüme kämpfen
um sie. Rechts sitzt auf einem Felsen der Sänger mit seiner
Harfe, der allein übrig bleibt, den Tod der Naturschöne zu
beklagen; hinter ihm steht tröstend die Norne mit dem
Kinde der Gerda, dem künftigen Frühling." Soweit die Be-
schreibung des Künstlers, die den stofflichen Inhalt des Ge-
mäldes vollständig erschöpft, ohne die aber den meisten
Beschauern das Verständnis für den geschilderten Vorgang
fehlen würde. Der Kommentar ist also unumgänglich nötig.
In dieser Thatsache aber liegt unseres Erachtens die schärfste
Kritik, die wie gegen den ganzen Cyklus, so auch gegen
dieses Bild erhoben werden kann. Der Stoff an sich, der
dem modernen Bewusstsein durchaus fremd ist, eignet sich
in keiner Weise für die bildliche Wiedergabe. Auch die
grösste künstlerische Kraft wird ihn nicht bewältigen können,
denn immer wird einer solchen Komposition der Charakter
des Künstlichen, mühsam Zusammengetragenen anhaften.
In der Ausführung zeigt dieses dritte Gemälde wesentliche
Vorzüge vor den beiden ersten. Es ist zum Teil brillant
gemalt und beruht auf Naturstudien, die der Künstler in
Bornholm gemacht und mit entschiedenem dekorativem Ge-
sekick verwertet hat. Weniger glücklich ist Prell bei der
Schöpfung des vierten kleineren Gemälde gewesen, das die
thronende Germania, umgeben von den beiden Hauptfiguren
der Bilderreihe, dem Sonnengotte und der Erdgöttin, die als
Bronzefiguren gedacht sind, darstellt und seinen Platz in
der Mitte der Fensterwand erhalten soll. Wir sehen in ihm
nur eine frostige Allegorie, die ohne die an Prell sonst ge-
wohnte technische Bravour ausgeführt ist, und die auch
durch die von ihm selbst gegebene Erklärung: „Glanz der
Sonne und Reichtum der Erde vereinigen sich zum höchsten
Glänze des Vaterlandes" nicht verständlicher wird. — Leider
gestatten die gleichzeitig mit ausgestellten Skizzen des Saales
im Botschafterpalais zu Rom kein sicheres Urteil über die
Wirkung, die der Cyklus am Ort seiner Bestimmung machen
wird. Ihr eigentlicher Wert ist ja durchaus dekorativ, und
nur der, der sie [an Ort und Stelle gesehen hat, wird sie
richtig beurteilen können.

0 Prell's Gemälde für den Palazzo Caffarelli in Rom,
die an anderer Stelle gewürdigt werden, sind seit Anfang
August in einem Saale des Berliner Ausstellungsgebäudes
ausgestellt.

*»* Eine deutsche Plakatausstellung wird am 15. Ok-
tober in Berlin eröffnet werden. In dem Ausschuss, der die
Ausstellung vorbereitet und leiten wird, befinden sich unter
 
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