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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Schölermann, Wilhelm: Die Ausstellung im Wiener Künstlerhause: "Fünfzig Jahre Österreichischer Malerei"
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0041

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. X. Jahrgang. 1898,99. Nr. 5. 17. November.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE AUSSTELLUNG IM WIENER KÜNSTLER-
HAUSE: „FÜNFZIG JAHRE ÖSTERREICHISCHER
MALEREI".

Fünfzig Jahre österreichischer Malerei umfasst
der letzte Teil der Jubiläumsausstellung, welche das
Wiener Künstlerhaus mit Fleiss und Umsicht zu-
sammengebracht hat, so gut das unter den gegebenen
Verhältnissen möglich war. Über das ganze ist nicht
viel neues zu sagen; einzelne hervorragende Werke
sieht man immer gern wieder; sie geben Kunde von
jener zum Teil sehr glänzenden Vergangenheit, von
der das heutige Wien bis vor kurzem zehrte, welche
nun aber durch eine kräftig vordringende Jugend ab-
gelöst werden soll.

Makart steht obenan, mit den „fünf Sinnen" (von
Herrn H. O. Miethke der Ausstellung leihweise über-
lassen), der „Diana-Jagd" (aus dem Hofmuseum) und
der Sterbescene aus „Romeo und Julia", nebst einer
Anzahl Porträts, darunter das der Charlotte Wolter.
Die „fünf Sinne" sind noch frisch und leuchtend,
„wie am ersten Tag"; sie zeigen absolut keine Spur
von Verfall und es will scheinen, als erwiesen sich
die schrecklichen Berichte von der Zerstörung der
Makart'schen Bilder als starke Übertreibungen, die
sensationslüsterne Superklugheit oder Böswilligkeit in
Umlauf gesetzt haben. Wo der Meister prima ge-
malt hat, da ist alles noch klar, rein und fest. Nur
wo er übermalte, wie bei manchen Porträts, zeigen
sich in den Schattenpartien grosse Risse, wo die Unter-
malung die Lasur völlig abzusprengen scheint. Aber
die meisten grossen Werke Makart's werden noch eine
bedeutend längere Lebensfrist haben, als ihnen viel-
fach zugesprochen wurde zu der Zeit, als der Rück-
schlag gegen die Asphaltmalerei plötzlich eintrat.

Die Gefahren, die unleugbar vorhanden sind, wurden
doch beträchtlich übertrieben im Anfang dieses Um-
schwungs. Jetzt ist man ruhiger geworden, und die
„todgeweihten Makarts"sind allmählich wieder „lebens-
fähig" geworden. Es wäre auch ein Jammer um diese
herrlichen Denkmale einer grossen schönen Vergangen-
heit, in der ein farbenberauschtes Genie die glühen-
den Strahlen seiner untergehenden Sonne über Wien
leuchten liess. Den Wienern gab er sein Bestes und
man mag nun über ihn denken, wie man will: ein
ganzer, voller Künstler bleibt er doch. Dem heimi-
schen Boden seine eigenste Gestalt widerspiegelnd,
entzog er ihm seine unerschöpfliche Kraft in stolzer
Siegesfreude. Makart's „Mangel an Tiefe" erklärt sich
einfach aus seiner Natur, aus seiner instinktiven Ab-
neigung gegen jede philosophische, grüblerische,
kurzum gegen unmalerische Malerei. Als Anbeter
des Weibes und der Schönheit bleibt der Künstler
Makart stets der Grössten einer.

Neben ihm ist auch Pettenhofen gut und stark
vertreten, aus verschiedenen Perioden seines Schaffens.
Zwei kleine Zimmer sind ganz angefüllt von seinen
Kabinetstückchen in dem bekannten bescheidenen
Format, das der Meister bevorzugte. Es ist merk-
würdig, so viele „Pettenkofens" auf einmal zusammen
zu sehen, da der Meister bei Lebzeiten eine unüber-
windliche Abneigung gegen das Ausstellen hatte. Jetzt
kommen sie mit einem Male alle zum Vorschein,
seine sorgfältig gehüteten Perlen.

Neben Pettenkofen wären noch die „Ägypten-
Maler" zu nennen, wie Leopold Carl Müller und seine
Begleiter, auch Rudolf Haber, der stark begabte, der
aber nie ganz zum Künstler durchreifte.

Von den Landschaftern sind Schindler und Hör-
mann beide vertreten, der letztere mit einem seiner
 
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